Um alle Funktionen dieser Seite zu nutzen, aktivieren Sie bitte die Cookies in Ihrem Browser.
my.bionity.com
Mit einem my.bionity.com-Account haben Sie immer alles im Überblick - und können sich Ihre eigene Website und Ihren individuellen Newsletter konfigurieren.
- Meine Merkliste
- Meine gespeicherte Suche
- Meine gespeicherten Themen
- Meine Newsletter
Osteogenesis imperfectaOsteogenesis imperfecta (OI, von griechisch Osteo (οστέον, οστούν) „Knochen“ und Genese (γένεσις) „Entstehung“ sowie lateinisch imperfecta „unvollkommen“), umgangssprachlich fälschlicherweise auch als Glasknochenkrankheit bezeichnet, ist eine seltene Erbkrankheit, deren Hauptmerkmal eine unvollständige Knochenbildung ist. Daraus entstehen unterschiedliche Krankheitsbilder, deren gemeinsames Merkmal eine extrem hohe Knochenbrüchigkeit ist - der Knochen bricht ähnlich leicht "wie Glas". Da das Gros der Betroffenen sich selbst aufgrund der OI nicht krank, sondern behindert fühlt, lehnen die meisten Betroffenen den Begriff Glasknochenkrankheit ab. Sie sprechen im Zusammenhang lediglich von "Glasknochen haben". Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Kollagenfehlbildung als Ursache der OIKollagen Typ I ist Hauptbestandteil des Bindegewebes und damit das wichtigste Protein für den Aufbau der Knochenmatrix. Es lagert sich aus drei linksgängigen alpha-Tropokollagenketten zu einer rechtsgängigen Helix zusammen. Ursache der OI ist eine Punktmutation in der Erbinformation, welche für das Kollagen Typ I codiert und auf den Chromosomen 7 und 17 liegt. Aufgrund des Austausches der wichtigsten Aminosäure des Kollagens (Glycin, relativ "klein") durch eine andere — größere — Aminosäure, wird die Synthese des Kollagens vermindert. Außerdem wird die richtige "Verdrillung" der Kollagentripelhelix behindert, wodurch es zum Verlust der Stabilität kommt. Der Erbgang ist autosomal dominant. Ist keines der Elternteile selbst betroffen, handelt es sich um eine Spontanmutation. Die Häufigkeit der Erkrankung wird für alle Formen auf ca. 4 - 7 Fälle pro 100.000 Einwohner geschätzt, so dass man in der Bundesrepublik Deutschland von etwa 2500 - 4500 OI-Betroffenen ausgehen muss.[1] (S. 5) SymptomeDa das Kollagen vom Typ I rund 90 % der Knochenmatrix ausmacht, ist das Hauptmerkmal der OI eine abnorm hohe Knochenbrüchigkeit. Das Synonym Glasknochen beschreibt sehr bildhaft sowohl die mechanischen Eigenschaften des wie Glas leicht zerbrechlichen Knochens als auch das Erscheinungsbild der Knochen auf Röntgenaufnahmen. Da bei der OI nur ungenügend schattengebende Knochensubstanz eingelagert ist, erhöht sich die Strahlentransparenz bei der Röntgenaufnahme, so dass der Knochen oftmals als milchglasähnliche, verwaschene Struktur dargestellt wird. Darüber hinaus können noch eine ganze Reihe weiterer Symptome auftreten, die nachfolgend aufgeführt sind:
Historischer ÜberblickMedizinisch ist die OI bereits seit Ende des 17. Jahrhunderts bekannt, wenn auch nur grob-anatomisch, wie wir aus Schriften von Malebranche (1684), Bordenave (1763), Henckel (1772) oder Sandifort (1793) wissen. 1833 veröffentlichte der Straßburger Anatom Johann Georg Chr. F. M. Lobstein in seinem Lehrbuch der pathologischen Anatomie eine Untersuchung zur Knochenbrüchigkeit bei Erwachsenen. Mit der Bezeichnung der "idiopathic osteopsathyrosis", in die er auch Symptome der altersbedingten Osteoporose einfließen lässt („Die Osteopsathyrose wird besonders an den beiden Grenzmarken des Lebens in der Kindheit nämlich und im Greisenalter beobachtet.“), prägt er fortan den Begriff der „maladie de Lobstein“. Dem niederländischen Anatomen Willem Vrolik gelingt es 1849 mit der Fallbeschreibung eines Neugeborenen mit weichem Schädeldach und zahlreichen alten wie frischen Frakturen, die angeborene Knochenbrüchigkeit von der Rachitis foetalis zu unterscheiden. Er grenzt die Erkrankung erstmals scharf von dem bisherigen Sammelnamen der Rachitis foetalis ab, zu der in jener Zeit alle foetalen Entwicklungsstörungen der Knochen eingeordnet wurden, und gibt ihr den Namen Osteogenesis imperfecta. Doch noch immer hielt man die verschiedenen Ausprägungen der OI bei Erwachsenen und Neugeborenen für zwei ganz unterschiedliche Erkrankungen, und es brauchte weitere knapp sechzig Jahre, bis Emil Looser 1906 mit seinen Untersuchungen den endgültigen Beweis erbringen konnte, dass es sich bei den verschiedenen Fällen um ein und dasselbe Krankheitsbild mit unterschiedlichen Ausprägungen handelt. Nachdem es Looser gelungen war, diese ätiologische Verwandtschaft herzustellen, führte er daraufhin die Bezeichnungen Osteogenesis imperfecta congenita (ehemals Typ Vrolik) für die ab der Geburt feststellbare Form und Osteogenesis imperfecta tarda (ehemals Typ Lobstein) für die erst im weiteren Lebensverlauf erkennbare Form ein. Um die Jahrhundertwende erweiterte sich dank des weiteren diagnostischen Fortschritts das Themengebiet in der Beschreibung der OI. Bezogen sich zuvor gemachte Veröffentlichungen allein auf das Knochensystem, so befassten sich mit Beginn des 20. Jahrhunderts die Autoren zunehmend mit Beschreibungen extraskelettaler Besonderheiten, wie dem Auftreten von blauen Skleren (Adair-Dight,1912; Gutzeit 1921), der Schwerhörigkeit im frühen Erwachsenenalter (Fischer,1921), Zahnbildungsstörungen bis hin zur Dentinogenesis imperfecta (Biebl,1924). Meist beschränkten sich die Autoren bei ihren Publikationen jedoch auf die Beschreibung einzelner Symptome oder Merkmale der Osteogensis imperfecta. Erst die 1949 veröffentlichte Dissertation des dänischen Arztes Knud Stakemann Seedorff, die über die rein medizinischen Aspekte hinaus geht, setzte einen wissenschaftlichen Meilenstein in der umfangreichen Beschreibung der OI. Neben einem medizinisch ausführlichen anamnestischen Teil, den er mit radiologischen Abbildungen ergänzt, beschreibt Seedorff vor allem auch den beruflich-sozialen Hintergrund der von ihm untersuchten 180 OI-Betroffenen sehr umfangreich. Erstmals macht er auch eine Angabe über die Häufigkeit der OI: "In diesem Land wird jedes Jahr ein Kind mit dieser Erkrankung geboren.". Einteilung der unterschiedlichen VerlaufsformenDie seit 1979 gültige 4 Typen Klassifizierung des australischen Arztes und Genetikers David Sillence wurde im Jahre 2000 durch die montrealer Wissenschaftsgruppe um Francis H. Glorieux um die OI Typen V, VI und VII erweitert. Aufgrund der hohen Ausprägungsvariabilität lassen sich jedoch die Betroffenen nicht immer klar einem dieser OI-Typen, nach der erweiterten Sillence-Klassifikation, zuordnen. OI Typ I (ehemals Osteogenesis imperfecta tarda, Typ Lobstein)Dies ist die mildeste Form der OI. Sie wird daher häufig erst erkannt, wenn das Kind laufen lernt und sich hierbei Frakturen zuzieht. Häufig wird die OI bei diesen Betroffenen aber auch erst Mitte der dritten Lebensdekade diagnostiziert, wenn beispielsweise der behandelnde Arzt aufgrund degenerativer Beschwerden eine Knochendichtemessung veranlasst, oder wenn bei einem Säugling mit OI die Mutter mit untersucht wird. Der Körperbau ist meist normal und Knochenverformungen sind minimal oder fehlen gänzlich. Die Muskelkraft ist gemindert und die Muskulatur nicht selten hypoton. Durch die schwachen Bänder neigen die Gelenke oftmals zur Überstreckbarkeit. Die Sklera kann von weiß über bläulich zu tief blau variieren. Ab dem 20. Lebensjahr können vermehrt Hörprobleme auftreten. Die schwerste Zeit ist wohl diePubertät (meist zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr), mit Beginn des 20. Lebensjahres werden die Knochen aber meist stabiler. OI Typ IIIst die schwerste Form der OI. Auch wenn dieser OI Typ durch die unterentwickelte Lungenfunktion, eine hohe Frakturanfälligkeit und seine starken Deformierungen in der Literatur bislang als letal, also nicht überlebensfähig, beschrieben wurde, hat sich die Prognose dank der medizinischen Entwicklung in den letzten Jahren stark verbessert. OI Typ III (ehemals Osteogenesis imperfecta congenita, Typ Vrolik)Die Betroffenen dieses Typs sind kleinwüchsig. Mit der geringsten Größe und der höchsten Neigung zu Deformierungen und Brüchen der Knochen gehören sie in der Typisierung nach dem Typ II zur Extremform unter den OI-Betroffenen, was häufig den Gebrauch eines Rollstuhls erforderlich macht. Neben den Extremitäten können der Schädel, der Brustkorb und die Wirbelsäule in unterschiedlicher Ausprägung verformt sein, weshalb es auch zu Problemen der Atmung kommen kann. OI Typ IVBetroffene dieses Typs sind ebenfalls kleiner wüchsig, meist jedoch leichter betroffen als bei dem Typ III und somit häufiger Fußgänger. Die Skleren sind normal bis leicht bläulich. Die Neigung zu Frakturen und Verformungen der Knochen ist häufig geringer als bei Typ III. OI Typ VBetroffene dieses Typs neigen zum seltenen Phänomen des sogenannten hyperplastischen Kallus (Callus luxurians), einer spontan überschießenden Kallusbildung ohne eine hierfür übliche Fraktur mit anschließender Verknöcherung. Durch Einlagerung von Calziumsalzen in die bindegewebigen Strukturen (Syndesmosen) zwischen den beiden Unterarmknochen Elle und Speiche, sowie den Unterschenkelknochen Schien- und Wadenbein (Calzifizierung der Membranae interossea antebrachii et cruris) ist die Ein- und Auswärtsdrehung (Pronation/ Supination) des Unterarms bzw. des Unterschenkels der Betroffenen erheblich blockiert, was zur klinischen Differentialdiagnose hilfreich ist, sofern die Bewegungseinschränkungen nicht auf Deformierungen der entsprechenden Knochen oder Gelenke beruhen. OI Typ VIObwohl Betroffene dieses OI-Typs klassische klinische Symptome der OI zeigen, konnte bislang keinerlei Mutation auf den hierfür bekannten Kollagen-Genen nachgewiesen werden. Die Skleren sind normal bis leicht bläulich. Keine Dentinogenesis imperfecta. Die alkalische Phosphatase (ein Enzym, das die Osteoblastenaktivität beschreibt) ist leicht erhöht. OI Typ VIIBei dem OI-Typ VII liegt eine Verkürzung der proximalen Extremitäten, also der Oberarme und -schenkel, im Verhältnis zu den Unterarmen und -schenkeln vor. Diese als Rhizomelie bezeichnete Besonderheit ist bislang nur bei OI-Betroffenen eines Indianerstammes in Quebec aufgetreten. BehandlungsmethodenDa die OI eine genetisch bedingte Störung ist, beschränken sich die möglichen Therapieformen auf rein symptomatische Behandlungsmethoden. Zu diesen gehören insbesondere:
MarknagelungBei der Marknagelung wird der gebogene Knochen zunächst mehrfach osteotomiert, um dann die einzelnen Knochensegmente wieder perlenschnurartig auf den Marknagel aufzufädeln. Anfangs wurden hierfür starre Nägel verwendet. Im wachsenden Knochen mussten diese Nägel allerdings immer wieder ausgetauscht werden, da der Knochen irgendwann länger als der Nagel wurde, und der Nagel dadurch den Knochen nicht mehr stützen konnte. Die Folge waren Frakturen in diesen ungeschützten Bereichen. Darum konstruierten 1963 die beiden Orthopäden Bailey und Dubrow einen Teleskopmarknagel. Beim Knochenwachstum ziehen sich die beiden Nagelsegmente teleskopartig auseinander und "wachsen" so quasi mit.
PhysiotherapieEtwa seit Anfang der siebziger Jahre wurde der Physiotherapie in der OI-Behandlung eine immer größere Rolle zugeschrieben. Hatte man in den Jahren zuvor durch Ruhigstellung versucht, möglichst keine Frakturen zu provozieren, wusste man nun, dass eine Immobilisierung zum vermehrten Knochenabbau führt. Auch die Behandlungsmethoden für OI-Betroffene wurden in den darauf folgenden Jahren, wenn auch langsam, dieser Erkenntnis angepasst und die Betroffenen zu mehr Aktivität aufgefordert. Ein einheitliches physiotherapeutisches Behandlungskonzept für die OI gibt es bislang nicht. Um hier den Betroffenen als auch den Therapeuten eine Hilfe an die Hand zu geben, veröffentlichte die Deutsche Gesellschaft für Osteogenesis imperfecta Betroffene 1997 das von Willy Hagelstein entwickelte Bewegungsprogramm Glasfit. BisphosphonattherapieDie jüngste der drei Therapiesäulen bildet die Säule der medikamentöse Behandlung mit Bisphosphonaten. Ersten Publikationen über die Therapie von OI-Betroffenen mit Bisphosphonaten wurden auf der 6. Internationalen wissenschaftlichen Konferenz zur OI in Holland im Jahr 1996 veröffentlicht. Alle Wissenschaftsgruppen konnten zwar einen wesentlichen Knochenzuwachs messen, offen blieb aber die Frage, ob mit der erhöhten Knochendichte auch eine verringerte Frakturrate einhergehen würde. In einer sehr umfangreichen Studie gelang es 1998 dann dem Montrealer Arzt und Wissenschaftler Francis H. Glorieux und seinen Mitarbeitern, den Zusammenhang zwischen Knochendichteerhöhung und Abnahme der Frakturrate aufzuzeigen. Mittlerweile gehört die medikamentöse Therapie mit Bisphosphonaten zur State of the Art Behandlung der OI. Quellenverzeichnis
Einzelnachweise
|
|||
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Osteogenesis_imperfecta aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |