Um alle Funktionen dieser Seite zu nutzen, aktivieren Sie bitte die Cookies in Ihrem Browser.
my.bionity.com
Mit einem my.bionity.com-Account haben Sie immer alles im Überblick - und können sich Ihre eigene Website und Ihren individuellen Newsletter konfigurieren.
- Meine Merkliste
- Meine gespeicherte Suche
- Meine gespeicherten Themen
- Meine Newsletter
Heroin
Das Heroin (griech. weibliches Kunstwort ἡρωίνη – vergleiche Heros – „der Held“) chemisch Diacetylmorphin oder Diamorphin (DAM), ist ein halbsynthetisches, stark analgetisches Opioid mit einem sehr hohen Abhängigkeitspotential. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
GeschichteDie Geschichte des Konsums von betäubenden oder euphorisierenden, natürlichen Opiaten (Heroin wird halbsynthetisch hergestellt und ist deswegen ein Opioid) reicht bis ca. 3000 v. Chr. in das alte Ägypten zurück und führt bis in die Neuzeit zu den Opiumhöhlen von China. Auf die schmerzstillende, beruhigende, manchmal aber auch anregende Wirkung von natürlichen Opioiden wurden Pharmazeuten und Chemiker bereits Anfang/Mitte des 19. Jahrhunderts aufmerksam und versuchten, ein synthetisches Äquivalent zu dem Naturstoffextrakt Opium zu finden und ein Heilmittel zu entwickeln, das schnell herzustellen war und entsprechend auch vermarktet werden konnte.
Der englische Chemiker C. R. Wright entwickelte 1873 ein Verfahren zur Synthetisierung Diacetylmorphins, eines Syntheseprodukts aus Morphin und Essigsäureanhydrid. Am 26. Juni 1896 griff die Aktiengesellschaft Farbenfabriken (heute Bayer) das Verfahren auf und ließ es unter der Bezeichnung Heroin und der Patentnummer 31650 F 2456 schützen. Wenig später gelang es am 21. August 1897 nach dem gleichen Verfahren dem bei Bayer beschäftigten Chemiker Felix Hoffmann ebenso die Synthetisierung Diacetylmorphins. Daraufhin startete ab 1898 der Bayer-Konzern die Produktion von Diacetylmorphin. Heroin wurde in einer massiven Werbekampagne in 12 Sprachen als ein oral einzunehmendes Schmerz- und Hustenmittel vermarktet. Es fand auch Anwendung bei etwa 40 weiteren Indikationen, wie Bluthochdruck, Lungenerkrankungen, Herzerkrankungen, zur Geburts- und Narkoseeinleitung, als „nicht süchtigmachendes Medikament“ gegen die Entzugssymptome des Morphins und Opiums. Als Nebenwirkungen wurden lediglich Verstopfung und leichte sexuelle Lustlosigkeit beschrieben, weshalb das Opioid von der Ärzteschaft sowie von den Patienten zunächst überaus positiv aufgenommen wurde. 1904 wurde erkannt, dass Heroin, genau wie Morphin, zur schnellen Gewöhnung und Abhängigkeit führt. Zwar warnten einige Ärzte, dass es das gleiche Abhängigkeitspotenzial wie Morphin besitze, diese blieben jedoch in der Minderheit. Das lag einerseits an der aggressiven Vermarktung, andererseits daran, dass die orale Darreichungsform zu einer sehr viel langsameren und geringer dosierten Aufnahme des Stoffes führte, wodurch starke Rauschzustände und Abhängigkeit in der Regel ausblieben. Außerdem gab es damals noch keine Stigmatisierung Opioidabhängiger. Diese entwickelte sich jedoch langsam im ausgehenden 19. sowie dem beginnenden 20. Jahrhundert speziell in puritanischen Kreisen in den USA. Zur stigmatisierten Droge entwickelte sich Heroin ab ca. 1910 vor allem in den USA, wo die Morphin- und Opiumsucht oftmals vorkam. Als bekannt wurde, dass gerauchtes oder intravenös gespritztes Heroin eine stärkere Wirkung hatte, stiegen viele Abhängige auf die leicht erhältliche Substanz, die außerdem nebenwirkungsärmer als Morphin war (hinsichtlich Histaminreaktion), um. Die Zahl der Abhängigen stieg an. Der Hauptgrund für die Illegalisierung von Heroin ist jedoch bei der damaligen Stigmatisierung chinesischer Einwanderer zu finden, die häufig Opium rauchten und später auch Heroin konsumierten. Dadurch wurden diese Substanzen vermutlich mit den ohnehin unliebsamen Chinesen assoziiert, weswegen zuerst einzelne Bundesstaaten der USA verschiedene Gesetze zwecks Verbot einführten. Später, auf der ersten Opiumkonferenz 1912, wurde zum ersten Mal ein staatenübergreifendes Verbot diskutiert, welches ausschließlich politisch und nicht medizinisch motiviert war (Diamorphin gilt bis heute als eines der wirksamsten sicheren Opioide). 1931 gab Bayer dem politischen Druck nach, stellte die Produktion ein und entfernte Heroin damit aus seiner Produktpalette. Stattdessen konzentrierte sich die Firma auf ihre zweite, bahnbrechende Entdeckung: das Aspirin. In Deutschland wurde Heroin noch bis 1958 verkauft. Das Verbot erfolgte am 6. April 1971. HerstellungHeroin wird halbsynthetisch hergestellt, Ausgangssubstanz ist dabei das Morphin. Gewonnen wird Morphin als Extraktion aus Rohopium, dem getrockneten Milchsaft des Schlafmohns (Papaver somniferum). Zur Herstellung von Heroin wird Morphin an den beiden Hydroxyl-Gruppen mittels Essigsäureanhydrid (=Acetanhydrid) oder Essigsäurechlorid acetyliert. Als Nebenprodukt kann monoacetyliertes Morphin entstehen (z. B. 6-MAM). Reines Heroin ist sowohl als Base als auch als Hydrochlorid-Salz ein farbloser kristalliner Feststoff. [2] PharmakologieMetabolisierungDie Hauptmetabolisierungsroute des Heroins ist:
Heroin wird im Körper rasch, mit einer Plasmahalbwertszeit von 3 Minuten, zu 6-Monoacetylmorphin (6-MAM) deacetyliert. Es gibt daneben noch den inaktiven Metaboliten 3-MAM. Beide werden weiter zu Morphin hydrolysiert (Halbwertszeit ca. 20 Minuten). Etwa 1–10 % des Morphins werden in den ebenfalls aktiven Metaboliten Morphin-6-Glucuronid umgewandelt, welcher eine deutlich höhere HWZ als Morphin selbst aufweist und deswegen bei Patienten mit schwachen Nieren bzw. gar Niereninsuffizienz bei langandauernder Schmerztherapie kumulieren kann. Weitere 55–75 % des Morphin werden zu inaktivem Morphin-3-Glucuronid metabolisiert. Es wird auch zu ca. 5 % zu Normorphin verstoffwechselt. PharmakokinetikDie Bioverfügbarkeit ist abhängig von der Konsumform.
PharmakodynamikBis vor kurzem nahm die Wissenschaft an, dass Heroin selbst nur als Prodrug wirkt: nach dieser Theorie bindet es sich nicht selbst an die Opioidrezeptoren, es sind vielmehr die aktiven Metaboliten, welche für die Wirkung verantwortlich sind. Neuere Studien kommen allerdings zu dem Ergebnis, dass Heroin unter bestimmten Bedingungen durchaus selbst an Opioid-Rezeptoren andockt. Erwähnenswert ist die hohe intrinsische Aktivität von 6-MAM am µ-Opioidrezeptor, sie ist höher als die von Morphin und ist daher mitentscheidend für die starke Ausprägung des Rauschgefühls nach intravenöser Heroininjektion. Die Dosen, die ein körperlich von Heroin Abhängiger zu sich nimmt, überschreiten nicht selten das 10 bis 30-fache der ursprünglich therapeutischen Dosis der Substanz. Behauptungen jedoch, Heroinabhängige konsumierten intravenös oft das 100–1000-fache, gar das bis zu 10.000-fache der ursprünglichen therapeutischen Dosis, die bei einem Schmerzpatienten ohne Opioidtoleranz bei ca. 3–5 mg anzusetzen wäre, sind irreführend und basieren auf einem Trugschluss. Wenn man den durchschnittlichen Reinheitsgrad von Schwarzmarktheroin mit berücksichtigt, der in Europa – von den Niederlanden abgesehen – für den Endkunden in der Regel zwischen 5 und 15 %, selten über 20 % (Stand 2006), beträgt, kommt ein durchschnittlicher langjähriger intravenöser Heroinkonsument mit einer Menge aus, die 100–200 mg der Reinsubstanz entspricht, was die erstgenannten Zahlen bestätigt. In einer mehrjährigen, in der Schweiz durchgeführten Studie – Lifeline/Crossline – in welchem langjährig Heroinabhängige in mehreren Gruppen entweder Methadon (oral), Heroin (intravenös) oder Heroin (rauchbar auf Zigaretten aus getrocknetem Waldmeister) erhielten, wobei die Dosis bei der intravenösen Gruppe in zwar festgelegten Intervallen beliebig steigerbar war. Die meisten Abhängigen fanden ihre optimale Dosis zwischen 400-600 mg Heroin am Tag. Viele steigerten ihre Dosis anfangs kontinuierlich bis zu einem jeweils individuellen Punkt, an welchem meist eine freiwillige, geringe Dosisreduktion vorgenommen wurde. Die stärkere Wirkung des Heroins im Gegensatz zum Morphin mag sich dadurch erklären, dass das Heroin (und das primäre Stoffwechselprodukt Monoacetylmorphin) aufgrund der besseren Fettlöslichkeit die Blut-Hirn-Schranke leichter durchdringen kann als das Morphin. Die Wirkung von Heroin hält bei Konsumenten ohne Toleranz 6 Stunden bis oftmals über 24 Stunden an, wobei Nachwirkungen nach dem ersten Konsum manchmal mehrere Tage andauern können. Hingegen dauert die Wirkung von Heroin bei einem körperlich Abhängigen, wenn er eine für sich durchschnittlich hohe Dosis konsumiert, nicht länger als 6–8 Stunden, wonach die Entzugserscheinungen langsam wieder einsetzen. Opioide wie das Heroinsubstitut Methadon besitzen eine Halbwertszeit von bis zu 24 Stunden. Die Dosistoleranz von Opioiden steigt bei täglichem Konsum rapide an, deswegen steigern viele Abhängige die Dosis im Rahmen der Verfügbarkeit der Substanz ständig nach, da bei täglichem Konsum diejenige Menge, die am Vortag noch zum erwünschten Effekt geführt hat, auf das 1,5-2fache gesteigert werden muss, um einen vergleichbaren Effekt zu erzielen. Da jedoch die meisten Abhängigen durch die astronomischen Schwarzmarktpreise schnell ihre finanziellen Möglichkeiten ausgereizt haben, befinden sich die meisten von ihnen zumeist auf der Jagd nach Geld, um eine halbwegs gleichbleibende Dosierung zu erreichen („steady state“) und Entzugserscheinungen zu verhindern. Heroin kann nach oraler oder rektaler Verabreichung als 6-MAM im Blut nachgewiesen werden, Heroin selbst lässt sich im Blut nur wenige Stunden nachweisen. Metabolische Rückstände 1–4 Tage im Urin und mehrere Monate in den Haaren (hierzu siehe auch Toxikologie) ToxikologieIn forensischen Erfassungstests, sogenannten Screening tests (Screening dt. Überprüfung), können die metabolischen Rückstände chemischer Substanzen verschiedenster Analgetika (beispielsweise Paracetamol), Barbiturate und Opiate wie Heroin toxikologisch im menschlichen Körper nachgewiesen werden. Hierfür wird in der klinischen Chemie bei Verdacht auf Intoxikation mit Medikamenten und Drogen das Screening eines Serums aus Blut, Speichel, Sperma, Heparinplasma oder Urin verwendet. Chemisch standardisiert können halbsynthetische Opiate wie Heroin jedoch nur über Urinausscheidungen nachgewiesen werden, da das Diacetyl-Morphin Heroin vom Organismus relativ schnell zu Morphin metabolisiert wird. Verfälscht werden kann der Urintest überdies durch opiatähnliche Substanzen gleicher Struktur oder Wirkung wie beispielsweise das Codein, welches in handelsüblichen Schmerzmitteln oder in Antitussiva (Hustensäften) vorkommt. Insofern muss ein positives toxikologisches Ergebnis nicht unbedingt auf einen Heroinmissbrauch schließen lassen. Der Urintest erfasst indes nur reine Opiate und Amphetamine; vollsynthetische Opiat-Substitute wie beispielsweise Methadon werden hierbei jedoch nicht erfasst. Antidote und OpioidantagonistenBei einer opiat- bzw. heroinbedingten Intoxikation werden Opioidantagonisten eingesetzt. In Deutschland wird häufig Naloxon-Hydrochlorid (z. B. NarcantiVorlage:Reg / Neonatal) verwendet, welches die Aufnahme des Opioids an den Opioidrezeptoren blockiert. Problematisch ist hier die weitaus kürzere Halbwertszeit gegenüber dem Opioid. Dieser Antagonist wirkt zu kurzzeitig (~1h) und hebt außerdem die analgetische (schmerzstillende) Wirkung des Heroins auf, was sofort zu heftigsten Entzugssyndromen (Schweißausbrüche, Schmerzen und Krämpfen bis hin zum Kreislaufkollaps) führen kann, wenn der Patient eine auch nur kleine Toleranz gegenüber Opioiden hat. Opioidantagonisten dürfen aufgrund ihrer Nebenwirkungen nur unter ärztlicher Kontrolle verabreicht werden. Vorsicht gilt in besonderem Maße für Substituierte mit dem halbsynthetischen Opioid Buprenorphin (z. B. Subutex), welches eine höhere Rezeptoraffinität als Naloxon besitzt - alle derzeit am Markt verwendeten Opioidrezeptor-Vollagonisten haben eine signifikant niedrigere Affinität als Naloxon und werden daher vom Naloxon schnell verdrängt - hingegen lässt sich aus diesem Grund Buprenorphin nur mit äußerst hohen Dosen Naloxon antagonsieren. Es besitzt ausserdem eine interindividuell stark variable HWZ bis zu 48h, weshalb zusätzlich Naltrexon gegeben werden muss. WirkungHeroin ist euphorisierend, schmerzlindernd und zugleich schlaffördernd. Es wirkt je nach Applikationsform mit einer Halbwertszeit von vier bis sechs Stunden und ist für die Organe des menschlichen Körpers nicht toxisch. Weitere Wirkungen auf den ungewöhnten Körper (Nebenwirkungen klingen mit Opioidtoleranz mit Ausnahme der Obstipation, die keiner Toleranzbildung unterliegt, ab) sind die emetische (gr. Emesis = Brechreiz) und atemdepressive Wirkung sowie eine mögliche Verstopfung. (Der Wirkstoff wurde um die Jahrhundertwende als Mittel gegen Durchfall eingesetzt). Bei einer Überdosierung gefährlich ist eine Atemdepression, die unbehandelt, hauptsächlich wenn zusätzlich noch andere sedierende psychotrope Substanzen wie Alkohol, Benzodiazepine oder Barbiturate eingenommen wurden zum Atemstillstand und dieser unbehandelt zum Tode führen kann (der so genannte „goldene Schuss“). Um die Wirkung im Falle einer Überdosierung aufzuheben, werden Opioidantagonisten (z. B. Naloxon) eingesetzt.
Eine gewisse Ähnlichkeit teilen alle sedierenden Substanzen, also Opioide, Barbiturate, Benzodiazepine mit dem Alkohol, die ersten drei wirken nur wesentlich selektiver (dies lässt sich mit einer Tastatur veranschaulichen, bei der durch die ersteren drei jeweils unterschiedliche Knöpfe unterschiedlich stark drücken, und Alkohol wäre dann der Holzhammer, weil es ziemlich unspezifisch in äußerst viele Regelkreise im Gehirn eingreift). Die Wirkung von Heroin auf das Bewusstsein, das Empfinden und die Wahrnehmung kann individuell und je nach Stimmungslage sehr unterschiedlich sein; bei i.V. Konsum flutet der Wirkstoff sehr schnell im Gehirn an, weil im Gegensatz zu anderen Konsumformen alles auf einmal in die Blutbahn gelangt, außerdem wird der erste First-Pass-Effekt in der Leber umgangen, dies führt bei den i.v. Konsumenten zu einem von vielen als angenehm erlebten "Flash", den man sich als Laie am ehesten vorstellen kann, indem man es mit einem ähnlichen im Körper auch natürlich auftretenden Prozess, nämlich dem ebenfalls durch eine plötzliche Ausschüttung von Endorphinen (körpereigene Opioide) verursachten intensiven Wohlgefühl beim sexuellen Höhepunkt vergleicht. Es ist jedoch nicht genau das gleiche Gefühl, wobei es hier ebenfalls starke interindividuelle Unterschiede zu geben scheint; einige Konsumenten beschreiben es als angenehmer als einen sexuellen Höhepunkt (wobei es da ja auch immense Unterschiede zwischen den Menschen gibt), andere wiederum empfinden den Flash selber als eher unangenehm. Dieser „Flash“ hält allerdings nur einige Sekunden an. Das darauffolgende Gefühl lässt sich am besten mit einem als intensiv angenehm erlebten Gefühls der Geborgenheit und Zufriedenheit beschreiben: Sowohl körperlicher als auch seelischer Schmerz verschwinden entweder ganz, oder werden als kaum mehr störend erlebt. Viele Konsumenten beschreiben es auch als sei man "wie in Watte gepackt", alltägliche Sorgen werden nicht mehr als störend erlebt. Dies führt bei vielen auch dazu, dass sie beginnen viele Dinge in ihrem Leben allmählich zu vernachlässigen, da sie sich häufig mit den Mißständen so lange wie möglich arrangieren und Probleme ignorieren. Sich wohl zu fühlen ist ja allgemein etwas Gutes, aber hier führt es oftmals dazu, dass der Betroffene seinen alltäglichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommt, so dass diese kumulieren und immer schlimmer werden (Verlust von Arbeitsplatz und Wohnung, finanzieller Bankrott usw.). Der Süchtige, vor allem wenn er dann mal nüchtern ist und Gelegenheit hätte seinen Verpflichtungen nachzukommen, gerät dann oftmals aufgrund seiner eigenen Nachlässigkeit in frustrierende Situationen, die in ihm wiederum den Wunsch nach Verdrängung mittels Opioidkonsum wecken (Craving). Dieses führt dann oft zu einem Teufelskreis, der aus Suchtbefriedigung und der Suche nach Stoff besteht, was dann im Extremfall das Leben des Süchtigen völlig aus der Bahn geraten lässt. So weit muss es allerdings nicht kommen. Wie Studien aus anonymen Befragungen in Drogenberatungen bestätigen, ist der weitaus größte Teil der Heroinkonsumenten im gesellschaftlichen Leben integriert und fällt nicht weiter auf. Ähnlich wie beim Alkohol ist es nur eine Minderheit, die gänzlich die Kontrolle verliert und die dann als "Strassenjunkies" der Bevölkerung auffallen. PreisentwicklungenIn der Drogenszene wird Heroin meist „H“ (engl., sprich ‚Äitsch’), „Schore“ (jidd. für Hehlergut, in Norddeutschland), „Braunes“, „Brown Sugar“, „Ka'hla“ (arab. für Braunes, in Leipzig/Halle), „White Light“ oder „Gift“ genannt. Der Schwarzmarktpreis für eine Konsumeinheit (ca. 0,3 Gramm) Heroin liegt seit einigen Jahren bei ca. 5 bis 10 € und für einen 5 Gramm Beutel bei ca. 40 bis 60 € in der hannoverschen Drogenszene. Jedoch liegt in Bayern der Preis für ca. 0,3 Gramm bei 25 Euro und für einen sogenannten „5-er Beutel“ (5 Gramm) von 200 bis 250 Euro. Dieser Preis ist jedoch starken Schwankungen unterworfen; Zum Beispiel bewegte sich der Grammpreis in der Frankfurter Drogenszene innerhalb weniger Jahre zwischen 25 und über 75 €, in Berlin bei 40 € (2006) wobei zu beachten ist, dass bei Straßenheroin der jeweilige „Reinheitsgehalt“ üblicherweise zwischen 5 und 25 % liegt, der Preis für ein Gramm hochreines Heroin (Reinheitsgrad 90 %) also um ein Vielfaches höher ist. Etwa 1985 bezahlte man für einen „Schuss“ noch 50 DM, also 25 Euro. Ein 5-Gramm-Beutel kostete zwischen 300 und 350 DM. Zu jener Zeit hat man in der Schweiz auf dem Schwarzmarkt für 1 Gramm Heroin sogar 700 Schweizer Franken und mehr bezahlt. Daraus resultierte eine extreme Beschaffungskriminalität, da viel höhere Summen als heutzutage (2006) aufzubringen waren. Durch das fehlende Vorgehen gegen die Drogenherstellung in Afghanistan erhöhte sich die Gesamtproduktion, das weltweite Überangebot ist für eine deutliche Preissenkung verantwortlich (der Preis der Droge in der Schweiz ist z. B. auf unter 45 Franken pro Gramm gefallen, Stand Februar 2006). Die Preise für legales Heroin von höchster Reinheit liegen bei wenigen Euro pro Gramm. KonsumformenEs gibt verschiedene Konsumformen, die alle mit Risiken verbunden sind. Eins haben aber alle Konsumformen gemein: Sie machen ohne Ausnahme süchtig. In diesem Abschnitt werden die wichtigsten Konsumformen vorgestellt und ihre Risiken erläutert. Intravenöser KonsumDer intravenöse Konsum (umgangssprachlich „drücken“, "ballern" oder „fixen“) ist wohl die bekannteste Konsumform. Da die zumeist in Europa erhältliche Heroinbase nicht in Wasser löslich ist, braucht man einen Hilfsstoff, um es in Lösung zu bringen. Das Heroin wird also mit einer Säure (Ascorbinsäure – in Pulverform (Vitamin C) oder Zitronensaft) und Wasser gemischt. Zitronensaft ist besonders gefährlich, da hier kleinste Partikel in die Blutbahn gelangen bzw. weil es zu einer schwerwiegenden Infektion mit einem Pilz kommen kann. Die Säure bewirkt beim Aufkochen die für die intravenöse Injektion notwendige Bildung eines wasserlöslichen Heroinsalzes. Wenngleich der intravenöse Konsum von Heroin für viele Junkies (Drogenjargon von engl. „Junk“ = Müll, Ramsch) die scheinbar wirtschaftlichste Möglichkeit darstellt, ihr „High“ zu bekommen oder um die Entzugserscheinungen zu lindern, steigt bei dieser Konsumform die körperliche Toleranz gegenüber Heroin am schnellsten. Subkutaner Gebrauch (unter die Haut gespritzt) ist bei hygienischer Anwendung und ohne gefährliche Verschnittsubstanzen, wie sie bei einer illegalen Substanz häufig vorzufinden sind, etwas sicherer als intravenöser Konsum, da hierbei die Infektionsgefahr geringer ist.
„Sniefen“Beim „Sniefen“ wird das Heroin zu feinem Pulver zermahlen. Ähnlich wie beim Kokain wird es anschließend mit einem gerollten Geldschein oder einem Strohhalm durch die Nase eingesogen bzw. eingeatmet, wodurch es direkt auf die Nasenschleimhaut gelangt. Dort geht es umgehend in die Blutbahn über und entfaltet seine Wirkung.
InhalationDas Rauchen des Heroins (Slangbegriffe: „Blowen“, „Chasing the Dragon“, „den Drachen jagen“, “einen Aufleger rauchen“, “eine Folie rauchen“, „ein Blech rauchen“ bzw. „chineesen“), ist eine Konsumform, bei der das Heroin auf einem Stück Alufolie verdampft wird. Dieser Dampf wird mithilfe eines Aluröhrchens inhaliert. Da sublimiertes Heroin bei Raumtemperatur sehr schnell wieder kondensiert, setzt sich in dem Inhalationsröhrchen schnell eine Schicht Heroin ab, die von den Konsumenten, wenn sie eine bestimmte Menge erreicht hat, dann gesammelt und konsumiert wird. Zwar ist das Inhalieren von Heroin bei oberflächlichem Inhalieren aufgrund des großen Anteil nicht in die Lunge gelangenden Heroins vergleichsweise ineffektiv, doch umgeht die Zuführung über die Lunge den sog. "first-pass"-Effekt, wodurch beim Inhalieren im Verhältnis zur Menge der Droge, die die Blutbahn erreicht, nach der Injektion der größte Anteil an Diamorphin die entsprechenden Rezeptoren erreicht. Der Vorteil des Inhalierens von Heroin, soweit man hier von "Vorteil" sprechen kann, ist die relativ gut kontrollierbare Dosierung. Aufgrund des sofortigen Wirkungseintritts wird eine drohende Überdosis bemerkt, bevor eine zu große Menge der Droge konsumiert wurde, was beim Injizieren oder "sniefen" nicht möglich ist. Bei den letzteren Kosumformen wird jeweils eine bestimmte Menge der Droge zugeführt und befindet sich dann im Körper. Die Wirkung erreicht ihren Höhepunkt also erst, nachdem der Konsument sich die volle Menge zugeführt hat, so dass er keine Chance hat, diese zu korrigieren. Aus diesem Grund sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Überdosierung bei der Inhalation von Heroin um einen gewissen Grad. Allerdings wird seit einigen Jahren in der Forschung eine bestimmte Form der Encephalitis mit der Inhalation von Heroin in Verbindung gebracht. Das Erhitzen des Heroins scheint dabei entweder einen Streckstoff oder eine andere Substanz im Heroin in eine für das Gehirn schädliche Form umzuwandeln. Die Folge sind Zersetzungsprozesse im Gehirn, die nach Sprachverlust, Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen zu lebensbedrohlichen und irreversiblen Schädigungen des Gehirns führen können. Das Zustandekommen und die Ursachen dieser Erkrankung und inwiefern sie mit dem Heroin zusammenhängt, sind jedoch noch nicht eindeutig geklärt, so dass man bisher nur von einem Verdacht sprechen kann. Fälle dieser Erkrankungen wurden in der englischsprachigen Fachliteratur aus Kanada und England gemeldet.
RauchenHeroin kann, in pulverisierter Form, auch mit Tabak vermischt geraucht werden und beispielsweise als Zigarette gedreht werden. Die englischsprachige Bezeichnung für diese Konsumform lautet "snow cone" ("Schneetüte"). Die Menge aufgenommenen Heroins beim Rauchen einer Heroinzigarette entspricht etwa 10 % des aufgenommenen Heroins bei Inhalation. MischkonsumDer Konsum mehrerer Drogen gleichzeitig kann zu Wechselwirkungen führen, welche die Wirkung von Heroin verstärken. Besonders gefährlich ist der Mischkonsum von Heroin mit Kokain und Benzodiazepinen wie z. B. Flunitrazepam oder Diazepam. Eine Mischung aus Heroin und Kokain wird umgangssprachlich „Cocktail“ oder „Speedball“ genannt. Hierbei verstärken sich die Wirkung der beiden Drogen gegenseitig. Die Gefahr einer Überdosierung ist dabei besonders hoch. Werden mit Heroin auch Benzodiazepine eingenommen, besteht die Gefahr eines Atemstillstandes. Beide Stoffe wirken atemdepressiv, rufen also eine verminderte Aktivität der Atemmuskulatur hervor. GefahrenAbhängigkeitHeroin ist aufgrund der für einen Anteil der Konsumenten überwältigenden psychischen Wirkung eine Substanz mit vergleichsweise hohem Suchtpotenzial. Heroin zählt zu den Substanzen mit dem höchsten Suchtpotential überhaupt. Sicheres Symptom für eine physische Abhängigkeit sind die körperlichen Entzugserscheinungen, die je nach individueller Konstellation bereits nach 2 Wochen täglichen Konsums auftreten. Die Konsumform bzw. -dosis korreliert sehr häufig mit dem Grad der körperlichen Abhängigkeit. Mit häufigerem Rauchen oder nasalen Konsum und damit steigender Toleranz wird diese Einnahmeform häufig unökonomisch, da bei beiden genannten Konsumformen im Schnitt ~2/3 des Wirkstoffes bei der Einnahme verloren gehen, ohne dass sie an ihren Wirkort – die Opioidrezeptoren – gelangt sind und Heroin am Schwarzmarkt gekauft extrem teuer ist. So sind Abhängige oft gezwungen, auf intravenöse, subkutane und intramuskuläre Injektion überzugehen, was durch die höhere Wirkstoffaufnahme auch die Toleranz noch weiter steigen lässt. Oft versetzen Konsumenten ihren gesamten Besitz, um die Sucht zu finanzieren, was meist mit einem sozialen Abstieg verbunden ist. Die Süchtigen sind dann manchmal nicht in der Lage, ihrer Arbeit nachzugehen, werden obdachlos, auch weil sie es nicht mehr schaffen, ihren Verpflichtungen (Ämtergänge, etc.) nachzukommen oder weil das gesamte Bargeld in Drogen investiert wird. Es gibt andererseits eine nicht bekannte Zahl von Heroinabhängigen (über die z. B. in der niedrigschwelligen Drogenhilfe immer wieder berichtet wird), die ihrer Arbeit geregelt nachgehen und ihrem Umfeld ihre Abhängigkeit „erfolgreich“ verheimlichen können, manche Studien deuten sogar darauf hin, dass es erheblich mehr Einmal- bzw. Gelegenheitskonsumenten als psychisch oder zusätzlich körperlich Abhängige gibt, von welchen wiederum viele sozial integriert sind und nicht als von illegalen Substanzen Abhängige auffallen. Diese Phänomen ist auch von anderen Abhängigkeiten wie z. B. dem Alkoholismus bekannt, häufig erhalten diese Abhängigen Unterstützung aus ihrem Umfeld, das ihnen viele Aufgaben abnimmt und ihre Abhängigkeit vor der Umwelt geheimhält, meist ist die Ursache für diese Unterstützung die sogenannte Co-Abhängigkeit. Heroinsucht muss also nicht notwendigerweise mit einem sozialen Abstieg einhergehen, stellt also keine Ausnahme unter den Abhängigkeiten dar. Gesundheitliche Gefahren durch den KonsumBesonders, wenn Heroin mit anderen Drogen wie Alkohol, Beruhigungs- oder Aufputschmitteln zusammen konsumiert wird, besteht das Risiko des Atemstillstandes. Häufige Todesursache ist Atemstillstand durch Überdosierung, laut Angaben des deutschen Bundesministeriums für Gesundheit in 85 % der Todesfälle durch unbeabsichtigte, 12 % durch Überdosierung in suizidaler Absicht, wobei fast alle Überdosierungen auf einer Kombination mit anderen Suchtmitteln wie Benzodiazepine und/oder Alkohol zustande kommen. Heroin taucht auf dem illegalen Markt in Konzentrationen von etwa 5 bis 20 % Base auf. Dosisschwankungen stellen eine gewisse Gefahr dar, die jedoch für Heroin als einzigen Faktor oftmals übertrieben dargestellt wird. Auch kommt es gelegentlich zu Todesfällen, wenn nach längerer Abstinenz nach einem Entzug die gleiche Dosis gespritzt wird, die vor dem Entzug konsumiert wurde. Eine größere Gefahr für Überdosierung besteht darüber hinaus bei sogenanntem Heroin No.4, welches auch „Thai-H“ genannt wird, das teilweise eine Konzentration von bis zu 80 % enthält und gleichzeitig fett- und wasserlöslich ist, da es, wie sonst am europäischen Schwarzmarkt eher unüblich, nicht als wasserunlösliche Base, sondern in der Form des Hydrochlorid-Salzes vorliegt. Diese Substanz ist in Pulverform aufgrund ihres Reinheitsgrades nicht immer grau-bräunlich, manchmal sogar schneeweiß. Auf dem illegalen Markt gehandelt, kann es durch Verwechslung mit gewöhnlichem 5–20 % Straßenheroin zu unfreiwilligen Überdosierungen selbst bei Abhängigen führen. Sehr gefährlich ist der Konsum zusammen mit anderen sedativ wirkenden Drogen, wie Benzodiazepinen (Valium, Rohypnol), Barbituraten und Alkohol. Alkohol verstärkt die Wirkung beruhigender Medikamente überproportional. Wird nach kombiniertem Konsum dieser Substanzen Heroin konsumiert (oder umgekehrt), so hat das oft tödliche Folgen. Die meisten vermeintlichen Herointoten sterben wegen der Potenzierung dieser Substanzen. Die in den meisten Staaten illegale Substanz wird häufig von den Händlern mit anderen Substanzen vermischt, um den Gewinn zu steigern. Nach Untersuchungen des deutschen Bundeskriminalamtes fanden sich im Jahre 2003 in 3858 Proben Koffein (99,4 %), Paracetamol (94 %) und Griseofulvin (4,6 %). Von den Zusätzen waren Lactose (3,6 %), Mannit (2,3 %) und Saccharose (1,3 %) am häufigsten enthalten. Zudem treten schlichte Verunreinigungen, manchmal sogar durch Straßendreck auf, die bei einer Injektion extrem gesundheitsschädlich sind. Dabei können solche Verunreinigungen zu schweren Infektionen des Blutkreislaufes führen, weil Bakterien direkt in die Vene gespritzt werden. Außerdem können durch ungelöste Partikel Thromben entstehen, die sich oft in der Lunge festsetzen, jedoch jederzeit weitergespült werden können, um möglicherweise sogar eine lebensgefährliche Embolie zu verursachen. In Einzelfällen taucht auch mit z. T. tödlichen Giftstoffen (z. B. Strychnin, Scopolamin) vermischtes Heroin auf. Anders als beim übermäßigen Kokain- oder Speedkonsum können die Zähne allein durch Heroinkonsum nicht geschädigt werden. Der Grund, dass sehr viele Heroinabhängige an einem verfallenen Kiefer leiden, ist hauptsächlich mangelnde Hygiene, die mit allgemeiner Selbstvernachlässigung einhergeht, da der Schwarzmarktpreise zahlende Heroinkonsument fast pausenlos auf der Jagd nach mehr Geld ist, um seine Sucht zu befriedigen. Wenn Heroinkonsumenten in Substitutionsbehandlung kommen, beobachtet man meist eine Verbesserung sowohl des allgemeinen Erscheinungsbildes als auch der Mundpflege, da der Süchtige meist erst zu diesem Zeitpunkt aus dem Teufelskreis der Geldbeschaffung für die Sucht herauskommt und sich nach langer Zeit wieder um sich selbst kümmern kann. ÜberdosierungEine in den Medien im Zusammenhang mit Heroin sehr präsente Gefahr der Droge ist die Überdosierung. Allerdings ist dieser Begriff gerade beim Heroin sehr schwammig und er vereint verschiedene gefährliche Effekte, die eigentlich andere Bezeichnungen erhalten müssten. Zunächst ist eine Überdosierung mit der Substanz Diacetylmorphin (Heroin) natürlich, wie mit jeder anderen Substanz, möglich. Heroin ist ein sehr starkes Gift. Während man für eine Überdosierung mit H2O, also reinem Wasser, mehrere Liter benötigt, um daran zu sterben, sind es beim Heroin wenige (etwa fünf) Milliliter, wenn man nicht an diese Droge gewöhnt ist. Allerdings sterben mehr Heroinabhängige anstatt am Heroin selbst an beigemischten Stoffen. Das in Deutschland erhältliche Straßenheroin hat nämlich selten einen Wirkstoffgehalt von mehr als 10 Prozent. Der Rest sind Streckstoffe, die sowohl das Volumen der Droge, als auch Eigenschaften wie Geschmack, Wirkung und Farbe beeinflussen sollen. Der Heroinkonsument kann beim Kauf nur an wenigen Parametern abschätzen, ob es sich bei der gekauften Ware um gutes Heroin handelt. Dies ist zum einen der Geschmack (bitter) und zum anderen die Art, in der das Heroin auf Folie abbrennt. Ein dem Heroin ähnliches Abbrennverhalten auf Folie besitzt das Abführmittel Mannitol. Deshalb gehört dieses auch zu den Hauptstreckstoffen für Heroin. Die Bitterkeit ist schon schwieriger zu imitieren, hier können fast nur bitter schmeckenden Medikamente beigemischt werden. Da die Bitterkeit aber ein Hauptmerkmal von Heroin ist, ist die Gefahr vorprogrammiert. Wenn ein Heroinverteiler, d. h. einer der Verkäufer, die größere Mengen strecken und sie dann an Kleindealer weiterverkaufen, ein gesundheitsschädliches Streckmittel verwendet um die Bitterkeit zu imitieren, dann kann dies gefährlich werden. So ist z. B. Lidocain eine relativ leicht erhältliche Substanz, die stark bitter schmeckt, aber schnell zu Herzrhythmusstörungen führen kann. Auch Paracetamol ist geeignet, verursacht aber auf die Dauer Leberschäden. Es gibt jedoch auch noch viele andere Stoffe, die Wirkungen und Eigenschaften des Heroins, wie Jucken, Benommenheit bei höherer Dosierung usw. immitieren. Es dürfte klar sein, dass hier beinahe keine Kontrolle besteht, wenn der Konsument nicht die geringste Ahnung davon hat, welche Stoffe dem Heroin beigemischt wurden. Wenn nun eine Heroincharge z. B. mit einem gefährlichen Bitterstoff gestreckt wurde oder mit einer anderen Chemikalie, die z. B. das Jucken imitieren soll, dann kann diese Substanz, besonders, wenn sie injiziert wurde, sehr schnell zum Tode führen. Und in der Tat ist ein großer Teil der als „Heroinüberdosis“ bezeichneten Überdosierungen auf eben jene Beimengungen zurückzuführen. Hier seien noch einmal Lidocain und Chinin genannt, die, wie schon erwähnt, relativ schnell zu Herzrhythmusstörungen führen können. Auch Beruhigungsmittel und Blutdrucksenker können beigemischt sein. Während ein Großteil der Todesfälle durch eben diese Substanzen erfolgt, fallen unter den Begriff „Überdosis“ auch die Fälle, in denen ein Konsument durch eine Mischintoxikation ums Leben gekommen ist (also z. B. Heroin mit Diazepam oder Rohypnol, Alkohol usw.). Die Dritte Gefahr und die eigentliche Heroinüberdosis findet dann statt, wenn das Heroin nicht so weit gestreckt ist wie üblich, so dass es z. B. anstatt 10 oder gar nur 3 % plötzlich 20 oder 30 % Wirkstoff enthält. Es ist abzusehen, dass, injiziert, die doppelte oder gar 10-fache Menge Heroin schnell zu einer Überdosierung führt. Die echte Heroinüberdosis ist jedoch äußerst selten, da die Händler in der Regel versuchen das Heroin so weit wie möglich zu strecken um den Gewinn zu maximieren. Allerdings kann das Heroin, wenn es in einer unbekannten Umgebung konsumiert wird, wesentlich stärker wirken, als in gewohnter Umgebung. Ein Grenzfall ist die Überdosierung durch beigemengte Opioide. Den Effekt von Heroin kann kein anderes Opioid (Morphin, Codein, Fentanyl usw.) vollständig imitieren, jedoch können durch andere Opioide die Entzugserscheinungen minimiert werden. Da für den Heroinabhängigen die Beseitigung der Entzugserscheinungen meist wichtiger ist, als der Rausch, kommt es aus eben diesem Grund vor, dass Dealer dem Heroin das Opioid Fentanyl, oder dessen Derivate, wie Sufentanil, Alfentanil, 3-Methylfentanyl oder α-Methylfentanyl (beide letztgenannten sind sog. Designerdrogen) beimengen. Das Fentanyl ist etwa 30- bis 50-mal potenter als Heroin. Da es die Eigenschaft hat, in dem Pulver, als das das Heroin-Stoffgemisch verkauft wird, zu verklumpen, sogenannte „fentanyl-pockets“ zu bilden, kann Heroin, das mit Fentanyl und/oder anderen hochpotenten Opioiden gestreckt wurde, extrem gefährlich sein (da die Potenz, Wirkstärke des erhaltenen Gemischs, insbesondere wenn dieses nicht homogen durchgemischt ist, sehr schwer abzuschätzen ist). Als potenzielle letale Dosis des reinen Heroins (Diamorphin, d. h. der Wirkstoff der Straßendroge) wird bei opioidnaiven Erwachsenen 50–75 mg angegeben[3]; die lethale Dosen der hochpotenten Opioide der Fentanyl-Reihe sind nicht bekannt und schwer abzuschätzen, sie dürften aber um einige Milligramme, oder gar weniger als ein Milligramm des Wirkstoffs liegen. EntzugDie körperlich heftigsten Entzugserscheinungen stellen sich bei einem plötzlichen Totalentzug der Droge ein (im Szenejargon auch „Cold Turkey“, bzw. „auf den Truthahn kommen“ (da man in diesem Zustand zu zittern und zucken beginnt, „einen Affen schieben“, „einen Affen haben“ oder „auf dem Affen sein“ genannt). Ein abrupter Heroinentzug ist zwar nicht unbedingt lebensbedrohlich (in Einzelfällen besteht jedoch auch hier die Gefahr eines akuten Kreislaufzusammenbruchs), dennoch gehen die Betroffenen quasi durch die Hölle: Der Entzug verursacht Schmerzen, Schweißausbrüche abgewechselt von Schüttelfrost, Erbrechen, Unruhe, Zittern, Krämpfen und autoaggressivem Verhalten mit Verletzungsgefahr; folglich entsteht physisch wie psychisch ein schier unstillbares Verlangen nach dem erlösenden nächsten „Schuss“ (Craving). Klinisch behandelt wird der Heroinentzug zumeist durch Substitutpräparate wie Methadon oder L-Polamidon oder Codeinpräparate verbunden mit einer Therapie. Um die Wirkung im Falle einer Überdosierung aufzuheben, werden Opioidantagonisten (z. B. Naloxon) eingesetzt. Der rein körperliche Heroinentzug dauert 5-7 Tage, kann aber bei Schwerstabhängigen bis zu 2 Wochen andauern; überdies besteht in belastenden Situationen jederzeit die Gefahr eines „psychischen Rückfalls“ (eine sogenannte Drogen-Depression). Auch szenebedingt besteht immer ein erhöhtes Risiko sich erneut „anfixen“ zu lassen. Sämtliche Entzugsmethoden werden kontrovers diskutiert. So kann beispielsweise ein Schnellentzug mit Opioidantagonisten wie Naltrexon unter Vollnarkose mit schwersten gesundheitlichen Risiken verbunden sein, sofern diese Form des Entzugs nicht unter adäquaten intensivmedizinischen Bedingungen praktiziert wird. Die Risiken des Entzugs unter Narkose können nur reduziert werden, indem die Narkose unter intensivmedizinischen Bedingungen mit der gleichen Überwachung durchgeführt wird wie dies bei großen Operationen der Fall ist (Intubation und Beatmung, zentralvenöser Zugang, arterieller Zugang, Magensonde, Urinkatheter, EEG-Messung etc.) Diese Bedingungen werden zur Zeit nur von wenigen Zentren (z. B. CfS Hannover) erfüllt. Zur Zeit wird eine langsame dosisvermindernde Gabe von medizinisch reinem Heroin unter ärztlicher Betreuung in Erwägung gezogen, weil die Rückfallquote im Unterschied zu Methadonempfängern wesentlich geringer ist und es den Empfängern nach 12 Monaten im Vergleich gesundheitlich besser geht. Überdies besteht eine geringere Gefahr, erneut in den illegalen Kreislauf zurückzufallen. Die Studien für die ärztlich kontrollierte Heroinvergaben erscheinen auf den ersten Blick relativ teuer, wenn man jedoch bedenkt, dass ein sehr großer Anteil an Geldbeschaffungskriminalität wegfällt, wenn die Abhängigen ihr Heroin nicht mehr teuer auf der Straße kaufen müssen, rentieren sich diese Investitionen sehr schnell. Sobald die Zulassung von Heroin als legale Behandlung für Heroinabhängige erst existiert, wird sich die Heroinverschreibung als sehr billig erweisen, ähnlich der derzeitigen Methadonvergabe, außerdem wird damit eine mit bisherigen Angeboten und Mitteln zuvor unerreichbare Klientel der Beratung und medizinischen Behandlung zugänglich. Medikamentös wird die Sucht mit Subutex (soll den Suchtdruck unterdrücken) und Nemexin (sorgt dafür, dass Heroin im Körper nicht mehr andocken kann) behandelt. Ersteres hat allerdings ebenfalls ein Gewöhnungs- und Abhängigkeitspotential. [4] Am 19. August 2007 veröffentlicht WELT Online einen Artikel, in dem in Erzählweise über eine neue Therapie berichtet wird. Die von einem russischen Militärarzt entwickelte Methode basiert nach Angaben auf einer Blockierung der im Gehirn von Heroin angesprochenen Rezeptoren, und soll jedwede Form körperlicher Entzugserscheinungen im Rahmen der etwa dreißig Minuten dauernden, einmaligen Behandlung (zuzüglich einer etwa einstündigen Nachkontrolle am nächsten Tag) vollständig unterbinden. Die Nebenwirkungen der Behandlung seien jedoch verheerend: Einerseits soll erneuter Heroinkonsum unabwendbar zum Tode führen, was vermutlich auch dem im Bericht begleiteten Patienten geschah. Andererseits wird mit der Behandlung die physische Abhängigkeit von Heroin bekämpft, nicht jedoch die psychische Abhängigkeit von Rauschzuständen. Das führe dazu, daß viele der Behandelten anschließend eine andere Abhängigkeit, z.B. Alkohol, entwickeln. [5] RisikenNach einem körperlichen Entzug besteht die Gefahr, dass die zuvor gewohnte Dosis wegen einer Toleranzabsenkung zu einer Überdosierung führen kann. Siehe auch
Modellversuch zur heroingestützten BehandlungDer Bund hat in Kooperation mit mehreren Bundesländern und den Städten Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Bonn, Hannover, München und Karlsruhe ein Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung ins Leben gerufen. Im März 2002 lief das Projekt in Bonn an, die anderen Städte folgten nach und nach. Die Klienten werden zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine bekommt ein Jahr lang Methadon zur Oraleinnahme und kann, als Anreiz, nach dem Jahr zur Heroingruppe wechseln. Die andere Gruppe bekommt zwei Jahre lang pharmakologisch reines Heroin (Diacethylmorphin) zur Injektion, welches sie unter medizinischer Aufsicht und unter hygienisch einwandfreien Bedingungen bis zu dreimal täglich in einer extra dafür eröffneten Heroinambulanz konsumieren. Diese beiden Gruppen sind wiederum in jeweils zwei aufgeteilt worden. Die einen werden von so genannten Case-Managern und die anderen von Drogenberatern (Psychoedukation) betreut. Insgesamt nehmen 1120 Klienten an dem Projekt teil. Die Trennung in Experimentalgruppe (Heroin) und Kontrollgruppe (Methadon) ist bei einer klinischen Arzneimittelprüfung, die für die mögliche Zulassung von Heroin als Medikament Voraussetzung ist, erforderlich. Die Wirkung der medikamentösen Therapie bei der Experimentalgruppe wird mit der Wirkung eines als Standardtherapie eingesetzten Medikaments bei der Kontrollgruppe verglichen um festzustellen, ob das neue Medikament den vorhandenen überlegen ist. Das Projekt war ursprünglich auf zwei bzw. drei Jahre angelegt (zwei Jahre Studie und ein Jahr Auswertung der Studie), wurde aber im August 2004 bis 2006 verlängert, da man die Patienten nicht wieder auf die Straße setzen wollte, aber erst 2006 über die Zulassung von Heroin als Medikament entschieden werden kann. In manchen Ländern, wie z. B. Großbritannien ist Heroin verschreibungsfähig und wird von Ärzten meistens an Heroinsüchtige verschrieben. In den Niederlanden liefen schon ähnliche Versuche einer heroingestützten Behandlung, die sehr positive Ergebnisse erzielten. In der Schweiz wurde die Heroinabgabe per Volksabstimmung angenommen und ist heute zu einem wichtigem Instrument der Schadensminderung geworden. Es ist unter dem Handelsnamen Diaphin® erhältlich. 1 Ampulle enthält 10 g Diacetylmorphinhydrochlorid · 1 H2O (DAM) als lyophilisiertes Pulver (= 8,71 g wasserfreie Base) und kostet Fr. 155,45 (SL vom 1. November 2006). Rechtslage in DeutschlandHeroin ist in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund seiner Aufführung in der Anlage 1 BtMG ein nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel. Der Umgang ohne Erlaubnis ist grundsätzlich strafbar. Weitere Informationen sind im Hauptartikel Betäubungsmittelrecht in Deutschland zu finden. In Kanada und Großbritannien wird es nach ausführlichen Studien eingesetzt als Schmerzmittel. Jedoch nur als Nasenspray für Kinder mit Knochenbrüchen. Lange Zeit wurde es weltweit als Droge ausschließlich illegal konsumiert. In Pilotstudien in Deutschland wird seit 2002 eine medizinisch überwachte Abgabe an Abhängige getestet (siehe Abschnitt 8). Quellen
Weiterführende Literatur
Weblinks zur Pharmakologie
Weblinks zum Thema Heroinabgabe und Methadonprogramme
Kategorien: Arzneistoff | ATC-N02 | Droge | Opioid |
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Heroin aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |