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GeschmacksaversionslernenBeim Geschmacksaversionslernen entwickelt ein Lebewesen eine Abscheu gegen bestimmte Nahrungsmittel, weil es sie in einem Lernvorgang mit unangenehmen Erfahrungen verknüpft. Bei Tieren nennt man eine solche Ablehnung bestimmter Nahrungsmittel Köderscheue, beim Menschen Geschmacksaversion; nach einem Ausspruch des amerikanischen Psychologen Martin Seligman spricht man beim Menschen auch vom „Sauce-Bernaise-Syndrom“[1]. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
ForschungGeschmackaversionslernen ist eine Form der Klassischen Konditionierung. Klassischer VersuchIn einer heute klassischen Versuchsanordnung bot der amerikanische Psychologe John Garcia Mitte der 1950er Jahre Ratten mit dem harmlosen Süßstoff Saccharin gesüßtes Wasser dar, das diese bereitwillig tranken. Gleichzeitig oder anschließend setzte er die Ratten starker Röntgenstrahlung aus, die unter anderem Übelkeit und Erbrechen verursacht. Nach dem Auftreten dieser Symptome verweigerten die Ratten die erneut angebotene Saccharinlösung. Der Aufbau war an den damaligen Kenntnissen über die klassische Konditionierung ausgerichtet, mit Röntgenstrahlung als unkonditioniertem Reiz (US), Übelkeit als unkonditionierter Reaktion (UR), Saccharinlösung als konditioniertem Reiz (CS) und der übertragenen Übelkeit als konditionierter Reaktion (CR). Garcia experimentierte mit vielerlei Stoffen, wählte für die Veröffentlichung aber mit Bedacht Saccharinlösung, denn sie ist farb- und geruchlos und besitzt außer der Süße keinen Eigengeschmack; dadurch konnte sichergestellt werden, dass die Ratten allein auf die Geschmacksrichtung süß konditioniert wurden. Ebenso wurde Röntgenstrahlung verwendet, weil sie nicht wahrnehmbar ist und die Ratten die Übelkeit nicht auf sie zurückführen konnten. Um noch mehr Gewissheit zu erlangen, betäubte man die Ratten später für die Dauer der Bestrahlung. Der Versuch zeigte einige Besonderheiten. Zum einen genügte bereits die einmalige gleichzeitige Darbietung des unkonditionierten und des konditionierten Reizes, um die unkonditionierte Reaktion (Übelkeit) zu erzielen, während bei allen früheren Konditionierungsversuchen mehrere Wiederholungen nötig waren. Dieses Phänomen bezeichnet man als One-Trial-Learning. Weiterhin beobachtete man, dass die Konditionierung auch dann noch funktionierte, wenn die beiden Reize zeitlich versetzt dargeboten wurden. Galt bis dahin die empirisch ermittelte Faustregel, dass US und CS nicht länger als eine Minute versetzt dargeboten werden dürfen, so lieferten hier Versetzungen von mehreren Stunden noch das gleiche Ergebnis; einzige Bedingung war, dass in der Zwischenzeit keine weiteren nennenswerten Reize dargeboten wurden. Garcia-Effekt und PreparednessAusgehend von diesen Beobachtungen vermutete man, dass gewisse Reiz-Reaktions-Kombinationen leichter erlernbar seien als andere; dies stellte die damals vorherrschende Äquipotentialitätshypothese in Frage, laut der prinzipiell alle Reaktionen auf alle Reize in gleichem Maße konditioniert werden können. 1966 zeigten Folgeexperimente von J. Garcia und R. A. Koelling, dass bestimmte Reiz-Reaktions-Kombinationen überhaupt nicht konditionierbar sind, andere dafür aber umso besser (Garcia-Effekt) und widerlegten damit die Äquipotentialitätshypothese. Man folgerte, dass das Lernverhalten von biologisch verankerten Faktoren beeinflusst wird und suchte nach Erklärungen. Garcia stellte ein Konzept namens Belongingness vor, das gewissen Reizen und Reaktionen besondere Eigenschaften zuschreibt. Größere Beachtung und Zustimmung fand jedoch Martin Seligmans Theorie der Preparedness, nach der Organismen auf gewisse Reiz-Reaktions-Verbindungen evolutionsbiologisch, d. h. genetisch, vorbereitet sind. Demnach werden bestimmte Reiz-Reaktions-Verbindungen aufgrund von natürlicher Selektion artspezifisch leichter bzw. schneller gelernt, um die Anpassung an die Umwelt zu fördern. Bewiesen wurde bisher keine dieser Theorien. Differenzierende ForschungDen ersten generellen Experimenten folgten zahlreiche weitere, deren Ziel es war, das Geschmacksaversionslernen näher zu differenzieren. Dank dieser differenzierenden Forschungsarbeit gibt es heute detaillierte Angaben darüber, welche Geschmacksreize und aversiven Reize bei welchen Organismen wie gut konditionierbar sind. Auch wurden Faktoren identifiziert, die den Lernprozess beeinflussen, z. B. Geschlecht, Alter, Verfahrensablauf und Drogenvorgeschichte. Anwendung als HilfsmittelHeute findet vergleichsweise wenig Grundlagenforschung statt. Vielmehr wird das Geschmacksaversionslernen als Werkzeug verwendet, um andere – vorrangig medizinische – Fragestellungen, beispielsweise zu Drogenmissbrauch, Übelkeit bei Krebs und der Behandlung von Autoimmunkrankheiten, zu beantworten. Im Jahr 2006 zählten Anthony L. Riley und Kevin B. Freeman, die seit 1976 Bibliografien zum Thema veröffentlichen und heute eine elektronische Datenbank im Internet anbieten (s. Abschnitt Weblinks), nahezu 3.000 Facharbeiten zum Thema Geschmacksaversionslernen. SchädlingsbekämpfungIn der Schädlingsbekämpfung, die unter anderem mit vergifteten Ködern arbeitet, stellt Köderscheue ein Problem dar. Überlebt ein Schädling die Vergiftung und bringt Vergiftungserscheinungen und Köder miteinander in Verbindung, so entwickelt er Köderscheue und wird nicht mehr auf ähnliche Köder anspringen. Man verwendet daher bevorzugt Gifte, die langsam wirken und ihre Wirkung erst einige Tage später entfalten. Das Tier ist dann in der Zwischenzeit anderen Reizen ausgesetzt und bringt die Vergiftung nicht mehr mit dem Auslöser in Verbindung. QuellenSofern nicht anders angegeben, entstammen die Informationen der Hauptquelle:
Einzelnachweise:
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