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Caniner Diabetes mellitusCaniner Diabetes mellitus ist der medizinisch korrekte Fachbegriff für die Zuckerkrankheit beim Haushund. In der Umgangssprache werden auch die Begriffe „Hundediabetes“ und „Zuckerhund“ verwendet. Die Anfangssymptome sind vermehrter Durst und erhöhte Nahrungsaufnahme bei vermehrtem Harnabsatz und Abmagerung. Die Zuckerkrankheit bedarf bei Hunden praktisch immer einer lebenslangen Gabe von Insulin, ist aber gut beherrschbar. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
HäufigkeitWie beim Menschen, so nimmt beim Hund die Anzahl der Zuckerkranken zu. Es ist jedoch unklar, ob die Krankheitshäufigkeit real ansteigt, oder ob die Erkrankung durch die verbesserte Diagnostik in der Tierarztpraxis nur häufiger erkannt wird[1]. Man schätzt, dass etwa 0,3 bis 1 % der Gesamtpopulation der Haushunde an Diabetes mellitus erkrankt ist[2]. Die Zuckerkrankheit stellt mittlerweile die zweithäufigste Endokrinopathie des Hundes dar. In 8 von 10 Fällen handelt es sich bei den erkrankten Tieren um erwachsene, unkastrierte Hündinnen [1][3]. FormenDie Einteilung des caninen Diabetes mellitus wird in der Fachliteratur unterschiedlich gehandhabt. Prinzipiell lässt sich die Erkrankung in den Insulinabhängigen (engl.: insulin-dependent diabetes mellitus, IDDM) und Nicht-Insulinabhängigen (engl.: non-insulin-dependent diabetes mellitus, NIDDM) einteilen [4] [5]. Die aktuelle WHO-Einteilung ist in der Tiermedizin nicht üblich. Grundsätzlich lassen sich auch beim Hund alle Formen der Zuckerkrankheit unterscheiden [1]. Bei Hunden kommt praktisch nur der Insulinabhängige Diabetes mellitus vor, der Nicht-Insulinabhängige (Typ-II-Diabetes), also eine Insulin-Resistenz der peripheren Insulin-Zielzellen, im Gegensatz zu Mensch und Katze, so gut wie nie [4] [5]. Beim primären Diabetes mellitus mit absolutem Insulinmangel (Typ-I-Diabetes) arbeiten die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse nicht mehr oder nicht mehr ausreichend, entweder aufgrund genetischer Disposition, Infektion oder Antikörperbildung gegen Inselzellen des Pankreas. Er macht beim Hund etwa die Hälfte der Fälle aus[6], entwickelt sich aber, im Gegensatz zum Menschen, vorwiegend bei erwachsenen Tieren. Der sogenannte sekundäre Diabetes mellitus (Typ-III-Diabetes des Menschen) entsteht als Folgeerkrankung. Dies können eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis), ein Pankreastumor, eine Nebennierenüberfunktion (Cushing-Syndrom), eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) oder eine übersteigerte Ausschüttung des Wachstumshormons (Hypersomatotropismus) sein [3]. Außerdem kann ein sekundärer Diabetes mellitus durch die Verabreichung diabetogener Medikamente (Kortisone, STH, Gestagene) ausgelöst werden [4] [7]. Sowohl primärer als auch sekundärer Diabetes mellitus sind beim Hund, im Gegensatz zur Katze, in der Regel irreversibel. [5] Als Besonderheit kann ein Diabetes mellitus im Folge des Diöstrus bei unkastrierten Hündinnen auftreten. Hierbei stimuliert das von den Eierstöcken ausgeschüttete Progesteron die Bildung von Wachstumshormon, welches als Gegenspieler von Insulin wirkt. Wird die Gestagenausschüttung nicht mittels einer Kastration beseitigt, ist eine lebenslang therapiebedürftige Zuckerkrankheit unvermeidlich. Obgleich diese Form des Diabetes nach Entfernung der Keimdrüsen zunächst reversibel ist, weisen die betroffenen Hündinnen bereits vor dem Auftreten der Symptome einen reduzierten Gehalt an Beta-Zellen auf und sind damit auch als kastrierte Tiere anfällig für die Erkrankung. [4] PathogeneseMit dem Insulinmangel kann die Glukose (Traubenzucker) nicht mehr in den Zellen verwertet werden. Zudem treten Störungen im Fett- und Aminosäurestoffwechsel auf. Infolge der gestörten Verwertbarkeit der Glukose, die durch die Aufnahme über die Nahrung und durch Synthese in der Leber im Körper vorkommt, reichert sie sich zunächst im Blut an (Hyperglykämie). Ab einem gewissen Grenzwert (etwa 200 mg/dl) wird die Rückgewinnungskapazität in den Nierenkanälchen der Niere überschritten und es kommt zur Zuckerauscheidung im Harn (Glukosurie). Infolge der osmotischen Wirkung der Glukose wird auch vermehrt Wasser über den Harn ausgeschieden, die Urinmenge steigt also an (Polyurie). Der erhöhte Wasserverlust wird durch eine vermehrte Wasseraufnahme (Polydipsie) ausgeglichen. Der Glukosemangel im Gehirn, speziell im Sättigungszentrum im Hypothalamus, führt zu Hunger und gesteigerter Nahrungsaufnahme (Polyphagie). Infolge der gestörten Glukoseverwertung versucht der Körper, den Energiemangel durch Abbau von Proteinen (vor allem aus der Muskulatur) und Fett zu kompensieren. Dies führt zu Abmagerung (Inanition, Kachexie). [4] Bei längerem Bestehen eines Insulinmangels kommt es zu einer weiteren Stoffwechselentgleisung, der sogenannten Ketoazidose. Infolge des gesteigerten Fettabbaus werden vermehrt Fettsäuren freigesetzt, die vom Körper nicht mehr im Zitronensäurezyklus verwertet werden können und zu Ketokörpern umgewandelt werden. Da Ketokörper einen sauren pH-Wert haben, kommt es zu einer Übersäuerung (Azidose). Die überschüssigen Ketokörper können ebenfalls über den Urin ausgeschieden werden (Ketonurie) und verstärken infolge ihres osmotischen Effekts die Polyurie. Eine ausgeprägte Ketoazidose ist ein lebensbedrohlicher Zustand. SymptomeEine Zuckerkrankheit bleibt zunächst häufig unbemerkt, falls nicht bei Routineuntersuchungen ein erhöhter Blutzuckerspiegel entdeckt wird. Klinische Symptome treten erst auf, wenn es zu einer Glukoseausscheidung über den Harn (Glukosurie) oder Ketoazidose kommt. Typische Symptome einer klinisch manifesten Zuckerkrankheit sind übermäßige Flüssigkeitsaufnahme (Polydipsie), vermehrter Harnabsatz (Polyurie), stark erhöhte Futteraufnahme (Polyphagie) und Gewichtsverlust. Werden diese Anfangssymptome übersehen, können sekundäre Symptome vorherrschen. Manchmal wird vom Besitzer als erstes Symptom ein nachlassendes Sehvermögen festgestellt, was auf eine Diabetes-induzierte Linsentrübung zurückzuführen ist. Dabei wird die auch vermehrt im Kammerwasser auftretende Glukose in der Linse durch das Enzym Aldose-Reduktase in Sorbitol umgesetzt, welches sich dort anreichert und aufgrund des osmotischen Wassereinstroms zur Zerstörung der Linsenzellen führt. [7] [8] Nicht selten wird ein Diabetes mellitus erst bei einer manifesten Ketoazidose bemerkt. Hier ist das Allgemeinbefinden stark gestört, die Tiere können abgeschlagen oder sogar komatös sein. [4] [5] [3] DiagnostikDie Diagnose durch den Tierarzt erfolgt mit Hilfe einer Messung des Blutzuckerspiegels. Als Beweis für die Erkrankung an Diabetes mellitus gilt beim Hund ein anhalternder Blutzuckerspiegel bei nüchternen Tieren, also ohne vorherige Nahrungsaufnahme, von über 150 mg/dl (8,3 mmol/l). Physiologisch (d. h. als gesund geltend) sind Nüchternwerte im Blutplasma von 70 bis 120 mg/dl (3,9 bis 6,7 mmol/l)[3][9]. Ein Nachweis von Glucose im Urin ist nicht beweisend, da er auch bei nierenkranken Hunden auftreten kann. Einen Hinweis auf Diabetes mellitus gibt der Glucosenachweis im Urin jedoch, wenn gleichzeitig das spezifische Gewicht des Urins hoch ist (>1,035). Die Bestimmung des Fructosamingehalts spielt beim Hund, im Gegensatz zum Diabetes mellitus der Katze, nur eine geringere Rolle. Werte über 340 µmol/l sprechen für einen Diabetes mellitus. BehandlungDer Ersatz der insulinproduzierenden Langerhansschen Inseln durch eine Inselzelltransplantation kommt bei Hunden nicht in Frage, obwohl diese Prozedur erstmalig 1891 von Oskar Minkowski bei einem Hund durchgeführt wurde. Dieses Verfahren ist in der Humanmedizin immer noch im experimentellen Stadium und wird sich aufgrund der immensen Kosten wohl kaum in der Tiermedizin etablieren. Der canine Diabetes mellitus wird durch die Zuführung von Insulin therapiert. Bei unkastrierten Hündinnen ist die Kastration (Ovariohysterektomie) als erste Maßnahme zu empfehlen, da die Bildung von Progesteron während des Metöstrus oder Diöstrus zur Destabilisierung der Erkrankung führt und infolge des induzierten Insulin-Gegenspielers Somatotropin eine korrekte Einstellung auf Insulin nicht möglich ist. Im Idealfall, der allerdings nur selten eintritt, verschwinden die Symptome der Erkrankung mit der Entfernung der Eierstöcke und es besteht kein weiterer Behandlungsbedarf. Bei der Insulinbehandlung sind zwei Phasen zu unterscheiden
Das Ziel der Behandlung ist stets eine Minimierung der klinischen Symptome, des Risikos einer Hypoglykämie und der Entwicklung von Folgeschäden. Insulin-SubstitutionDa der Diabetes mellitus beim Hund praktisch ausnahmslos Insulin-abhängig und irreversibel ist, ist eine lebenslange Verabreichung einer korrekten Menge an Insulin durch subkutane Injektion notwendig. Die Ermittlung der korrekten Insulinmenge erfolgt durch Einstellung des Patienten anhand des Blutzuckerwertes, am besten anhand eines Tagesprofils (s. u.), durch den Tierarzt. Hierbei wird mit einer Dosis im unteren Dosisbereich begonnen und anhand des Zuckergehalts im Blut die Dosis über mehrere Tage individuell angepasst. Das einzige derzeit in Deutschland für den Hund zugelassene Insulinpräparat ist ein mittellang wirksames, sogenanntes Intermediär-Insulin vom Schwein (porcines Lente-Insulin, Caninsulin® von intervet). Nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften dürfen andere Präparate nur im Sinne eines Therapienotstandes, also bei ausbleibender oder ungenügender Wirkung oder Unverträglichkeit angewendet werden. In diesen Fällen können auch Humaninsuline verwendet werden. Bei einem komplizierten Diabetes-Verlauf können so individuell abgestimmte Kombinationen aus langwirksamen und kurzwirksamen Insulinen eingesetzt werden. Die orale Gabe von Antidiabetika ist beim Hund nicht indiziert [3]. Die Insulingabe erfolgt bei Intermediärinsulin zweimal täglich, und zwar erst nach der Fütterung. Damit umgeht man, dass der Hund in einen lebensgefährliche Unterzuckerung gerät, weil er Insulin zwar erhalten hat, danach aber nicht die entsprechende Menge an Kohlenhydraten aufnimmt (s. u.). Weitere MaßnahmenUnverzichtbare begleitende Maßnahmen bei der Behandlung des erkrankten Hundes sind:
Außerdem müssen weitere eventuell vorliegende Grundkrankheiten ausgeschlossen bzw. behandelt werden. Auch Begleitkrankheiten müssen diagnostiziert und behandelt werden, da sie die Wirksamkeit des verabreichten Insulins senken können. 21 % der an Diabetes mellitus erkrankten Hunde entwickeln eine meist subklinische Harnblasenentzündung. [10] InsulinresistenzAls Insulinresistenz bezeichnet man den Zustand, wenn durch eine zweimal tägliche Dosis von 1,5 I.E./kg Körpermasse der Blutzuckerspiegel nicht unter 300 mg/dl gesenkt werden kann. Hierbei müssen zunächst Behandlungsfehler (falsche Injektionstechnik, falsche Dosierung, Fütterung) und Verabreichung Diabetes-auslösender Medikamente (Glukokortikoide, Megestrol) wegen anderer Erkrankungen ausgeschlossen werden. Häufigste Ursachen für eine Insulinresistenz sind andere Erkrankungen wie Cushing-Syndrom, bakterielle Infektionen, Hypothyreose, Herz-, Leber- und Nierenerkrankungen oder chronische Pankreatitis sowie Übergewicht. Nur in etwa 5 % der Fälle werden Autoimmunantikörper gegen das verabreichte Insulin entwickelt, dann sollte ein anderes Insulin verwendet werden. [11] Home MonitoringWie in der Humanmedizin, kann auch beim Hund ein Home Monitoring, d. h. die Kontrolle der Zuckerwerte zu Hause, durchgeführt werden. Das Verfahren ist bei Hunden zwar nicht so essentiell wie bei Katzen, in der Insulineinstellungsphase aber auf jeden Fall empfehlenswert[3]. Zur einfachen Blutentnahme gibt es spezielle Geräte (z. B. Microlet Vaculance ® von Bayer oder Accu-Chek ® von Roche). Beide Stechhilfen arbeiten unterschiedlich, das eine mit Unterdruck, das andere nur mit Nadel. Mit diesen Stechhilfen wird das Ohr punktiert. Am so erzeugten Blutstropfen kann der Blutzuckerwert mit einem handelsüblichen Blutzucker-Messgerät (z. B. Ascensia Contour® von Bayer, Freestyle mini® von Abbott Diabetes Care oder Accucheck Aviva® von Roche) gemessen werden. Dieses Home Monitoring hat den großen Vorteil, dass eine drohende Unterzuckerung frühzeitig erkannt wird. Außerdem kann die Insulinbehandlung besser auf den individuellen Alltag abgestimmt werden. Das Home-Monitoring ist einfach und von jedem Hundebesitzer erlernbar. Es sollte bei gut eingestellten Hunden einmal alle zwei Wochen erstellt werden. Eine tierärztliche Kontrolle ist alle drei Monate empfehlenswert. Auch die Langzeitüberwachung kann durch den Hundebesitzer selbst erfolgen. Hierbei sollten Trinkmenge, Harnabsatzmenge sowie mindestens einmal wöchentlich der Zuckergehalt im Urin (Teststreifen) oder im Blut kontrolliert werden[3]. UnterzuckerungAuch bei einem gut eingestellten Hund kann es zu einer Unterzuckerung (hypoglykämischer Schock), d. h. zu einem zu niedrigen Blutzuckerwert kommen. Die Anzeichen dafür sind starker Hunger, Unruhe, Zittern, Bewegungsstörungen (Zuckungen) bis hin zum Koma. Eine Unterzuckerung ist immer ein Notfall und muss sofort behoben werden. Als Gegenmaßnahme wird empfohlen:
Sollten diese Maßnahmen nicht zum Erfolg führen, ist eine umgehende Vorstellung beim Tierarzt unumgänglich. Literatur und Quellen
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Caniner_Diabetes_mellitus aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |