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GehörlosigkeitDer Begriff Gehörlosigkeit bezeichnet das vollständige oder weitgehende Fehlen des Gehörs bei Menschen. Der Begriff wurde schon im 19. Jahrhundert im deutschen Sprachraum, aber jetzt vermehrt synonym oder anstelle von Taubheit verwendet. Von Taubheit wird dann gesprochen, wenn die betroffene Person keine akustische Wahrnehmung mehr hat. Taubheit kann unilateral, d. h. auf nur einem Ohr vorkommen, freilich aber auch bilateral, d. h. beidseitig vorkommen. Das Wort gehörlos entstand erst nach der Einführung der allgemeinen Schulbildung tauber Kinder im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts als Begriff für einen Taubstummen, der durch eine unermüdliche Sprecherziehung entstummt worden ist. Daher hat das Wort die Bedeutung von „taub, aber sprechend“ erlangt, und taube Kinder, Schulentlassene und Erwachsene werden als „Gehörlose“ bezeichnet. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Abgrenzung zu ähnlichen BegriffenGehörlosigkeit ist synonym zu den Begriffen hochgradiger Schwerhörigkeit oder hochgradiger Hörschädigung oder Resthörigkeit. So haben medizinisch gesehen ca. 98 % aller Gehörlosen ein Restgehör. Wer dieses nicht hat, ist taub. Bei diesen drei Synonymen handelt es sich um eine Hörbehinderung, bei denen akustische Reize nur noch mit Hörhilfen wie dem Hörgerät oder einem Cochlea-Implantat wahrgenommen werden können. Ob das Gesprochene mit diesen Hörhilfen verstanden werden kann, bleibt noch fraglich. Tritt die Hörschädigung erst nach dem natürlichen Alter des Spracherwerbs ein (ca. ab dem 3. Lebensjahr), so spricht man von „postlingualer Ertaubung“, zu Deutsch „Spätertaubung“. Der Begriff taubstumm wird von gehörlosen Personen als diskriminierend empfunden. Das Wort „taub“ ist etymologisch mit „stumm“ und „dumm“ verwandt. Die englische Wendung „deaf and dumb“ bedeutet taubstumm – auch sie wird nicht mehr gebraucht. „Dumb“ hat die gleiche Bedeutung wie dumm. Außerdem können heute alle Gehörlosen bzw. taube Personen kommunizieren, ob in der Gebärdensprache oder in der Lautsprache. Daher ist im Deutschen entweder der Begriff „gehörlos“ oder „taub“ zu verwenden, während in den englischsprechenden Gebieten das Wort deaf fast durchgehend verwendet wird, wobei letzteres von deutschen und schweizer selbstbewussten Gehörlosen gern als Synonym für „gehörlos“ verwendet wird. Allerdings wird das Wort von ihnen großgeschrieben – Deaf – analog zu Volksnamen, die gemäß der englischen Orthographie stets großgeschrieben werden, um die Ethnizität des Taubseinskultur (Deaf culture) zu verdeutlichen. Ursachen und Feststellung von GehörlosigkeitNach dem Schlüssel der International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD-10) wird für Taubheit bzw. Gehörlosigkeit die medizinische Code-Bezeichnung ICD-10 H91.9 verwendet.
Die Unterteilung in ICD-10 H91.9 macht sichtbar, dass Taubheit auch anders als durch eine Beeinträchtigung der Hörorgane bedingt sein kann. So bezeichnet „Zentrale Taubheit“ den Sachverhalt, dass die Hörorgane intakt und funktionsfähig sind, jedoch im Gehirn keine Verarbeitung der Höreindrücke erfolgt. In Bezug auf den Hörverlust wird Taubheit (lateinisch: Surditas) nach absoluter Taubheit für alle Schallreize und nach praktischer Taubheit mit Hörverlust für laute Umgangssprache bei noch vorhandener Wahrnehmung einzelner Töne und Geräusche (> 70 dB) unterschieden. Das physikalisch definierte Ausmaß der Gehörlosigkeit wird in der Regel mit einem audiometrischen Verfahren festgestellt, dessen Ergebnis das Audiogramm ist. Aus diesem lässt sich der Grad der Hörbehinderung feststellen.
Angeborene Taubheit kann entweder vorgeburtlich erworben sein (durch Röteln-Embryopathie, Rh-Inkompatibilität mit Kernikterus, Labyrinthitiskonnatale Syphilis) oder als isolierte erbliche Form (meist autosomal-rezessiv) sowie im Rahmen von Fehlbildungssyndromen (z. B. Alport-, Jervell-Lange-Nielsen-, Waardenburg-, Cockayne-, Pendred- u. Usher-Syndrom) auftreten. Eine von Geburt an vorliegende Beeinträchtigung des Gehörs wird häufig erst spät erkannt. Das Alter bei der Erkennung von Taubheit liegt im statistischen Durchschnitt bei etwas mehr als zwei Jahren. Man bemüht sich heute im deutschen Raum, ein so genanntes Hörscreening einzuführen. Bei diesem Verfahren wird das Neugeborene ein oder zwei Tage nach der Geburt in der Klinik mit einer Hörsonde auf seine Hörfähigkeit getestet, bei dem das Baby in der Regel schläft und nichts davon bemerkt. In Österreich wird dieses Neugeborenenscreening schon seit einigen Jahren fast flächendeckend durchgeführt. Diagnose und DifferentialdiagnoseDie Diagnose erfolgt durch spezielle Hörtests bzw. Hörscreenings. Es gibt eine Reihe von Störungen, von denen eine Gehörlosigkeit genau abzugrenzen ist, z. B.
Diese Störungen lassen sich z. B. durch weitere Merkmale (wie etwa Sozialverhalten, Kommunikation, Sprechen oder Nicht-Sprechen) von der Gehörlosigkeit differenzieren. Folgen und KomplikationenGehörlosigkeit beeinträchtigt Sozialkontakte, Bildungs- und Berufschancen sowie das alltägliche Leben ganz erheblich. Dementsprechend meinte Helen Keller, dass Blindheit "von den Dingen" trenne, Taubheit "aber von den Menschen". Auch die Sicherheit im Straßenverkehr kann beeinträchtigt sein, wenn Betroffene z. B. ein herannahendes Auto nicht hören. Die Behinderung kann möglicherweise zu Diskriminierung führen, da im deutschsprachigen Raum die Begriffe "taub" bzw. "schwerhörig" von manchen Menschen mit "dumm" gleichgesetzt werden. KulturEigene SpracheHauptartikel: Gebärdensprache Die spezifische Sprache der Gehörlosen ist traditionell die Gebärdensprache, die sich immer da entwickelte, wo zwei oder mehr taube Menschen sich trafen. Es ist anzunehmen, dass es Gebärdensprache bereits seit Bestehen der Menschheit überhaupt gab, möglicherweise auch als erstes Verständigungsmittel, ohne dass dies durch Taubheit begründet war. Gebärdensprachen sind vollwertige Sprachen, die in ihren Möglichkeiten gesprochenen Sprachen in nichts nachstehen. Sie besitzen eine eigene Grammatik, die sich den Raum zunutze macht. Die wichtigsten Elemente sind die bewegten Handzeichen (Gebärden), die Körperhaltung und -Bewegung, die Mimik und meist auch das Mundbild. In der hörenden Gesellschaft weit verbreitet ist die Annahme, es gäbe nur eine einzige universelle Gebärdensprache. Tatsächlich hat sich in jedem Land eine eigene Gebärdensprache in Anlehnung an die jeweils umgebende Kultur entwickelt. Die Entwicklung der landeseigenen Gebärdensprachen erfolgte jedoch immer unabhängig von den jeweiligen Lautsprachen, was zu interessanten Zusammenhängen führen kann. Obwohl in manchen Ländern die Lautsprache gleich und auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgeführt werden kann, muss dies nicht für die jeweiligen Gebärdensprachen gelten. So gibt es im deutschsprachigen Raum die Deutsche Gebärdensprache (DGS), die sogenannten Lautsprachbegleitenden Gebärden (LBG), die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) wie auch die Deutschschweizer Gebärdensprache (DSGS). Letztere zum Beispiel ist wiederum in fünf verschiedene Dialekten unterteilt (Zürcher, Berner, Luzerner, Basler und St. Galler Dialekt). Unter diesen kann es wiederum auch regionale Unterschiede geben. Im Graubünden zum Beispiel erkennt man Gebärden aus dem Zürcher wie auch aus dem St. Galler Dialekt. Die verbreitetste Gebärdensprache dürfte die American Sign Language (ASL) sein. Die Gebärdensprache wird vorrangig im Kontakt von Gehörlosen untereinander benutzt. Im Kontakt mit der Mehrheitsgesellschaft wird die Lautsprache benutzt, soweit dies individuell möglich ist. Gebärdensprachen werden daneben auch von Hörenden benutzt, z. B. von Verwandten und Freunden von Gehörlosen, Gebärdensprach-Dolmetschern, Pädagogen oder allgemein an Gebärdensprache interessierten Menschen. Zudem sind die Gebärdensprachen aufgrund ihrer Besonderheiten für Linguisten ein hochinteressantes Forschungsgebiet. Schulische Erfassung und BildungHauptartikel: Geschichte der Gehörlosen Im Gegensatz zur Spätertaubung im späten Jugend- oder Erwachsenenalter ist die „Gehörlosigkeit“ vor allem durch deren Bestehen von Kind auf gekennzeichnet. Damit gewinnt die Erziehung und schulische Bildung unter diesem Begleitaspekt eine besondere Bedeutung. Dies ist vor allem dadurch bedingt, dass die weltweit bestehenden regulären Schulsysteme ausnahmslos ihren Schwerpunkt in der mündlichen Vermittlung der Unterrichtsinhalte haben, in einer Form also, die tauben Kindern zunächst nicht zugänglich ist. Die besonderen Schulen, die sich der Erziehung tauber Kinder widmeten, gewannen damit eine weit über die bloße Bildung hinausgehende Bedeutung für die Gemeinschaft der Gehörlosen. Dies war auch dann der Fall, wenn sie aktuell oder im Nachhinein auf Grund ihrer Methoden als repressiv empfunden wurden. Die Schulen und vor allem die mit ihnen verbundenen Internate waren der Sammel- und Kristallisationspunkt für die Tauben. Fast die gesamte historisch erfassbare Geschichte der Gehörlosen ist praktisch identisch mit der Geschichte der Gehörlosenpädagogik. Bereits im 18. Jahrhundert bildeten sich zunächst zwei Ansätze von Unterrichtssystemen in Verbindung mit eigenen Sonderschulen heraus: das gebärdensprachlich orientierte System, und die lautsprachorientierte Methode, als deren jeweils erste Vertreter der französische Abbe de l'Epée und der Deutsche Samuel Heinicke angesehen werden. Um die Wirksamkeit und die Nützlichkeit dieser unterschiedlichen Ansätze entbrannte bereits früh ein Streit, der bis heute andauert, er ist als der „Methodenstreit“ zwischen der „deutschen“ bzw. „oralen“ Methode und der „französischen“, gebärdensprachlichen Methode bekannt geworden. Unabhängig davon wie die Sprecherziehung, ob nun in Gebärdensprache oder auditiv-verbal, vollgezogen wird, ist der Unterricht im Lesen und Schreiben ähnlich dem von normalhörenden Kindern. Nicht unüblich ist es, dass dies schon im Kindergartenalter stattfindet. Auf dem Mailänder Kongress von 1880 entschieden sich die damaligen führenden Pädagogen, alle tauben Kinder ausschließlich lautsprachlich zu schulen, Fortentwicklungen der Medizin und der Technik suggerierten die jeweils bald bevorstehende Heilbarkeit von Taubheit und wirkten zusätzlich fördernd für die „orale“ Methode. In den 1950-er Jahren wurde schließlich die so genannte auditiv-verbale Methode entwickelt, bei der taube Kinder nicht mehr nur artikulieren und Lippenablesen lernen, sondern – sofern Hörreste vorhanden waren – auch das Hören trainieren sollten. Die Auseinandersetzung hat sich an den Sonderschulen jetzt verlagert auf die Polarität zwischen rein lautsprachlich orientiertem Monolingualismus und dem Bilingualismus, der neben dem Gebrauch der Gebärdensprache für die parallele Lehre und Verwendung der Lautsprache plädiert. Die aktuellen Ansätze zur schulischen Bildung tauber Kinder sind mittlerweile sehr differenziert geworden. Im deutschsprachigen Raum war bisher die Beschulung in einer Sonderschule für Gehörlose oder – bei größerem Resthörvermögen – einer Schule für Schwerhörige der Standard. Um das Jahr 2000 herum standen in Deutschland für schätzungsweise 10.000 bis 20.000 taube oder hochgradig schwerhörige Schüler etwa 60 Sonderschulen zur Verfügung. Das Rheinisch-Westfälisches Berufskolleg für Hörgeschädigte in Essen ist die größte Sonderschule für Schwerhörige und Gehörlose in Deutschland und führt Bildungsgänge bis zur Fachhochschulreife und zur allgemeinen Hochschulreife. Die Schule wird von ca. 900 Schülerinnen und Schülern aus ganz Deutschland, zum Teil auch aus dem deutschsprachigen Ausland besucht. Die weltweit einzige Volluniversität speziell für Schwerhörige und Gehörlose ist die Gallaudet University in der Amerikanischen Hauptstadt Washington, die etwa 1700 Studenten hat und seit 1988 auch von Gehörlosen geleitet wird. Wegen der geringen Klassenfrequenzen lokaler Schulen bestimmten vor allem die schwächeren Kinder das Niveau an den Sonderschulen. Dies führte zunächst zu einer Abwanderung von den Gehörlosenschulen zu den Schwerhörigenschulen. Inzwischen hat sich, ausgehend von den körperbehinderten Kindern der Gedanke der [[Integration auch auf das Feld der Hörgeschädigten übertragen, mit der Folge eines Trends zur Abwanderung an die Regelschule. Begünstigt wird diese Diversifizierung in Deutschland auch davon, dass letztlich die Eltern bestimmen können, welche Schule ihr Kind besucht, und diese das in ihren Augen gegebene Optimum zu wählen versuchen. Bei den Schulbehörden in Deutschland wird verschiedentlich auch der Regelschulbesuch mit dem Argument der „Integration“ offensiv gefördert, wobei im Hintergrund jedoch oft die Erwartung der Kostendämmung durch Einsparungen von Sonderschul-Pädagogen und separaten Schulen steht. Der „integrative“ Schulbesuch an einer Regelschule hat keine einheitliche Fassung, es gibt neben dem sonderpädagogisch völlig unbegleiteten Regelschulbesuch noch den sonderpädagogisch und /oder von einer Gebärdensprachdolmetscherin begleiteten Schulbesuch, sowie sehr vereinzelt auch das Konzept der „umgekehrten“ Integration, bei der in eine Sonderschule nicht behinderte Kinder aufgenommen werden. Je weniger sonderpädagogische oder sprachliche Unterstützung bei einem „integrativen“ Regelschulbesuch erfolgt, umso mehr ist der Erfolg dieses Schulbesuchs von besonders hoch entwickelten Fähigkeiten und Talenten des Kindes abhängig. Unberücksichtigt bleibt bei der Diskussion der integrativen Beschulung in der Regel die „Gefühlslage“ des Kindes, das im Klassenverband der anderen Kinder mehr oder weniger eine Sonderstellung einnimmt, die zusätzlich zum Unterrichtsstoff auch psychisch verarbeitet werden muss. Freizeit-, Sport- und KulturvereineHauptartikel: Gehörlosenkultur Da taube Personen durch ihre Kommunikationsbehinderung in der Gesellschaft häufig isoliert sind, werden soziale Kontakte gern innerhalb von Gehörlosenkreisen gepflegt. Die über Jahrhunderte hinweg gepflegte Gemeinschaft mit gleichartig Betroffenen führte zumindest im außerberuflichen, privaten Bereich zur Entwicklung einer eigenen Kultur. Leben bei den Gehörlosen Zur speziellen Kultur der Gehörlosen gehört neben der Gebärdensprache beispielsweise, dass es in sämtlichen größeren Städten einen Verein und einen festen Treffpunkt, oft „Clubheim“ genannt, gibt. Stark entwickelt ist zudem der Gehörlosensport. So werden weltweit die Deaflympics jeweils ein Jahr nach den Olympischen Spielen veranstaltet. Auch in den „schönen Künsten“ haben sich eigene Strukturen gebildet, so z. B. mit dem Gehörlosentheater, Gebärdensprachchören und den Kulturtagen der Gehörlosen. Wichtiger Bestandteil der Gehörlosen-Kultur sind auch deren meist hörende Kinder, die der Gemeinschaft oft lebenslang verbunden bleiben und auch ihre eigenen Vereinigungen haben. Sie sind international unter dem Akronym CODA – Children of Deaf Adults – bekannt. Gehörlose, die in der Gehörlosen- und Gebärdensprachgemeinschaft leben, lehnen medizinische und juristische Definitionen von Gehörlosigkeit ab, nach denen sie unvollständig, reparaturbedürftig und behindert sind. Nach ihrem Selbstverständnis handelt es sich bei der Gehörlosengemeinschaft um eine sprachliche und kulturelle Minderheit. InteressenvertretungenAls politische, soziale und kulturelle Interessenvertretung der Gehörlosen im deutschsprachigen Raum betrachten sich der Deutsche Gehörlosen-Bund, der Österreichische Gehörlosen Bund (ÖGLB), der Schweizerische Gehörlosenbund (SGB) und der Weltverband der Gehörlosen WFD. Als politische und soziale – jedoch nicht kulturelle – Interessenvertretung im deutschsprachigen Raum für lautsprachlich kommunizierende Hörgeschädigte betrachten sich Lautsprachlich Kommunizierende Hörgeschädigte Deutschland (LKHD e. V.) und Lautsprachlich Kommunizierende Hörgeschädigte Schweiz (LKH Schweiz) Kommunikation mit LautspracheHauptartikel: Hörgerät, Cochleaimplantat (CI) und Hirnstamm-Implantat (ABI) Zum Verstehen lautsprachlicher Informationen sind gehörlose Personen auf das Lippenlesen und auf technische Hilfsmittel angewiesen. Sowohl visuell von den Lippenstellungen wahrnehmbare Sprechtöne als auch die eventuell mit Hilfsmitteln gehörten Töne sind für sie nur bruchstückhaft wahrnehmbar. Die übermittelte Information muss daher teilweise „erraten“ werden, wobei Hinweise aus dem Kontext der Umgebung und aus vorhergehenden Sätzen herangezogen werden. Bei größerem Umfang oder je nach Komplexität – z. B. in einem Vortrag – ist das sehr anstrengend bis gar unmöglich. Vielfach wird bei nicht direkt therapierbarer Taubheit als medizinische Maßnahme eine technische Hörhilfe verschrieben bzw. angewendet. Technische Hörhilfen sind das Hörgerät sowie die chirurgisch eingesetzten Cochlea- (CI) und Hirnstamm-Implantate (Auditory Brainstem Implant, ABI). Der Erfolg dieser technischen Hilfsmittel ist individuell sehr unterschiedlich. Bei hochgradiger Schwerhörigkeit oder Taubheit können die derzeit bekannten Hörhilfen nicht den Umfang und die Differenzierung von Tönen und Geräuschen vermitteln, wie sie ein Mensch mit normalem Hörvermögen hat. Das führt dazu, dass Hörhilfen allein zwar ein Hörerlebnis vermitteln, jedoch meist nicht ausreichen, um damit unmittelbar die Lautsprache zu verstehen. Dazu muss der Hörhilfen-Einsatz in der Regel von einem speziellen Training begleitet werden. Das taube Kind ist daher nicht nur auf technische Hilfsmittel, sondern auch auf eine spezielle Hör- und Sprecherziehung angewiesen, mit der – je nach Begabung und Übung – die Lautsprache erlernt werden kann. Für die eigene Sprech-Schulung ist die auditive Rückkopplung oft nicht genügend nuanciert und die komplexe Kontrolle des Sprechapparates ist schwierig Dank besserer Förderungsmöglichkeiten gelingt es immer mehr Gehörlosen, die Lautsprache soweit zu beherrschen, dass ein dauerhafter sozialer Kontakt mit der Mehrheitsgesellschaft entsteht. Dazu gründen diese sog. „Lautsprachlich kommunizierenden Hörgeschädigten“ auch eigene Vereine mit vereinsinternen Aktivitäten. Siehe auch
Selbsthilfeorganisationen
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