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Flügel (Insekt)Die Beschäftigung mit dem Insektenflügel gehört zu den zentralen Themen der Entomologie, der Lehre von den Insekten. Das Verständnis seiner Entstehung und seiner Formenvielfalt stellt eine große Herausforderung für viele biologische Teildisziplinen dar. Für die Benennung der Adern, Zellen und Felder des Flügels existieren verschiedene Benennungssysteme. Seine Evolution ist weitgehend ungeklärt und auch bezüglich der Entwicklung während der Ontogenese (Individualentwicklung) sind noch viele Fragen unbeantwortet. Bereits im frühen Oberkarbon und damit mehr als 100 Millionen Jahre vor den Flugsauriern, den ersten flugfähigen Landwirbeltieren, die mit zu Flügeln umgebildeten Gliedmaßen zu fliegen vermochten, entwickelten die Insekten Flügel aus Ausstülpungen der Haut. Die Entwicklung der Flugfähigkeit ermöglichte die Eroberung neuer Lebensräume und eröffnet in Folge davon eine breite Palette bislang ungenutzter Möglichkeiten. Mit der Wahrnehmung sich bildender ökologischer Nischen können die Flügel auch neue Aufgaben übernehmen. Es ist auf die Flügel zurückzuführen, dass die Insekten die erfolgreichste Tiergruppe auf der Erde sind.
Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
EvolutionTheorien zur EntstehungAus dem Devon (vor 400 Millionen Jahren) sind lediglich Fossilien flügelloser Urinsekten, aus dem Karbon (vor 320 Millionen Jahren) bereits Insekten aus mehr als 10 verschiedenen Gattungen mit voll funktionsfähigen Flügeln bekannt. Aus der Zeit dazwischen fehlen Funde, an denen Übergangsformen zum funktionierenden Flügel erkennbar wären. So sind die Annahmen über den Verlauf der Evolution der Flügel weitgehend hypothetisch. Die Theorien, aus welchem Teil der Segmente der Brust sich die Flügel entwickelt haben, lassen sich in drei Gruppen gliedern:
Heute werden hauptsächlich zwei Theorien diskutiert.
Unabhängig davon, ob die Flügel aus Anhängen der Beine oder Ausstülpungen der Brust entstanden sind, bleibt die Frage ungeklärt, weshalb sich diese Flügelvorläufer zum funktionsfähigen Flügel weiterentwickelt haben. Es müssen Gründe angegeben werden, weshalb es einen Selektionsvorteil bedeutete, dass anfängliche Flügelstummel sich so vergrößerten, dass der Funktionswechsel vom flugunfähigen Fortsatz zum flugfähigen Organ möglich war. Hierfür existieren mehrere plausible Hypothesen, die hier zusammenfassend aufgeführt werden.
Zur Abwägung dieser Hypothesen müsste zumindest etwas über die fragliche Insektengruppe, bei der die Entwicklung der Flügel einsetzte, bekannt sein. Je nachdem, ob es sich um ein Wasser- oder Landtiere gehandelt hat, wird die eine oder andere Hypothese plausibler, je nach Größe haben die aerodynamischen Überlegungen mehr Gewicht, je nach Lebensweise und Fortpflanzungsbiologie müssen die Hypothesen verschieden bewertet werden. Fossile Funde der Gattungen Stenodictya aus dem Karbon und Lemmatophora aus dem Perm (vor 270 Millionen Jahren) zeigen neben einfachen Flügeln am mittleren und hinteren Brustabschnitt flügelstummelähnliche seitlich abstehende Auswüchse am ersten Brustsegment. Diese früher als reduziertes drittes Flügelpaar angesehenen Stummel finden heute mit mehreren der oben genannten Hypothesen eine weit schlüssigere Erklärung (Bild bei Weblinks). In allen Fällen ist eine schnelle Zunahme der Flügelgröße und -beweglichkeit zu erwarten. Genügend große Auswüchse würden die Möglichkeit des Gleitfluges und der Verdriftung durch Wind ermöglichen und somit den Funktionswechsel zu Fortbewegungsorganen einleiten. [1][2][3][4][5][6][7] Paläontologische BefundeObwohl eindeutige Zwischenstufen von geflügelten und ungeflügelten Insekten bislang nicht gefunden wurden, was von Gegnern der Evolutionstheorie immer wieder betont wird, lässt sich innerhalb der geflügelten Insekten eine Entwicklung durch Fossilien belegen. Das älteste bisher gefundene geflügelte Insekt ist etwa 324 Millionen Jahre alt benannt nach seinem Fundort im sachsen-anhaltinischen Bitterfeld/Delitzsch Delitzschala bitterfeldensis (Bild bei Weblinks). Außerdem befindet sich in Deutschland bei Hagen-Vorhalle (Westfalen) ein Fundort für fossile Insekten. Fundstätten sind über die ganze Welt verteilt, ein Hinweis auf eine Serie von acht Weltkarten aus acht Erdzeitaltern mit der Lage von Funden aus diesen Zeiten befindet sich Absatz Weblinks. Angesichts der grundsätzlichen Schwierigkeiten der Fossilisation so zerbrechlicher Lebewesen in alten Gesteinsschichten ist jedoch zu erwarten, dass viele Funde einen Interpretationsspielraum zulassen. Eine weitere grundsätzliche Schwierigkeit besteht darin, dass eine fossil belegte Neuerung in der davor liegenden Zeit entwickelt worden sein muss. So werden die Funde ergänzt durch zeitliche Abschätzungen mit der molekularen Uhr. Nach diesen liegt das Auftreten der ersten Fluginsekten im Devon vor ca. 390 Millionen Jahren. Die Aufspaltung in Palaeoptera und Neoptera wird im mittleren Devon vermutet.
Die Neoptera (Neuflügler) umfassen alle heutigen Insektenordnungen mit Flügeln außer den Eintagsfliegen und Libellen sowie die Insektenordnungen, bei denen die Flügel wieder zurückgebildet wurden. Sie besitzen einen einheitlichen Mechanismus, die Flügel nach hinten umzulegen, weshalb ein gemeinsamer Vorfahre angenommen wird (monophyletische Entstehung). Eine Radiation der Neoptera erfolgte vermutlich im oberen Karbon, da im Perm bereits die Mehrheit der heutigen Ordnungen erkennbar ist. Lediglich hochspezialisierte Insektenordnungen traten erst später auf. So sind zum Beispiel die Flöhe mit rückgebildeten Flügeln erst in der unteren Kreidezeit nachzuweisen. Bei den Palaeoptera (Altflüglern, nach anderen Autoren Palaeopteroidea) mit etwa sieben Ordnungen, von denen fünf ausgestorben sind, sind die systematischen Zusammenhänge noch unklar. Bezüglich der Flügel sind drei Gruppen von Interesse.
Im Gegensatz zum Umklappmechanismus der Flügel bei den Diaphanoptera ermöglichte der Klappungstyp der Neoptera eine solche Beweglichkeit gewisser Flügeladern gegeneinander, dass in der Ruhestellung eine Längsfaltung der Flügel möglich wird. Sie bezieht sich in der Regel nur auf die Hinterflügel, lediglich bei den Hautflüglern auch auf die Vorderflügel (Bild 1.2 und 1.3). Es lässt sich beweisen, dass Faltungen gewissen Grundgesetzmäßigkeiten folgen müssen. Deswegen sind diese auch bei allen Ordnungen, bei denen Flügelfaltung auftritt, verwirklicht. Der intuitive Schluss, dass die ähnliche Konstruktion auf einem gemeinsamen Vorfahren zurückzuführen ist, ist also nicht berechtigt. Vielmehr legen die paläontologischen Funde nahe, dass die Faltungsmechanismen innerhalb der Ordnungen unabhängig voneinander erfunden wurden. Die Längsfaltung ist älter und kommt in acht rezenten Ordnungen vor. Die später auftretende Querfaltung (Bild 3.3 und 3.4) findet man in vier rezenten Ordnungen, wo sie vermutlich unabhängig voneinander entwickelt wurde. Der dritte Faltungstyp, der entsprechend einem Fächer arbeitet, kommt in sechs rezenten Ordnungen vor und ist ebenfalls auf keinen gemeinsamen Vorfahr zurückzuführen. Der Umfang an fossilen Funden reicht bei weitem noch nicht aus, die offenen Fragen bezüglich der Entwicklung des Insektenflügels mit einer abgeschlossenen und allgemein akzeptierten Theorie zu beantworten. Sie liefern jedoch Material für interessante Spekulationen. Eine wichtige Hypothese besagt, dass der widersprüchliche Selektionsdruck auf die einerseits für die Larven sperrigen Flügel andrerseits für das Flugvermögen wichtige Größe der Flügel auf zwei Arten beantwortet wurde. In einer Gruppe wurde die Flügelentwicklung auf das letzte Stadium vor der Imago reduziert, was letztendlich zur Entwicklung der vollständigen Metamorphose führte. Als Alternative wurden während der Larvalstadien die Flügel aerodynamisch nach hinten gelegt und verloren dabei ihre ursprüngliche Beweglichkeit, die sie erst bei der letzten Häutung wiedergewinnen, wie es heute bei der unvollständigen Verwandlung beobachtet werden kann. Mit den Flügeln könnte man also die Aufspaltung der Insekten in Holometabole und Hemimetabole erklären. Eine Zusammenfassung der Fossilgeschichte der einzelnen Insektengruppen findet sich bei Rasnitsyn und Quicke[8].[2][9][10][11][7][12][13] FlügelbauAllgemeinInsekten besitzen im Prinzip vier Flügel, je ein Paar am mittleren und hinteren Brustsegment. Es gibt vielfältige Abweichungen, die in der Regel definierend für die systematische Einteilung sind und auf die weiter unten in Form einer Tabelle eingegangen wird. Es muss aber schon an dieser Stelle betont werden, dass auch innerhalb einer Ordnung, manchmal sogar innerhalb einer Art oder bei den Geschlechtern große Unterschiede auftreten können. Zum Beispiel kommen bei manchen Heuschreckenarten alle Übergänge von normaler Vierflüglichkeit bis zur Flügellosigkeit vor, bei den Glühwürmchen besitzen nur die Männchen Flügel usw. Die folgende Absätze beschreiben daher nur den grundsätzlichen Flügelbau. Die Hautflügel der Insekten bestehen aus einer doppelten Schicht Kutikula, die direkt in die Kutikula des Thorax übergeht. Diese Doppelschicht kann unabhängig voneinander in Dicke (mehr Chitin) und Härte (mehr Sklerotin) differieren. Die eigentliche Membran ist sehr dünn (nur etwa ein Mikrometer), und in einigen Bereichen, oft in Linienform wenig gehärtet, was einerseits die Beweglichkeit der Gelenkhäute bei der Einlenkung in den Thorax ermöglicht, zum anderen aerodynamisch wichtige Verformungen während des Fluges und die Faltung bei Ruhestellung erlaubt. Es existieren jedoch auch Membranbereiche in Form dünner gehärteter Platten, die sich zwar biegen lassen aber sich nicht verziehen können. Die Versteifung der häutigen Abschnitte und der Platten gegeneinander erfolgt durch die sklerotisierten Flügeladern. Sie sind bis zu 100 Mikrometer dick, können aber abschnittsweise in vordefinierten Richtungen und in beschränktem Maße biegbar sein. Sie sind größtenteils hohl und werden nach der Häutung mit Hämolymphe aufgepumpt, wobei sich die Flügel entfalten. Anschließend härten sie an der Luft aus und sind in der Regel durch dunklere Pigmentierung erkennbar. Die Nerven und Tracheen der Flügel, sofern vorhanden, verlaufen in den Adern. Eine Muskulatur existiert nicht.
Aderung und ZellenEin charakteristisches Merkmal der Flügel ist ihre Aderung. Anhand dieser können einzelne Arten und Gattungen unterschieden oder gar Familien und Ordnungen festgemacht werden. Bei einigen Arten unterscheidet sich die Aderung bereits auf Artebene.
Zur Beschreibung der Aderung gibt es verschiedene Benennungssysteme. Sie bezeichnen die Adern und die dadurch entstandenen Flügelareale. Die Benennungssysteme haben dabei zwei z. T. widersprüchliche Ziele. Einerseits wäre ein Benennungssystem wünschenswert, in dem sich das ursprüngliche Adersystem widerspiegelt, so dass sich die heute auftretenden Aderungstypen als Spezialisierungen ableiten lassen. Die Ableitung der heutigen Aderungstypen von einer Urform hätte eine hohe systematische Bedeutung, ist aber bislang ungeklärt. Auf der anderen Seite stehen praktisch orientierte Benennungssysteme, mit denen die innerhalb einer systematischen Gruppe auftretende Aderungsbreite einfach und eindeutig beschrieben werden kann. So gibt es in manchen Insektengruppen sogenannte Falsche Adern, die lediglich das Aussehen, nicht aber den Bau der Ader haben und deswegen in einem ursprünglichen System nicht vorgesehen werden können. Eines der ersten und vermutlich auch das verbreitetste Modell einer systematischen Benennung der Aderung ist das 1898 entstandene Comstock-Needham System. Es stellte ein wichtiges Mittel dar, um die Homologie der Insektenflügel zu zeigen. Das System sieht für die sechs großen Longitudinaladern im Flügel, beginnend an der Vorderkante, folgende Namen vor:
Im Falle von Aufspaltungen der Adern werden ihre Namen noch mit Zahlen indiziert. Die Unterschiede in der Bezeichnung der Adern in anderen Benennungssystemen beziehen sich häufig nur auf den hinteren Teil der Flügel. So nennt Snodgrass beispielsweise die erste Analader Postcubitus (PCu) anstatt A1 und beginnt dann ab der zweiten Analader diese als Vannaladern zu nummerieren.
Auch die durch die einzelnen Adern abgegrenzten Bereiche, die sogenannten Zellen, werden benannt. Eine Zelle heißt geschlossen, wenn sie auf allen Seiten durch Adern begrenzt ist, und offen, wenn eine Seite an den Flügelrand reicht. Dabei leitet sich der Name der Zelle nach Comstock-Needham von der davorliegenden Ader ab. So wird beispielsweise die Zelle zwischen Sc2 und R1 als Sc2 bezeichnet. Im Falle der Aufspaltung der Adern sehen die verschiedenen Systeme natürlich weiter differenzierte Namen vor. Für das Comstock-Needham-System ist die Benennung in der Graphik rechts dargestellt. Um Besonderheiten im Flügelbau bestimmter Ordnungen besser beschreiben zu können, wurden weitere Benennungssysteme geschaffen. So gibt es beispielsweise für Libellen noch über fünf weitere Benennungssysteme die parallel zu dem von Comstock-Needham genutzt werden.[9] Stammesgeschichtlich kann man eine Differenzierung des Aderbaus und eine Reduzierung der Anzahl der Adern und damit der Zellen feststellen. Eine reduzierte Aderung muss jedoch nicht bedeuten, dass die Insektengruppe stammesgeschichtlich jünger ist, sondern die Anzahl der vorhandenen Adern hängt auch von der Größe der Insekten ab. Die Bilder 2.1, 2.2 und 2.3 zeigen die Aderung verschiedener Dipteren. Bei der knapp einen Zentimeter großen Trichoceridae sind fast alle Längsadern vorhanden, allerdings gibt es nur noch zwei Analadern und die Queradern sind stark reduziert. Die durchschnittlich kleineren Longopteriden (ca. vier Millimeter) haben weniger Adern, und bei den ein bis zwei Millimeter großen Phoridae ist die Aderung noch stärker reduziert. Das gleiche Phänomen ist bei den Hymenopterenflügeln in den Bildern 2.4, 2.5 und 2.6 zu beobachten. Die Ichneumoniden besitzen nur noch vier radiäre Adern, bei den kleineren Braconiden ist die Aderung deutlich reduziert und bei den Chalcidoidea, zu denen die kleinsten geflügelten Insekten gehören, ist die Aderung extrem reduziert.[14] Felder
Leider ist die Bezeichnung der verschiedenen Flügelareale ebenfalls nicht einheitlich. In der Tradition von Commstock-Needham wird der Flügel in Felder unterteilt, die durch die Längsadern begrenzt werden. Dabei benennt man die Felder im Allgemeinen nach der Ader, die das Feld nach vorn begrenzt. Das Costalfeld liegt hinter der Costa, das Subcostalfeld hinter der Subcosta, das Medialfeld hinter der Media. Das Praecostalfeld dagegen liegt vor der Costa, das Analfeld wird nach vorn nicht durch eine Ader, sondern durch die Analfalte begrenzt, und das Pterostigma wird ebenfalls häufig als Flügelfeld bezeichnet, obwohl es Teil des Costalfeldes ist. Auch hier dienen die gängigen Bezeichnungen in erster Linie dazu, innerhalb einer Insektengruppe über brauchbare Beschreibungsmöglichkeiten zu verfügen. Im einfachsten Fall, z.B. bei den Phasmiden, unterscheidet man nur ein Costal- und ein Analfeld. Im Zusammenhang mit der Frage der Evolution der Insektenflügel sind jedoch die Faltungslinien (entlang derer der Flügel in der Ruhestellung gefaltet wird) und die Flexionslinien (entlang deren sich die Flügel beim Flug biegen) für die Begrenzung der Flügelfelder wichtig geworden (Wooton 1979, Bild 2.7). Die wichtigsten Faltungslinien sind die Jugalfalte (Plica jugalis, hinter der dritten Analfalte) und die Clavalfalte (Plica clavalis, liegt dem Postcubitus an). Sie teilen den Flügel in drei Felder. Vor der Clavalfalte liegt das Remigium, das dem Costalfeld entspricht. Dahinter zwischen Claval- und Jugalfalte liegt der Clavus, und hinter der Jugalfalte das Jugum. Bei Hinterflügeln findet man zwischen Jugal- und Clavalfalte gelegentlich eine oder weitere Faltungslinien, die Vannalfalten. In diesem Fall wird der Bereich zwischen Claval- und Jugalfalte, in dem die Vannalfalten liegen, nicht als Clavus, sondern als Vannus bezeichnet, sodass sich die Felder Remigium, Vannus und Jugum ergeben. .[15][2] GelenkeAn der Basis des Flügels laufen alle Längsadern zusammen und sind dort entweder direkt oder mittels Syndesen mit den Skleriten des Rückens verbunden. Die Sklerite werden auch Axillaria genannt. Für die einzelnen Sklerite haben sich folgende Namen eingebürgert. Der an die Costa anschließende Sklerit wird Humeralsklerit genannt, die danach folgenden die Pterale 1 bis 3 die in dieser Reihenfolge zu Subcosta, Radius und Anales gehören. Bei einigen Arten kommt auch noch ein mit keiner Ader verbundenes Pterale 4 vor. Diese Sklerite bilden zusammen das sekundäre Flügelgelenk. Das primäre oder pleurale Flügelgelenk bildet sich auf der Flügelunterseite durch das Pteral 2 und dem Fulcrum die über eine Membran verbunden sind. Das Pteral 3 ist dafür verantwortlich das die Flügel angelegt werden können.[15] Flügelbau und SystematikSchon Aristoteles benannte Gruppen von Insekten nach dem Bau ihrer Flügel. Heute werden fast alle Insektenordnungen mit der Endung -ptera (gr. πτερόν = Flügel, bei Insekten im Sinne von häutigem Flügel) gebildet. Stark vereinfachend kann man sagen, dass der Flügelbau die Insektenordnungen definiert, ihre Aderung die Familien. Bei höheren systematischen Einheiten wird häufig -idea (εἶδος Art, -artig) angehängt, so dass sich die Endung -pteroidea ergibt. Außerdem werden auch Gruppen von Fluginsekten, bei denen kein engerer verwandtschaftlicher Zusammenhang gegeben ist oder dieser umstritten ist mit Wörtern belegt, in denen der Wortteil -ptera vorkommt. Die erste Wortteil weist auf eine Eigenheit der Flügel hin, die die Gruppe charakterisiert. Die folgende Tabelle ist nach den wissenschaftlichen Ausdrücken alphabetisch geordnet, so dass sie als Glossar benutzt werden kann.
Bemerkungen
Flügelhaltung in RuheDie Flügelhaltung der Insekten in Ruhe ist gewöhnlich für jede Art festgelegt und umfasst viele Möglichkeiten. Sie hat jedoch nur sehr beschränkt systematischen Wert. Da die rezenten Palaeoptera die Flügel nicht nach hinten klappen können, ruhen die Großlibellen mit seitlich abgespreizten Flügeln, die Kleinlibellen und die Eintagsfliegen mit aneinanderliegend aufgestellten Flügeln. Diese Ruhestellung finden wir aber auch bei den zu den Neoptera gehörenden Tagschmetterlingen. Die Zikaden ruhen mit dachförmig aneinandergelegten Flügeln, was sie von den nahe verwandten Wanzen unterscheidet. Ebenso lassen sich die Köcherfliegen durch die dachförmig aneinander gelegten Flügel von den sehr ähnlich aussehenden Kleinschmetterlingen unterscheiden. Bei den zu den Dipteren gehörenden Schmetterlingsfliegen gibt es jedoch ebenfalls Arten, die mit dachförmig aneinandergelegten Flügeln ruhen. Steinfliegen rollen die Flügel in Ruhestellung der Länge nach um den Hinterleib. Ähnliches finden wir auch für einige Käfer, die die Hinterflügel nicht falten. Dies gilt als primitives Merkmal. OntogeneseIm Überschneidungsbereich der Fragen zur Ontogenese und zum Insektenflügel geht es darum, zu erforschen, ab welchem Zeitpunkt festgelegt ist, aus welcher Bereich des jungen Lebenwesens bei normaler Entwicklung der Flügel entsteht und inwieweit dieser Bereich bei manipulierten Entwicklungen noch umprogrammierbar ist oder seinerseits umprogrammiert.
Die sogenannten homöotischen Gene, die direkt oder indirekt die Entwicklung steuern, sind nicht nur bei allen Insekten, sondern im gesamten Tierreich sehr ähnlich. Bei den Insekten werden bei der Eibildung und Eiablage durch die Mutter am Vorder- und Hinterende des Eies sowie dorsal wenige typische Proteine oder RNA dieser Gengruppe lokalisiert. Letztere verursachen während der ersten Zellkernteilungen die Produktion entsprechender Proteine. Die Proteine bilden durch Diffusion innerhalb des befruchteten Eies Konzentrationsgradienten, die in ihrem Zusammenspiel als Transkriptionsfaktoren eine Kaskade von Genexpressionsmustern anstoßen, die im Endeffekt zu einer Selbstregulierung der zunehmenden Differenzierung während der weiteren Entwicklung führen. Zumindest bei Drosophila ist bekannt, dass im Überlappungsgebiet des vom bereits am Ei festgelegten Vorderendes diffundierenden Bicoid-Proteins und des vom Hinterende her diffundierenden Nanos-Proteins der zukünftige Brustabschnitt und somit die Flügel entstehen. Die Insektengruppen unterscheiden sich erheblich bezüglich des Dotterreichtums der Eier, Wanderung der Zellkerne nach den ersten Zellkernteilungen, Form und Bewegungen des Keimstreifens, Vorhandensein der Embryonalhüllen usw. Hier wird nur der typische Fall beschrieben und lediglich auf die wichtigsten Unterschiede im Zusammenhang mit den Flügeln eingegangen. Insekteneier sind dotterreich, der Dotteranteil ist bei Exopterygoten durchschnittlich höher als bei Endopterygoten. Nach den ersten Zellkernteilungen ordnen sich die Zellkerne nahe der Oberfläche des Eies an und von außen beginnend bilden sich Zellwände. Dieser erste Entwicklungsabschnitt endet damit, dass das Ei von einer einlagigen Zellschicht umgeben ist. Auf dieser zeichnet sich nun der Keimstreifen ab, aus dem sich der Embryo entwickelt. Während sich der Keimstreifen streckt, wird auf ihm äußerlich eine Segmentierung und die Anlage paariger Extremitätenknospen erkennbar. Aus diesen entstehen später Mundwerkzeuge, Beine und in manchen Gruppen Hinterleibsextremitäten; sie können aber auch zurückgebildet werden oder im embryonalen Stadium fixiert bleiben. In den folgenden Entwicklungsschritten bilden sich die Embryonalhüllen und der Keimstreifen umwächst die Dottermasse und schließt sich auf dem Rücken. Die Organsysteme bilden sich aus und die Extremitäten nehmen ihrer larvale Form an. Das Ektoderm wandelt sich zur Epidermis um, die kurz vor dem Schlüpfen larvale Kutikula absondert. Aus dem Hinterleib wird Haemolymphe in Brust und Kopf gepumpt, wodurch diese anschwellen. Die Eihüllen reißen und das erste Larvenstadium schlüpft. Flügelknospen sind in diesem Stadium morphologisch nicht erkennbar. Bei der Weiterentwicklung unterscheiden sich Endo- und Ektopterygoten wesentlich. Bei den Exopterygoten (beispielsweise Heuschrecken und Wanzen), sind in den ersten Nymphenstadien (Larvenstadien) keine Flügel zu erkennen. Früh jedoch lässt sich eine winzige Falte der Haut im oberen seitlichen Bereich des 2. und 3. Brustsegmentes festmachen, aus der sich der Flügel entwickeln wird. Diese Falte wird mit jeder Häutung überproportional zum Körper größer und einem Flügel ähnlicher (Bild 4.2). Mit Ausnahme einiger Eintagsfliegen erhalten die Flügel erst nach der letzten Häutung ihre Funktionsfähigkeit. Dabei muss betont werden, dass diese Entwicklung im dreifachen Sinne nicht kontinuierlich ist. Einmal erfolgt sie wie das Körperwachstum in Schüben nur unmittelbar nach den Häutungen, nach der Erhärtung der Cuticula gibt es bis zur nächsten Häutung keine Größenzunahme mehr. Zum anderen ist die Entwicklung in den ersten Häutungen unbedeutend und erscheint in Richtung auf die letzte(n) der gewöhnlich 4 bis 5 Häutungen verschoben. Schließlich verläuft die Entwicklung nicht linear, sondern in einem Umweg entwickelt sich der Flügel anfangs in Richtung auf einen nach hinten gerichteten starren Auswuchs des Notums (Bild 4.1, Bild 4.2), was bereits diskutierte interessante Spekulationen über die Evolution zulässt. Vor der letzten Häutung entwickeln sich die Flügel innerhalb der Flügelknospe als vielfach gefaltete Ausstülpung mit dem oben geschilderten Bau, die breit anliegende Basis der Flügelschuppen differenziert sich zu dem schmalen Flügelgelenk. Nach der letzten Häutung strecken die Flügel sich durch Einpumpen von Haemolymphe und erhalten nach dem Aushärten ihre Funktionsfähigkeit (Bild 4.5). Die Endopterygoten (Käfer, Fliegen ...) haben im typischen Fall Larven, die sich deutlich vom adulten Insekt unterscheiden und keine Spuren von Flügeln erkennen lassen. Erst im Puppenstadium, das von manchen als letztes Larvenstadium betrachtet wird, in dem keine Nahrungsaufnahme stattfindet, sind die zukünftigen Flügel bereits als Ausstülpung erkennbar (offene Puppe, Bild 4.3) oder nur in ihrer Abgrenzung angedeutet (geschlossene Puppe, Bild 4.4). Dieses unvermittelte Auftreten beruht darauf, dass die bereits embryonal für die Flügel bestimmten Gewebebereiche während der Larvalstadien hormonell in ihrer Entwicklung gehindert wurden. Nun wird diese unterdrückte Entwicklung beschleunigt nachgeholt. In der Bandbreite der Möglichkeiten betrachten wir die zwei Extrema. Bei Arten mit großer Ähnlichkeit zwischen Larve und Adult geschieht die Flügelbildung ähnlich wie bei den Ektopterygoten. Bei Arten, deren Larven keine Ähnlichkeit zur Imago aufweisen, wie z.B. den Fliegen, erfolgt die Flügelbildung im Rahmen eines grundsätzlichen Umbaus des Körpers. Aus einem bereits im Embryonalstadium definierten Bereich entsteht durch Einstülpung eine Höhlung (Peripodialhöhle). Aus dem verdickten Boden dieser Höhlung stülpt sich in die Höhlung hinein die Flügelknospe. Sie ist anfangs fingerförmig und ihr Innenraum ganz von Haemolymphe durchflossen. Dann flacht sie sich ab und die Haemolympohe wird auf Lagunen beschränkt, in die Tracheen und Nerven vordringen. Schließlich verschmelzen Ober- und Unterseite der Flügelknospen großflächig, die Haemolymphe wird auf Kanäle, die zukünftigen Flügeladeren, beschränkt. Durch eine Zellverschiebung verlassen die Flügel während ihrer Entwicklung die Peripodialhöhle. Die noch nicht gestreckten und gehärteten, aber bereits voll ausgebildeten Flügel liegen am Ende des Puppenstadium dem übrigen, ebenfalls umgestalteten Körper an und werden erst nach dem Schlüpfen aus der Puppenhülle entfaltet. Unter der Annahme, dass die Ontogenese der Flügel die Evolution der Flügel in abgewandelter Form wiederholt, erwartet man von der Ontologie Informationen, die Rückschlüsse auf die Evolution ermöglichen. Es zeigt sich jedoch, dass auch hier die Kenntnisse, über die die sich mit diesem Fragenkomplex beschäftigende Vergleichende Entwicklungsgenetik bisher verfügt, für schlüssige Folgerungen noch zu lückenhaft und zu wenig differenziert sind. So sind bei der Fruchtfliege die Embryonalbereiche, aus denen einerseits Flügel und andrerseits Beine entstehen zum frühesten Zeitpunkt einer möglichen Identifizierung identisch, was als Beweis der Epicoxaltherorie gewertet wurde. Beim ebenfalls holometabolen Mehlkäfer jedoch liegen sie zwar nebeneinander, sind aber in ihrer Genexpression verschieden. Es ist jedoch zu erwarten, dass mit dem Anwachsen der Datenmenge zu der Entwicklung der Flügel aus ontogenetischer Sicht auch die Evolution der Insekten verständlicher wird.[2] [24][25][6] Aufgaben des FlügelsMan kann die Funktionen der Flügel nach natürlichen Einheiten des Verhaltens wie Fortbewegung, Balz, Revierverhalten usw. ordnen oder nach bewegungstechnischen Gesichtspunkten. Die zweite Möglichkeit zieht weniger Überschneidungen nach sich und erleichtert die Erwähnung von doppelten Funktionen FliegenTechnische ÜberlegungenDie Hauptaufgabe der Flügel ist bei den meisten Insekten das Fliegen. In Abhängigkeit von Gewicht und Flugart des Insekts bestehen unterschiedliche Anforderungen an den Flügelbau. Es haben sich eine Fülle von möglichen Lösungen entwickelt. Durch die im Vergleich mit Vögeln oder gar Flugzeugen geringe Größe der Insekten müssen deren Flügel auf ganz andere Reynoldszahlbereiche hin optimiert werden. Daher weisen die meisten Flügel nicht das typische aerodynamische Profil von Vogelflügeln auf. Vogelflügel sind für Reynoldszahlen zwischen 103 und 105 optimiert, Insektenflügel zeigen ein eher flaches Design, dass für die beispielsweise bei Schmeißfliegen typischen Werte zwischen 102 und 103 besser geeignet ist. Bei Kleinstinsekten wie den weiter unten genauer beschriebenen Fransenflügler, die mit einstelligen Reynoldszahlen zurechtkommen müssen, ist die Flugfläche weitgehend durch Fransen ersetzt. FlugartenDie flache Konstruktion hat ihre Berechtigung aber nicht nur im Auftrieb. So darf ein Flügel für einen senkrechten Steigflug, wie ihn beispielsweise die Kohlschnake beherrscht, weder gewölbt sein noch ein Profil aufweisen. Andernfalls würden Kräfte in Vorwärts- oder Rückwärtsrichtung entstehen. Und auch für den Geradeausflug zeigt sich die flache Flügelform als vorteilhaft, da anders als bei den gewölbten Flügeln von Flugzeugen und Vögeln ein beidseitiges anströmen der Flügel möglich wird. Diesen Vorteil benutzen beispielsweise Insekten der Gattung Phormia, die zum Fliegen Drehschwingungen einsetzen, wofür sich die Bedeutung der Flügelseiten mehrere tausendmal pro Sekunde vertauscht. Bei der Libellengattung wird eine Spitzengeschwindigkeit von 54 km/h angegeben. Besonders erstaunlich ist dabei die nahezu zeitlose Beschleunigung. Insekten die im sogenannten Schwirrflug auf der Stelle stehen bleiben, wie Libellen und Schwebfliegen, machen sich die Elastizität der Flügel zu Nutze. Es wird davon ausgegangen, dass die Tiere eine Wölbung der Flügel durch die Schlagart und -frequenz passiv bzw. sogar aktiv steuern können. Nachgewiesen wurde dies allerdings bislang nur für die Wanderheuschrecke. Libellen und Schwebfliegen sind sogar zum Rückwärtsflug fähig. Ein weitere Flugart ist der sogenannte Gleitflug, der allerdings gewisse Ansprüche an die Flügelgröße der Insekten stellt. Längere Gleitflüge sind somit nur größeren Schmetterlings- und Libellenarten vorbehalten. Kleiner Schmetterlinge können zwar auch längere Zeit gleiten sind dafür aber auf spezielle Windverhältnisse angewiesen. Der amerikanische Wanderfalter Monarch legt von Südamerika bis Nordamerika durchschnittlich 1600 km zurück, im Einzelfall wurden 2800 Flugdistanz gemessen.[26][18] Vorteile des FliegensAus menschlicher Sicht ist das Hauptziel des Fliegens der schnelle Ortswechsel. Aus biologischer Sicht ermöglicht das Fliegen in erster Linie die Möglichkeit zur Erschließung neuer Lebensräume. Dies bedeutet aber nicht nur, dass z.B. ein Fluss überquert werden und die dortigen Nahrungsquellen erschlossen werden können oder die Blüten auf einem hohen Baum erreichbar sind. Als Folge der Beweglichkeit sind jetzt auch schneller Ortswechsel oder Wanderungen möglich. So können in kurzer zeitlicher Folge die Blüten verschiedener Bäume besucht werden oder eine Anpassung an periodische Änderungen der Umwelt ist möglich. Ebenso wichtig ist, dass jetzt verschiedene lebensnotwendige Verhaltenskomplexe örtlich getrennt werden konnten, z.B. Nahrungssuche auf dem Boden, Fortpflanzung in der Luft und Eiablage auf einem Baum. Weiterhin ermöglicht es das Fliegen Nahrungsquellen besser zu nutzen. Es handelt sich dabei nicht nur um das "Finden" z.B. einer blühenden Pflanze, sondern auch um das "Überraschen" eines möglichen Beutetiers. Parallel dazu ergibt sich die Notwendigkeit für die potentielle Beute, sich durch Flucht dem Angriff zu entziehen. So wurden nicht nur die Form der Flügel im Hinblick auf mögliche Flugmanöver hin optimiert, es war auch ein besseres Sehvermögen notwendig, bei Nachtschmetterlingen wurde ein Gegenmittel zum Ortungssystem der Fledermäuse entwickelt. Aus den zweidimensionalen Revieren werden beim fliegenden Insekt dreidimensionale Reviere mit allen Konsequenzen für die Reviermarkierung und Verteidigung. Insgesamt ist in der Möglichkeit des Fliegens der Grund für die schnellen Radiation der Insekten zu suchen.[7] Schutzfunktion1. Mechanischer Schutz: Die Klappung der Flügel nach hinten hat zwei Konsequenzen. Von Vorteil ist, dass der Platzbedarf des Insekts geringer ist, wodurch sich neue Nahrungsquellen erschließen lassen sowie Flucht- und Versteckmöglichkeiten ergeben. Wenn sich ein Insekt jedoch in Ritzen zwängt, steigt auch die Gefahr der Beschädigung der Flügel. Es ist also vorteilhaft, wenn die Vorderflügel, die beim Klappen obenauf zu liegen kommen, gegen mechanische Beschädigungen unempfindlich sind. So haben in einigen Insektenordnungen die Vorderflügel die Aufgabe des Schutzes nicht nur der Hinterflügel sondern auch des wenig chitinisierten und verletzlichen Hinterleibs übernommen. Dieser Schutz kann auf verschiedene Art erreicht werden. Eine einfache Möglichkeit ergibt sich durch die Form, wie die Flügel in Ruhestellung dem Körper anliegen und damit z.B. das Abgleiten von Pflanzenteilen erleichtern, wenn das Insekt durchs Gras krabbelt. Ein eindrucksvolles Beispiel bietet die Schabe, deren Körperumriss bei angelegten Flügeln ideal ist, um sich in Ritzen zu zwängen (Bild 6.1). Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den empfindlichen Flügelhinterrand nach unten zu falten, sodass eine robustere Ader die Begrenzung des Flügelfläche im Ruhezustand bildet. Die wirksamste Möglichkeit liegt in einer stärkeren Chitinisierung und Härtung des Vorderflügels, die dann Deckflügel genannt werden. Dies bewirkt jedoch ein höheres Gewicht, was das Flugvermögen beeinträchtigt. Deswegen muss ein Kompromiss gefunden werden, der am besten zur Lebensweise der Art passt. Bei Arten mit schlechtem oder ohne Flugvermögen können die Vorderflügel stark chitinisiert und miteinander verwachsen sein. Sind die Vorderflügel ganz oder teilweise deutlich verdickt und pigmentiert, dann heißen sie Tegmina (Einzahl Tegmen). Im günstigsten Fall sind die Deckflügel in Größe und Form dem Körperumriss des Hinterleibs angepasst und heißen dann Elytren (Einzahl Elytron). Ist nur ein Teil der Vorderflügel stärker ausgebildet wird der Begriff Hemielytren (Bild 3.1) benutzt, sind die Vorderflügel nur mäßig robuster als die Hinterflügel wird der Begriff Pseudoelytren verwendet. Der Schutz kann darin bestehen, dass es zu keinen Verletzungen kommt, wenn die Insekten sich durchs Laub oder Gras zwängen, er kann aber auch dazu führen, dass das Insekt für einen potentiellen Fressfeind wenig attraktiv wird oder gar aus dem Speisezettel eines Insektenfressers verschwindet (Bild 6.2). 2. Als weitere Form des Schutzes muss die Tarnung erwähnt werden, die wesentlich durch Farbe und Form der Flügeldecken verbessert werden kann (Bild 6.3)[27][11]. SignalfunktionMit der starken Radiation der Insekten ergab sich eine breite Palette von Möglichkeiten, Individuen der eigenen Art oder anderer Arten mit den Flügeln mehr oder weniger spezielle Nachrichten zu übermitteln. Sie sind im folgenden nach Flügelzeichnung, Flügelhaltung und Flügelbewegung gegliedert. Färbung und FarbverteilungDie Färbung der Flügel kann wie die des ganzen Insekts entweder auf Pigmentierung beruhen oder es treten sogenannte Strukturfarben auf. Strukturfarben ergeben sich besonders bei dünnen Schichten, wie sie eben bei Flügeln oder besonders bei den Schuppen der Schmetterlinge häufig sind (Bild 6.4). Farbe und Farbverteilung, die sogenannte Zeichnung, unterliegen zwar individuellen Schwankungen, sind aber in den Grundzügen artspezifisch. An der Zeichnung der Flügel erkennen viele Insekten potentielle Geschlechtspartner oder konkurrierende Artgenossen. Sie dienen als Schlüsselreiz zum Auslösen entsprechender Verhaltensketten. So kann die Intensität einer Zeichnung zum Selektionsvorteil werden. Mit der Zeichnung der Flügeldecken ahmen manche Käfer die Zeichnung des Hinterleibs von Wespen nach (Mimikry). Flügelhaltung und -bewegungDie Flügelhaltung signalisiert häufig die Paarungsbereitschaft. Gewöhnlich das Weibchen nimmt die Paarungsstellung ein, indem sie die Flügel so hält, dass sie dadurch die Paarung erst ermöglicht. Dies ist besonders bei Schmetterlingen leicht zu beobachten. Auch das Drohsophilaweibchen zeigt durch das Wegklappen der Flügel und Freilegen der Geschlechtsorgane seine Paarungsbereitschaft an. Es sind aber auch Drohhaltungen bekannt, die einem Angriff vorausgehen. Die Flügelbewegung ist sowohl deutlicher sichtbar als auch plastischer als die Flügelhaltung. Sie tritt häufig im Zusammenhang mit der Balz auf. So ist das Herbeiwinken des Geschlechtspartner, das Imponieren beim Abstecken eines Reviers sowohl gegenüber dem gleichgeschlechtlichen Konkurrenten als auch dem potentiellen Paarungspartner und das Drohen bekannt. Das Zeigen von Schreckfarben durch plötzliches Aufklappen der Flügel ist bei vielen Schmetterlingen sowie einigen Heuschrecken und Gottesanbeterinnen zu finden. Besonders interessant ist die Flügelbewegung zur Lauterzeugung mittels Stridulation. Dabei wird eine sogenannte Schrillkante an einer Schrillleiste entlang bewegt. Die Flügel können Träger von Schrillleiste oder Schrillkante sein oder als Klangkörper die Laute verstärken. Die artspezifischen Gesänge vieler Insekten dienen zur Revierabgrenzung, dem Heranlocken potentieller Geschlechtspartner und dem Fernhalten möglicher Konkurrenten. Besonders verbreitet sind sie bei Heuschrecken und Grillen (Bild 6.5 Grille mit Soundbeispiel), kommen aber beispielsweise auch bei Käfern vor. Weitere FunktionenBei sehr vielen Insektengruppen ist es verbreitet, dass die Tiere in Ruhe ihre Flügel senkrecht zu den einfallenden Sonnenstrahlen stellen, um möglichst viel Wärme aufnehmen zu können. Damit erhöhen sie ihre Betriebstemperatur, was bei wechselwarmen Tieren bei niedrigeren Temperaturen einen Vorteil bedeutet. Ist der Körper genügend erwärmt, wird diese Stellung nicht mehr oder seltener eingenommen. Die Flügel werden also zur Wärmeregulation eingesetzt.[5] Die Flügel werden in verschiedenen Situationen als Ventilatoren benutzt, um die Luftbewegung zu erhöhen. Am bekanntesten ist die Reaktion der Bienen, wenn die Temperatur im Stock über 35° steigt und Wachswaben zu schmelzen drohen. Sie fächeln feuchte Luft in den Bienenstock, der durch die Verdunstungskälte abkühlt. Ebenfalls seit langem bekannt ist das Verteilen von Sexuallockstoffen beim Weibchen des Seidenspinners. Während der Jahrtausende dauernden Zucht verloren diese Schmetterlinge die Flugfähigkeit. Durch Fächelbewegungen der reduzierten Flügel wird der Duftstoff verbreitet. Er erregt die Männchen die sich in Richtung auf die Duftquelle in Bewegung setzen. Manche spezialisierte Flügelschuppen, die dann meist in Feldern nebeneinander liegen und mit Haarbüscheln versehen sind, sogenannte Duftschuppen (Androkonien), produzieren Geruchsstoffe und senden sie durch Poren aus. Weniger bekannt ist die Ventilation im Verlauf der Werbung bei der Fruchtfliege Drosophila. Das Männchen dreht sich flügelschlagend um das Weibchen. Dies stellt für dieses jedoch keinen optischen Reiz dar, sondern die Luftbewegung wirkt als haptischer Reiz und Auslöser innerhalb der Verhaltenskette zur Paarung.[18][28] Einige Arten der Ölkäfer führen unter den verwachsenen Vorderflügeln eine Luftglocke, von der man vermutet, dass sie Schutz gegen die tropische Hitze und Austrocknung bietet[29]. Erst in neuerer Zeit wurde festgestellt, dass Bienen während des Schwänzeltanzes durch Töne, die sie mittels Flügelvibration erzeugen, Informationen über die Distanz zur Futterquelle übermitteln[2]. Bei Wasserinsekten übernehmen die Flügel teilweise Aufgaben im Zusammenhang mit dem Leben im Wasser. Bei Schwimmkäfern kann sich unter den Flügeln eine Luftglocke bilden, in die direkt Sauerstoff aus der Luft gepumpt wird oder in die im Wasser gelöster Sauerstoff diffundieren kann. Gleichzeitig beeinflusst die gespeicherte Luft den Auftrieb. Dies kann dazu eingesetzt werden, dass das Insekt durch seine Bewegung nicht dem Absinken oder Aufsteigen entgegenwirken muss. Bei der Schmetterlingsart Hydrocampa nymphaea wird die Luft in der Hülle der unter Wasser verankerten Puppe unter den Flügeln der ausschlüpfenden Schmetterlinge gehalten, sodass dieser nach dem Schlüpfen wie ein Korken an die Wasseroberfläche getrieben wird. Die Hautflügler der Gattung Limnodites und Polynema benutzen ihre Flügel als Ruder beim Schwimmen unter Wasser.[2][19][30] Referenzen
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