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Furchtappell



  Furchtappelle sollen Veränderung von Einstellungen oder Verhalten erreichen. Derartige Appelle gehören zur Teilgruppe der emotionalen Appelle. Sie sind eine Form der Überredung. Furchtappelle werden heute unter anderem in der Werbung und Prävention angewandt.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Unter Furchtappellen werden persuasive Botschaften verstanden, welche dem Empfänger mitteilen, dass für ihn relevante Werte (wie Leben, Gesundheit, Eigentum etc.) bedroht sind. Furchtappelle bestehen aus verbalem oder nonverbalem Material, welche beim Empfänger Furcht auslösen und hierdurch Einstellungs- oder Verhaltensänderungen bewirken sollen.[1]

Furchtappelle definierte Carl I. Hovland, der auch die Yale-Studien durchführte, bereits 1964 als Inhalt beeinflussender Kommunikation, der auf ungünstige Konsequenzen, welche sich aus der Nichtbefolgung der vom Kommunikator erteilten Ratschläge ergeben, anspielt oder sie beschreibt.[2]

Wirkung von Furchtappellen

Furchtappelle

  • enthalten Botschaften über schädliche Konsequenzen von Verhalten
  • empfehlen Einstellungs- oder Verhaltensänderungen, um bestimmte Dinge zu tun oder zu unterlassen
  • sollen den Empfänger animieren die Appellbotschaft umzusetzen, damit die Furcht minimiert wird

Die Wirkung der Appellbotschaft ist unter anderem abhängig von

  • der konkreten Bedrohung oder Gefahr
  • der Art und Weise der Botschaft, Stärke des Furchtappells
  • der Auftretenswahrscheinlichkeit des Ereignisses
  • situativen Faktoren
  • dem Empfänger (Persönlichkeitseigenschaften, Realisierbarkeit einer effektiven Schutzmaßnahme)

Theorien zur Wirkungsweise von Furchtappellen

Es gibt einige Modelle, die die Wirkungsweise von Furchtappellen erklären.

Die Triebtheorien (z. B. Freud, Hovland, Janis, McGuire) umfassen eine Reihe von Theorien. Gemeinsame Auffassung der Theorien ist, dass der Mensch wesentlich von einer mehr oder weniger großen Anzahl endogener Triebe bzw. Grundbedürfnisse gesteuert werde.

Das von H. Leventhal entwickelte Modell der parallelen Reaktionen (1970) unterschied zwischen dem Prozess der Furchtkontrolle und der Gefahrenkontrolle. Von Bedeutung sind nach der Auffassung von Leventhal auch Persönlichkeitsmerkmale des Botschaftsempfängers und situative Merkmale.

R. W. Rogers ursprüngliche Theorie der Schutzmotivation (1975) ging von drei Variablen zur Spezifizierung der Charakteristika von Furchtappellen aus. Zunächst von der Stärke der konkreten Bedrohung oder Gefahr, der Auftretenswahrscheinlichkeit des Ereignisses und des Vorhandenseins einer effektiven Schutzmaßnahme (Empfehlung zur Abwendung des Schadens). Die Verknüpfung der drei Variablen bildet das zentrale Konstrukt der Theorie. In der 1983 ergänzten Theorie fügte Rogers die Variable der Bewertung des Bewältigungsverhaltens hinzu.

Das Elaboration Likelihood Model von Richard Petty und John T. Cacioppo (1986) beschreibt die Auswirkungen einer persuasiven Mitteilung auf den Empfänger hinsichtlich seiner Einstellung gegenüber dem Thema der Mitteilung.

Furchtappellforschung

Die Wirkung von Furchtappellen wird in der Psychologie und den Sozialwissenschaften kritisch hinterfragt und erforscht. In Metaanalysen wurden kurzfristige Effekte durch Furchtappelle nachgewiesen. Die Furchtappellforschung konnte den Nachweis einer dauerhaften bzw. lang anhaltenden Wirkung von Furchtappellen noch nicht erbringen. Es gibt deshalb auch keine verbindlichen Ratschläge für den Einsatz von Furchtappellen, weil viele Variablen wie Stärke des Furchtappells, Persönlichkeitseigenschaften, Art und Weise der Botschaft und situative Faktoren bestimmen, ob ein Furchtappell wirksam ist. Die Forschung hat jedoch festgestellt, dass Furchtappelle, die große Folgen (Aids usw.) aufzeigen, stärker wirken. Unglaubwürdige Botschaften bzw. sehr starke Furchtappelle führen beim Empfänger zu negativen Effekten.

Beispiel Fahrerverhalten

Aufklärungs- und Werbekampagnen, die das Ziel haben, Autofahrer zu einem sicherheitsbewusstem Fahrstil zu bewegen, bedienen sich in den letzten Jahren zunehmend der „Schock-Strategie“. In teilweise sehr expliziten Bildern werden die Folgen z.B. des Alkoholkonsums oder des Rasens gezeigt, in der Hoffnung, dass dies die Zielgruppe (meist junge Männer) zu einer Verhaltensänderung motiviert. Eine Auswertung der Forschungen [3] kommt zu dem Ergebnis, dass sich der erwünschte Effekt kaum einstellen dürfte. Gerade junge Männer werden von solchen Bildern nicht beeinflusst (eher noch Frauen). Insbesondere bleiben die Kampagnen wirkungslos, wenn die Angesprochenen nicht zugleich über Möglichkeiten informiert werden, wie sie die dargestellte Gefahr vermeiden können (also erwünschtes Fahrerverhalten modelliert wird). Viele Fahrer meinen auch, die dargestellte Gefahr betreffe sie nicht, so dass nicht eine immer schockierendere Darstellung nötig ist (die ohnehin nur in einer Abstumpfung der Angesprochenen resultiert), sondern ein Ansatz, der den Fahrern verdeutlicht, dass gerade für sie das Risiko hoch ist.

Siehe auch

  • Akrasia
  • Kommunikation
  • Kommunikation (Psychologie)
  • Sprechakttheorie
  • Zwischenmenschliche Kommunikation
  • Fear, Uncertainty and Doubt

Einzelnachweise

  1. Prävention durch Angst (BZgA), Barth und Bengel, 1998, S. 51
  2. Uni Bern, Diana Zwahlen, Wirkung von Furchtappellen in Werbebotschaften S. 3, (PDF)
  3. I. Lewis, B. Watson, R. Tay, K.M. White: „The role of fear appeals in improving driver safety. A review of the effectiveness of fear-arousing (threat) appeals in road safety advertising“. In: International Journal of Behavioral and Consultation Therapy. Bd. 3, Nr. 2, , 2007, S. 203–222 (PDF der Zeitschrift; 2,79 MB).

Literatur

  • Klaus Jonas: Der Wert-Erwartungs-Ansatz in der Furchtappellforschung, Dissertation an der Eberhard-Karls-Universität, Tübingen, Druckerei Bölk (1987)
  • Hans-Bernd Brosius, Andreas Fahr: Werbewirkung im Fernsehen. Kapitel 8: Wirkungen von Furchtappellen, S. 188-227, Verlag Reinhard Fischer, München (1996)
  • Jürgen Bengel, Jürgen Barth: Warnhinweise bei Alkohol und Zigaretten – Rezeption und Verarbeitung. Zeitschrift für medizinische Psychologie, 6. 5-14. (1997)
  • Jürgen Bengel, Jürgen Barth: Prävention durch Angst? (Stand der Furchtappellforschung), Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Forschung und Praxis in der Gesundheitsförderung, Band 4, Köln (1998), ISBN 3-9805282-8-6
  • Jürgen Barth: Tabakprävention durch Angst - Die Wirkung furchtinduzierender Medien bei Jugendlichen, Waxmann Verlag (2000), ISBN 978-3-89325-885-7
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Furchtappell aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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