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Ernest Jones



 

Ernest Alfred Jones (* 1. Januar 1879 in Glamorgan, Wales; † 11. Februar 1958 in London) war ein walisischer Psychoanalytiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Jones wuchs in wohlhabenden Verhältnissen auf und entschied sich frühzeitig für den Beruf des Mediziners. Er studierte an der Medizinischen Fakultät der Universität London. Er lernte die deutsche Sprache, um bei Kraepelin in München Psychiatrie zu studieren. Von dort wechselte er nach Zürich ans Burghölzli, nachdem er 1907 C. G. Jung bei einem Neurologenkongreß kennengelernt hatte. 1908 traf er in Wien zum ersten Mal mit Sigmund Freud zusammen, woraus sich eine lebenslängliche Freundschaft entwickelte. Im gleichen Jahr nahm er eine Direktorenstelle an der psychiatrischen Klinik in Toronto an. 1910 war er Mitbegründer der Amerikanischen Psychopathologischen Vereinigung, ebenso ein Jahr später bei der Amerikanischen Psychoanalytischen Vereinigung. Auf Vorschlag von Jones wurde 1913 das "Geheime Komitee" gegründet, ein kleiner Kreis von Freud-Schülern, der die Psychoanalyse langfristig bewahren sollte.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges kehrte er nach Europa zurück und siedelte sich in London an, wo er 1919 die British Psychoanalytic Society gründete. Als Präsident der BPS förderte er zunächst Melanie Klein, die 1926 nach England übersiedelte.

Jones rief 1920 das International Journal of Psychoanalysis ins Leben, das bis heute international bedeutendste psychoanalytische Publikationsorgan. Für dessen Herausgeberschaft zeichnete er auch von 1920 bis 1939 verantwortlich.

Jones war zweimal Präsident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (1920-1924 und 1932-1949). In der Zeit des Nationalsozialismus war Jones an den Verhandlungen mit dem Regime beteiligt, die den verbliebenen nichtjüdischen Analytikern eine weitere berufliche Tätigkeit im Rahmen des sogenannten Göring-Instituts sicherten nachdem Wilhelm Reich aus der internationalen Psychoanalytischen Vereinigung ausgeschlossen worden war und die jüdischen Mitglieder der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung, d.h. die große Mehrheit 'freiwillig' austraten. "Im November 1935 schrieb Jones an Anna Freud 'All Jews have to resign from Berlin Society. Deplorable as it would be, I should still say that I prefer Psychoanalysis to be practiced by Gentiles in Germany than not at all and I hope you agree.' Um die 'Integration' der Gesellschaft zu erleichtern, trafen sich Jones, Brill, Boehm und Müller-Braunschweig mit Göring."[1] Der Institutsleiter Matthias Heinrich Göring war ein Vetter von Hermann Göring.

Jones half seinem Lehrer und Freund Sigmund Freud nach dem Anschluss Österreichs 1938 an das Großdeutsche Reich bei dessen Emigration. Jones blieb in engem Kontakt mit Freud bis zu dessen Tod im Jahre 1939.

In den Jahren zwischen 1953 und 1957 veröffentlichte Ernest Jones eine voluminöse, dreibändige Freud-Biographie, welche nach wie vor als wichtige Quelle der Freud-Biographik angesehen wird. Sie enthielt aber auch zahlreiche Unrichtigkeiten und wurde von späteren Historikern scharf kritisiert.

"Jones' Biographie, die Anna Freud, der 'würdigen Tochter eines unsterblichen Mannes' gewidmet war, erschien ab 1954. So mächtig war Freuds Bild, daß manche Analytiker den Jones unterstellten Prozeß der Reifung in den letzten Jahrzehnten seines Lebens darauf zurück führten, daß er im Material versunken sei. Jones suchte den wissenschaftlichen Charakter der Analyse hervorzuheben, betonte daher Freuds Verhältnis zu Brückes Materialismus und spielte demgegenüber Freuds Teilnahme an den philosophischen Vorlesungen von Franz Brentano herunter. Noch immer kämpfte Jones mit den Nachwirkungen eines charismatischen Umbruchs, deshalb schrieb er auch den Erfahrungen des Männerbunds keine große Bedeutung zu, ignorierte alle Verbindungen, die es zwischen Analyse und Politik gegeben hatte, beglich alte Rechnungen mit Rank und Ferenczi und gab so ein Beispiel für das, was Peter Homans die 'Urangst' der Psychoanalyse nannte - nämlich, daß sie als eine Religion mißverstanden werden könnte."[2]

Für seine Biographie konnte Jones unter anderem auch auf bisher unveröffentlichte Privatbriefe Freuds an seine Verlobte Martha Bernays zurückgreifen, die zur Korrektur eines teilweise legendenhaft-verklärten Freud-Bildes beitrugen. Jones nutzte auch die biographischen Vorarbeiten von Siegfried Bernfeld. Jones galt überhaupt als produktiver Autor und verfasste in den fünf Jahrzehnten seiner wissenschaftlichen Karriere mehrere hundert Publikationen. Ein bedeutender Aufsatz von ihm setzt sich mit der psychoanalytischen Symboltheorie auseinander.

Werke

  • Papers on Psycho-analysis. (1913)
  • Therapie der Neurosen. (1921)
  • Essays in Applied Psycho-Analysis, 2. Bd. (1923 und 1951)
  • The Nightmare. (1931)
  • What is Psychoanalysis? (1948)
  • Hamlet and Oedipus. (1949)
  • Sigmund Freud. Life And Work. (1953-1957),dt. Das Leben und Werk von Sigmund Freud, Bern: Huber, 3. Auflage 1982
  • Free association: Memories of a Psycho-Analyst. (1959)
  • Die Theorie der Symbolik und andere Aufsätze. Mit einem Vorwort von Peter Krumme, Frankfurt am Main, Berlin, Wien: Ullstein 1978

Briefe

  • Freud, Sigmund / Jones, Ernest, Briefwechsel 1908-1939.Englischsprachige Ausgabe der Harvard University Press mit einem Zusatzband, der die deutschsprachige Brieftexte Freuds im Originalwortlaut enthält, Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1993

Sekundärliteratur

  • Bonomi, Carlo, "Ferenczis 'geistiger Verfall': Jones' Behauptung neu bewertet" in: Psyche. Zeitschrift für Psychoanalyse und ihre Anwendungen, 53. Jhrg., Mai 1999, S. 408-418
  • Brome, V. Ernest Jones: Freud’s Alter Ego. London: Caliban Books, 1982
  • Davies, T.G. Ernest Jones: 1879-1958. Cardiff: University of Wales Press, 1979
  • Lockot, Regine, Erinnern und Durcharbeiten. Zur Geschichte der Psychoanalyse und Psychotherapie im Nationalsozialismus, Frankfurt/Main, Fischer Taschenbuch Verlag, 1985
  • Maddox, B., Freud’s Wizard: The Enigma of Ernest Jones. London: John Murray, 2006, ISBN 0719567920

Quellen

  1. Eli Zaretsky, Freuds Jahhrhundert. Die Geschichte der Psychoanalyse, Wien: Zsolnay Verlag, 2006, S. 325
  2. a.a.O., S. 418
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Ernest_Jones aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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