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EpidemiologieDie Epidemiologie (von griech. epi „auf, über“, demos „Volk“, logos „Lehre“) ist jene wissenschaftliche Disziplin, die sich mit den Ursachen und Folgen sowie der Verbreitung von gesundheitsbezogenen Zuständen und Ereignissen in Populationen beschäftigt. Die Epidemiologie untersucht somit jene Faktoren, die zu Gesundheit und Krankheit von Individuen und Populationen beitragen und ist deshalb die Basis aller Maßnahmen, die im Interesse der Volksgesundheit unternommen werden. In der Veterinärmedizin wird dafür der analoge Begriff Epizootiologie bevorzugt. Im Gegensatz dazu kümmert sich die Medizin darum, dem einzelnen Menschen in einem konkreten Krankheitsfall zu helfen. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Tätigkeiten der EpidemiologieDer Epidemiologe leistet praktische Arbeit in der Untersuchung einer Epidemie, von Umwelteinflüssen und in der Gesundheitsförderung. Theoretische Aspekte sind statistische Erfassung von Krankheiten und deren Auslösern, die Entwicklung mathematischer Modelle und Methoden sowie die Klärung philosophischer und ethischer Aspekte. Um dies zu erreichen wird mit beobachtenden oder experimentellen Studien gearbeitet, um zum Beispiel Beziehungen zwischen möglichen Ursachen wie Ernährung, sozialem Status, Stress und Chemikalien und Folgen wie Krankheit und Wohlbefinden objektiv festzuhalten. Mathematische Modelle sind sehr wichtig, um die Wahrscheinlichkeit von zukünftigen Epidemien und deren Verlauf zu bestimmen. Ebenso helfen sie bei der Planung der Impfkampagnen. Siehe dazu auch Mathematische Modellierung der Epidemiologie. Epidemiologische Untersuchungen sind generell in beschreibende, analytische und experimentelle Tätigkeiten unterteilt. Einige Wissenschafter arbeiten in der öffentlichen Gesundheitsförderung, andere in Kliniken und wieder andere in der Entwicklungshilfe. Beim Auftreten neuer Krankheiten wie etwa SARS und Vogelgrippe sind Epidemiologen unentbehrlich. Epidemiologische Teilgebiete Auflistung der Arbeitsgruppen der Dt. Ges. für Epidemiologie (DGEpi): Infektionsepidemiologie, Epidemiologie allergischer und dermatologischer Erkrankungen, Epidemiologie der Arbeitswelt, Epidemiologische Methoden, Ernährungsepidemiologie, Genetische Epidemiologie, Herz-Kreislauf-Epidemiologie, Krebsepidemiologie, Statistische Methoden in der Epidemiologie, Umweltmedizin Herkunft des Begriffs„Epidemiologie“ stammt vom griechischen epi "über“, demos „Menschen, Bezirk“ und logos „Wort, Beschreibung“ und suggeriert somit, die Epidemiologie befasse sich nur mit der Ausbreitung von Krankheiten in menschlichen Populationen. Es gibt allerdings auch die veterinärmedizinische Epidemiologie (auch Epizootiologie) und epidemiologische Untersuchungen von Krankheiten auf Pflanzen. GeschichteDie Geschichte der Epidemiologie im eigentlichen Sinn begann 1854, als Dr. John Snow einen Cholera-Ausbruch im Londoner Soho-Bezirk bekämpfte. Er erkannte, dass eine öffentliche Wasserfassung die Quelle der Krankheitserreger war, und legte die verschmutzte Pumpe still. Der Ausbruch wurde gestoppt; man hat allerdings Hinweise, dass die Epidemie ohnehin im Begriff war abzuflachen, als Snow handelte. Schon im frühen 18. Jahrhundert allerdings führte Giovanni Maria Lancisi (1654 - 1720), welcher in Rom als Leibarzt des Papstes wirkte, den Rückgang von diversen Erkrankungen – darunter Malaria - auf verbesserte Hygiene und die Trockenlegung von Sümpfen zurück. Andere Pioniere waren der dänische Arzt P. A. Schleisner, der 1849 daran arbeitete, die Tetanus-neonatorum-Epidemie auf den Westmännerinseln durch vorbeugende Maßnahmen zu beenden, und der ungarische Arzt Ignaz Semmelweis, der 1847 das oftmals tödliche Kindbettfieber durch Einführung konsequenter Hygienemaßnahmen abschaffte. Die Erkenntnisse von Semmelweis wurden von der Fachschaft nicht akzeptiert, denn damals galt die Annahme, dass es krankmachende Kleinstlebewesen - nämlich Bakterien - gebe, als lächerlich. Florence Nightingale (1820–1910), eine britische Krankenschwester, war die Tochter eines Mathematikers und machte in ihren Berichten über die Gesundheitslage in Indien und jene der Soldaten des Krimkriegs Gebrauch von statistischen Methoden und gilt als eine Pionierin der grafischen Datenaufbereitung. Ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte der Epidemiologie (und auch der Parasitologie) ist die 1880 während des Baus des Gotthard-Eisenbahntunnels erfolgte Entdeckung des Hakenwurms, Ancylostoma duodenale, als Ursache der sogenannten Sankt-Gotthard-Krankheit – einer parasitären Anämie. Auf der Grundlage der epidemiologischen Erkenntnisse wurden dann die Arbeitsbedingungen und die hygienischen Verhältnisse verbessert. Die Desinfektion wurde in der Medizin erst dann breit angewandt, als der britische Chirurg Joseph Lister antiseptische Mittel entdeckte, basierend auf Arbeiten von Louis Pasteur. Im frühen 20. Jahrhundert wurden mathematische Methoden in die Epidemiologie eingeführt, um das Auftreten von Krankheiten in Populationen zu beschreiben und zu prognostizieren. Epidemiologische KennzahlenDiese Kennzahlen erleichtern den Überblick über die Lage der Bevölkerung oder über die Ausbreitung einer bestimmten Krankheit. Überschreitet eine Kennzahl ein gewisses Maß, so kann man gezielt Maßnahmen ergreifen. Definierte Situationen werden also mit definierten Aktionen bekämpft. Dies erleichtert auch eine objektive Beurteilung der Effizienz einer Intervention. PrävalenzDie Prävalenz einer Erkrankung gibt die Anzahl der erkrankten Individuen in der betrachteten Population an. Nach Checkoway et al. 1989 kann man genauer unterscheiden zwischen „Prävalenz zu einem Zeitpunkt“ (point prevalence) und „Prävalenz über einen Zeitraum“ (period prevalence). Auf Grund der problematischen Interpretation der „Prävalenz über einen Zeitraum“ konzentriert man sich meist auf die „Prävalenz zu einem Zeitpunkt“, was auch meist gemeint ist, wenn man nur von Prävalenz spricht. Die Prävalenz wird meistens als Prävalenzrate dargestellt - nämlich die Anzahl der jetzigen Fälle in einer Population (z. B. Erkrankte, Verstorbene, Unterernährte usw.) dividiert durch die Anzahl aller Mitglieder dieser Population. Die Prävalenzrate ist aber mit der Inzidenzrate nicht zu verwechseln - diese meint nämlich das Auftreten neuer Krankheitsfälle pro Individuenzahl. Beispiel: Zum 1. Januar 2002 waren im Unternehmen XYZ 1.024 Mitarbeiter an Rückenleiden erkrankt. Bei einer Belegschaft von insgesamt 15.000 Mitarbeitern liegt die Prävalenz(rate) somit bei 0,068. RisikoAls Risiko wird die Wahrscheinlichkeit bezeichnet während eines bestimmen Zeitraums an einer bestimmen Krankheit zu erkranken oder zu versterben. Zum Beispiel: verfolgte man eine Gruppe von 1.000 Personen über einen Zeitraum von 15 Jahren und würde dabei feststellen, dass 20 Personen verstorben sind während dieser 15 Jahre, so läge das 15 Jahre-Risiko bei 20/1.000 (Checkoway et al. 1989). Risiko ist die Zahl der Neuerkrankungen innerhalb einer bestimmten Population und innerhalb einer bestimmten Zeitspanne. Es ist zu beachten, dass die selbe Person innerhalb des Zeitraums mehrmals erkranken kann – bei 1000 Menschen können folglich innerhalb eines Jahres 1500 Schnupfen-Neuerkrankungen auftreten. InzidenzrateDie Inzidenzrate ist die Anzahl der Neuerkrankungen (Inzidenz) dividiert durch die Individuenzahl; das entspricht dem relativen Risiko. Diese Kennzahl hilft zu beschreiben, welche Krankheiten bei welcher Personengruppe häufig ausbrechen. Der Vergleich der Inzidenzraten zeigt etwa, dass Krebserkrankungen ein Problem der älteren Menschen sind und nicht der jüngeren, und deshalb ist die Ursache (Ätiologie) in einem Faktor zu suchen, welcher mit dem Alter zusammenhängt. Ist die Inzidenzrate nicht überflüssig, wenn es die Prävalenzrate schon gibt? Nein, die Prävalenzrate hilft, zum Beispiel die Krankenpflegekosten der Unfallopfer in einer bestimmten Berufsgruppe zu errechnen (d.h. Zählung der Unfallopfer, die zum Zeitpunkt X in Behandlung/Rehabilitation sind). Die Inzidenzrate gibt aber der Unfallverhütung eine andere Information: Dort spielt es keine Rolle, wie lange sich jemand wegen Unfallschäden behandeln lassen muss (was sich in der Prävalenz niederschlägt), sondern, wie viele Unfälle geschehen. Ein abgewendetes Unglück bedeutet, dass eine Behandlung erspart wurde, die sowohl sehr kurz als auch sehr lange hätte dauern können. Attributionelles RisikoHauptartikel: Attributables Risiko Diese Kennzahl hilft zu beurteilen, wie stark ein bestimmter Faktor zu einer bestimmten Erkrankung beiträgt (Kausalität). Eine konkrete Fragestellung könnte lauten: Wie stark ist der Einfluss von 10 Zigaretten täglich auf das Lungenkrebsrisiko? Die Antwort darauf lautet: Im Prinzip werden also die Inzidenzraten von Personen, die entweder 10 oder 0 Zigaretten pro Tag rauchen, miteinander verglichen. Die Inzidenzrate der Nichtraucher ist sozusagen das „Restrisiko“, das man (oft) nicht vermeiden kann und somit keine weitere Beachtung verdient. Modellvorstellung der Inzidenz und der PrävalenzMan kann sich diese beiden Kennzahlen gut als einen Brunnen vorstellen. Der Zufluss in den Brunnentrog ist die Inzidenz der Erkrankung und der Brunnentrog ist die Prävalenz, also das ständige Vorkommen der Krankheit. Die zwei Abflüsse aus dem Trog sind die Inzidenz der Heilung und als notwendiges Gegenstück die Inzidenz des Todes. Stets fließt gleich viel in den Brunnentrog wie auch abfließt - es sei denn, eine lange Dauer der Erkrankung bedingt ein temporäres Ungleichgewicht: ReproduktionsrateDie Basisreproduktionsrate gibt an, zu wie vielen Folgefällen eine Infektion führt, falls die betroffene Bevölkerung weder geimpft noch anderweitig vor Infektionen geschützt wird. Die Nettoreproduktionsrate beinhaltet auch die Immunität der Menschen. Um eine Epidemie einzudämmen, muss die Nettoreproduktionsrate auf den Wert 1 gebracht werden (jeder Infektionsfall führt zu einem Folgefall, das heißt keine Vergrößerung der Krankenzahl). Für eine Ausrottung der Krankheit wird folglich eine Nettoreproduktionsrate zwischen 0 und 1 angestrebt. Beispiele für Basisreproduktionsraten:
Aus dieser Formel folgt, dass bei Malaria 99.9 %, bei Masern etwa 93.7 und bei Polio (Kinderlähmung) rund 86% der Bevölkerung geimpft sein müssen (oder müssten), damit die Krankheit im Endemie-Zustand verharrt oder sogar ausgerottet wird. Eine Unterschreitung der Durchimpfungsraten hat lokale Epidemien zur Folge.[1] Diese Zahlen bedingen es, dass die Frage „Soll ich mein Kind impfen?“ keineswegs nur die Gesundheit des Kindes betrifft, sondern auch jene der gesamten Bevölkerung. Das betroffene Kind stirbt zwar sehr selten an einer Kinderkrankheit wie Röteln oder Masern, aber das Kind verbreitet die Infektion weiter. Ein interessantes Beispiel für die Reproduktionsrate ist die Malaria – in Afrika ist sie verheerend, in Indien ist sie bloß ein Problem. Siehe Anopheles: Malaria in Kenia und im Punjab (Indien). Epidemiologische Methoden und StudientypenGenerell möchte man mit epidemiologischen Methoden und Studien den Zusammenhang zwischen Exposition gegenüber Risikofaktoren und Erkrankung ermitteln. Ein Risikofaktor kann etwa Rauchen, fettes Essen oder auch ein bestimmtes soziales Umfeld sein, welches die Erkrankungswahrscheinlichkeit erhöht. Analog zum Risikofaktor spricht man vom "protektiven Faktor", welcher sie verringert. Regelmäßige Bewegung und Obst sind z.B. protektive Faktoren für Herz-Kreislauferkrankungen, Stillen schützt Babies vor Infektionen. Zu den allgemein erhobenen Daten gehören neben Krankheitsstatus, Grunderkrankungen, Alter und Geschlecht oft das Rauchverhalten und der Bildungsstand. Man unterscheidet zwischen Beobachtungsstudien (Querschnittsstudie, Kohortenstudie, Fall-Kontrollstudie) und Interventionsstudien.
Endemie,Epidemie und PandemieDie Endemie ist das normale, übliche Auftreten einer bestimmten Krankheit in einer bestimmten Population. So ist ein gewisser Anteil von Grippe-Erkrankungen in der Bevölkerung üblich, und wird eine bestimmte Grenze überschritten – bei Grippe etwa 10 % – so spricht man von einer Epidemie. Aus der Definition der Endemie folgt also, dass die Epidemie das unüblich starke und zeitlich begrenzte Auftreten einer Krankheit ist. Die Pandemie ist ebenso wie die Epidemie ein heftiger Ausbruch einer Krankheit, jedoch ist die Epidemie immer noch auf bestimmte Gebiete beschränkt. Pandemien sind dagegen länder- und kontinentübergreifend. Epidemiologisches BeziehungsnetzDie Epidemiologie betrachtet auch das soziale, geografische und ökonomische Umfeld von Erkrankungen, während sich die Medizin meistens nur auf unmittelbare Faktoren wie etwa Viren und Körperverletzungen beschränkt. In der Epidemiologie ist es unzulänglich, festzustellen dass der Erreger HI-Virus die Krankheit Aids auslöst. Epidemiologen untersuchen das weitere Umfeld, in welchem jeder Zustand weitere Faktoren beeinflusst. Zum Beispiel:
Siehe auch
Literatur
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Epidemiologie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |