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Gottfried BennGottfried Benn (* 2. Mai 1886 in Mansfeld, Brandenburg; † 7. Juli 1956 in Berlin) war ein deutscher Arzt, Dichter und Essayist. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Leben1886 bis 1932Gottfried Benn wurde am 2. Mai 1886 als Sohn des protestantischen Pastors Gustav Benn und dessen Frau Caroline Benn (geb. Jequier; aus dem schweizerischen Jura gebürtig) in dem Dorf Mansfeld bei Pritzwalk im Kreis Westprignitz geboren. Wenige Monate nach seiner Geburt zog die Familie nach Sellin in die Neumark. Seine Kindheit thematisiert er in verschiedenen Gedichten und Prosaschriften. Von September 1897 bis September 1903 besuchte er das Friedrichs-Gymnasium in Frankfurt (Oder). Hier erwarb er auch das Reifezeugnis. Zum Wintersemester 1903/1904 nahm Benn das Studium der Theologie (wie vom Vater gewünscht) und der Philologie in Marburg auf. Er wechselte zum Wintersemester 1904/1905 nach Berlin und studierte ab 1905 schließlich Medizin an der Kaiser-Wilhelm-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen; 1910 beendete er das Studium. Von 1910 bis 1911 hatte Benn eine Stelle als Unterarzt in der Charité. 1911 war Benn Unterarzt im Infanterie-Regiment 64 in Prenzlau; er schied jedoch bereits 1912 aus gesundheitlichen Gründen („Wanderniere“) aus dem Militär aus. Wenig später starb seine Mutter an Brustkrebs. Obwohl sie unter heftigen Schmerzen litt, verbot sein Vater ihm aus religiösen Gründen die Behandlung mit schmerzlindernden Mitteln. Dies führte zu einem zeitweilig schweren Zerwürfnis zwischen Benn und seinem Vater; Benn unterbrach den Kontakt für die nächsten Jahre. 1912 promovierte er, erlangte die Zulassung als Arzt in Berlin und nahm bei der „Westend Klinik am Spandauer Damm“ in Berlin-Charlottenburg eine Stellung als Assistenzarzt der Pathologie an, die er bis Anfang 1914 innehatte. Dort entwickelt er beim Protokollieren von insgesamt etwa 2000 Obduktionen seinen präzisen Beschreibungsstil, wie seine Sektionsprotokolle belegen. Erfahrungen des Arztes finden ihren unmittelbaren Niederschlag in den Gedichten (Beispielhaft: Schöne Jugend). Im gleichen Jahr erschien Benns erster Gedichtband unter dem Titel Morgue und andere Gedichte (1912); diese Veröffentlichung war zwar ein Skandal, begründete aber Benns frühen Ruhm. Im Herbst 1912 begegnete er der Dichterin Else Lasker-Schüler. 1914 reiste er kurz vor dem Ausbruch des ersten Weltkriegs als Schiffsarzt in die USA (auf diese Reise spielt Benn in seinen späteren Werken des Öfteren an: „[…] fuhr nach Amerika, impfte das Zwischendeck.“). Im gleichen Jahr ging er die Ehe mit Edith Brosin, geb. Osterloh, ein. Die Tochter Nele wurde am 8. September 1915 geboren. Als Militärarzt wurde er in Belgien eingesetzt; in der Brüsseler Etappe schrieb Benn die meisten der unter dem Titel „Gehirne“ veröffentlichten „Rönne-Novellen“ nieder. In Brüssel wurde Benn von Thea Sternheim, der Frau des Dichters Carl Sternheim, empfangen. Dienstlich war er zur Anwesenheit bei Exekutionen verpflichtet; so war er auch bei der Hinrichtung der als Spionin verurteilten britischen Krankenschwester Edith Cavell zugegen. 1917 ließ sich Benn als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten in Berlin nieder. Schon 1922 starb Edith Benn, seine erste Frau, die gemeinsame Tochter Nele wuchs daraufhin bei der dänischen Opernsängerin Ellen Overgaard auf. 1928 hielt Benn in Crossen an der Oder die Grabrede für seinen Freund Klabund, im selben Jahr wurde er in den Berliner PEN-Club aufgenommen. 1932 bis 1948Zusammen mit Ina Seidel wurde Gottfried Benn am 29. Januar 1932 zum Mitglied der Preußischen Akademie der Künste in Berlin - Abteilung Dichtung - gewählt. Ende 1932 suchte Friedrich Wilhelm Oelze (1891–1978) eine persönliche Bekanntschaft mit dem Dichter herzustellen; zwischen beiden begann, nach zögerlichen Anfängen von Seiten Benns, ein intensiver und anhaltender gedanklicher Austausch. Von 1933 bis zum sogenannten Röhm-Putsch (1934) setzte Benn sich vorübergehend durch essayistische Schriften für den Nationalsozialismus ein. Am 29. April 1933 trug er die Akademie-Rede vor. Die Frage, warum Gottfried Benn derart öffentlich und vehement Partei für den nationalsozialistischen Staat ergriff, wird bis heute von einigen mit einem „Missverständnis“ (vgl. schon DER SPIEGEL 14/1950) erklärt. Diese Sichtweise legt auch Benn selbst in seiner Nachkriegs-Autobiographie Doppelleben nahe, wenn er, nun scheinbar großzügig und geläutert, dem „jungen Klaus Mann“ fast schon hellseherische Fähigkeiten attestiert, die er selbst zu diesem Zeitpunkt naturgemäß nicht habe besitzen können: „[...] Die Lage im verworrenen Frühjahr 1933 war nun so, daß nach dem Fortgang der berühmtesten Träger der Abteilung hier ein knappes Dutzend Mitglieder zurückblieb, die sich dem Ansturm gewisser völkischer und volkhaft ausgerichteter Autoren gegenübersahen, die die alte Gruppe eliminieren und alle kulturellen Positionen besetzen wollten. Uns hielten sie alle mehr oder weniger für Kulturbolschewisten. Die Vorgänge spielten sich für uns im Dunkeln ab, niemand wußte, woran er war, und es standen nicht nur ideelle Frage zur Debatte, sondern auch materielle. Nicht für mich, ich habe nie einen Pfennig aus irgendeinem dieser Fonds bezogen oder irgendwelche anderen Vorteile gehabt [...]“. In seiner Antwort an die literarischen Emigranten reagierte er auf private Vorhaltungen Klaus Manns öffentlich in den Massenmedien (Zeitungen und Rundfunk) und rechtfertigte seinen Verbleib im nationalsozialistischen Deutschland von 1933. Diese offensive Verteidigung zeigt, dass Benn zu dieser Zeit durchaus kein einsamer, gar verwirrter Dichter im Elfenbeinturm seiner Kunst war. Er befand sich vielmehr, wie er im Vorwort zu Zwei Rundfunkreden. Der neue Staat und die Intellektuellen. Antwort an die literarischen Emigranten 1933 selbst feststellt, am Ende „einer fünfzehnjährigen Entwicklung“ und mithin auf der Höhe des Zeitgeistes, der Konservativen Revolution. Dabei orientierte er sich am Beispiel des italienischen Futuristen Marinetti, der, von Musssolini wohlgelitten, im italienischen Faschismus als Staatsdichter Karriere machen konnte. Dies gelang dem (ehemaligen) Expressionisten Benn im - insofern anders gearteten - nationalsozialistischen Deutschland nicht: Nachdem schon seit September 1933 keine Gedichte von ihm mehr gesendet werden durften und seine Zulassung als Arzt gefährdet war, wurde Benn ab Mai 1934 verboten, Vorträge im Radio zu halten. Zwar wurde Benn noch im Frühjahr 1934 Vizepräsident der „Union nationaler Schriftsteller“. Er wurde jedoch schon bald (seit 1934) von verschiedenen Organen der Nationalsozialisten, wie z. B. im „Schwarzen Korps“ von Börris von Münchhausen (u.a.) angegriffen, der ihn wegen seines Namens, den er mit dem jüdischen "Ben" assoziierte, als "Juden" zu diffamieren suchte, und schließlich 1936 vom Völkischen Beobachter als "Schwein" bezeichnet. Auf die Unterstellungen Münchhausens reagierte Benn, indem er in Lebensweg eines Intellektualisten seine Abstammung aus deutschem Pfarrhaus betonte. Diese genealogischen Ausführungen nutzten Benn letztlich nichts.
Nach Aufgabe seiner Berliner Arztpraxis bemühte sich Benn 1935 erfolgreich um den Eintritt in die Wehrmacht; diese militärische Reaktivierung bezeichnete er als „aristokratische Form der Emigration“. In der Folgezeit wurde er Oberstabsarzt in der Wehrersatz-Inspektion Hannover. Heimisch ist er hier jedoch nie geworden, die Erzählungen „Weinhaus Wolf“ und „Doppelleben“ sowie die sogenannten „Stadthallen-Elegien“ - darunter das bekannte Gedicht „Astern“ [1] - bieten einige Impressionen seines Hannover-Aufenthaltes. 1937 wurde er als militärischer Versorgungsarzt nach Berlin versetzt und nahm seine Wohnung in der Bozener Straße im Bayerischen Viertel von Berlin-Schöneberg. 1938 ging Benn die Ehe mit seiner Sekretärin Herta von Wedemeyer (Hannover) ein. 1938 wurde Benn aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und erhielt Schreibverbot. Die Wehrdienststelle, in der er tätig war, wurde nach Landsberg an der Warthe verlegt; in der dortigen Kaserne verfasste er analysierende Essays zu seiner Lage und den Erscheinungsformen des Nationalsozialismus (nach der ersten Abrechnung Kunst und Drittes Reich von 1941 hier Block II, Zimmer 66 (1944, der Titel verweist wiederum auf sein Lebensthema "Doppelleben) u.a.). 1945 kehrte Benn nach Berlin zurück und nahm die ärztliche Tätigkeit in seiner alten Praxis wieder auf. Seine Frau Herta hatte sich am 2. Juli aus Angst vor Vergewaltigung und Ermordung durch Soldaten der Roten Armee mit Zyankali das Leben genommen. Im Dezember 1946 heiratete Benn die Zahnärztin Dr. Ilse Kaul. Das Schreibverbot für wurde unter der alliierten Verwaltung zunächst beibehalten. 1948 bis 1956Seit dem Herbst 1948 durfte Benn wieder in Deutschland veröffentlichen; zuerst erschien jedoch im Schweizer Arche-Verlag der Band „Statische Gedichte“; der Verleger Max Niedermayer hatte die Druckerlaubnis in Westdeutschland erwirken können. In den Jahren der frühen Bundesrepublik erlebte Benn einen rasanten Aufstieg. 1949 erschienen vier Bücher von Benn. Mit der Verleihung des Büchner-Preises 1951 fand seine Karriere ihren vorläufigen Höhepunkt. 1951 schloss er Bekanntschaft mit Astrid Claes und 1954 mit Ursula Ziebarth. Er pflegte Kontakte unter anderem zu Karl Schwedhelm. Gottfried Benn litt seit Beginn des Jahres 1956 sehr unter Schmerzen, deren Ursache, Knochenkrebs, jedoch erst kurz vor seinem Tod eindeutig festgestellt wurde. Er starb nur wenige Wochen nach seinem 70. Geburtstag am 7. Juli 1956 in Berlin und wurde auf dem Waldfriedhof in Berlin-Dahlem beigesetzt. Zum WerkGottfried Benn gilt manchen als der bedeutendste deutsche Dichter der literarischen Moderne. Ein erstes Mal betrat er die literarische Szene als Expressionist mit seinen Morgue-Gedichten, die mit herkömmlichen poetischen Traditionen radikal brachen und in denen vor allem Eindrücke aus seiner Tätigkeit als Arzt starken Niederschlag fanden. Sektionen werden scheinbar emotionslos beschrieben, romantische Titel wie „Kleine Aster“ wecken Erwartungen, die dann krass enttäuscht werden. Nach dem oben genannten Gedichtband erschienen in der Folgezeit nur noch wenige mit äußerst geringer Auflage; während der Nazizeit unterlag Benn einem Schreibverbot. Vom Nationalsozialismus, mit dem er zuerst sympathisiert hatte, wandte sich Benn wohl vor allem ab, weil er schließlich erkannte, dass dieser ebenso antikulturell eingestellt war wie der von ihm verachtete Kommunismus und Sozialismus. Nach Kriegsende wurde er zunächst wegen seiner anfänglichen Unterstützung des Hitlerregimes angefeindet, doch spätestens mit seinen Statischen Gedichten, die sich weit vom wild-zynischen Ton der Morgue-Gedichte entfernt hatten, fand er in der jungen Bundesrepublik ein neues, stetig wachsendes Publikum. So wurde der Autor zum Ende hin ein weitberühmter, mit dem Büchner-Preis ausgezeichneter und stilbildender Dichter. Die Rechte am Werk liegen beim Klett-Cotta Verlag. NachlassBenns Nachlass liegt im Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar: SNM/DLA: Nachlaß Benn, Gottfried Werke (in Buchform)
WerkausgabenEine erste Werkausgabe in 4 Bänden gab Dieter Wellershoff heraus; inzwischen liegen vor:
BriefeZahlreiche Briefe sind überliefert und zu großen Teilen veröffentlicht. Die Briefe werden zunehmend als Teil des Werks anerkannt. Hervorzuheben ist etwa der Briefwechsel mit Friedrich Wilhelm Oelze.
LesungenBenn hat oft aus seinen Werken vorgelesen. Rundfunklesungen sind seit 1928 überliefert.
Filmographie
SFB/WDR 1998, 45 min
Literatur
Sammelbände
Spezialuntersuchungen
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Wikiquote: Gottfried Benn – Zitate |
- Literatur von und über Gottfried Benn im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag (mit Literaturangaben) im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon (BBKL)
- Biografie Gottfried Benn
- Gottfried-Benn-Gesellschaft
- Kommentierte Linksammlung bei der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin
- Gottfried Benn beim Verlag Klett-Cotta (Werk-Ausgabe, Einzelausgaben, Briefe, Benn-Jahrbuch)
- Gottfried-Benn-Sammlung in der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam
- Einige Gedichte
Fußnoten
- ↑ Benn verfasste diese „Stadthallen-Elegien“ auf der Rückseite von Speisekarten der Stadthalle Hannover. Die Originale werden im Deutschen Literaturarchiv in Marbach aufbewahrt. Das Gedicht „Astern“ auf der Rückseite einer Speisekarte ist im Marbacher Literaturmuseum der Moderne ausgestellt. Weitere Gedichte aus diesem Zyklus sind: „Tag, der den Sommer endet“ und „Die weißen Segel“
Personendaten | |
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NAME | Benn, Gottfried |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Arzt, Dichter und Essayist |
GEBURTSDATUM | 2. Mai 1886 |
GEBURTSORT | Mansfeld, Landkreis Westprignitz, Brandenburg |
STERBEDATUM | 7. Juli 1956 |
STERBEORT | Berlin |
Kategorien: Dermatologe | Militärarzt | Mediziner (20. Jahrhundert)