Meine Merkliste
my.bionity.com  
Login  

Endogenes Ouabain



Endogenes Ouabain (kurz EO) ist ein Steroid-Hormon (Mineralcorticoid) des Menschen, von dem bekannt ist, dass es auch bei einigen Säugetieren (Ratte, Maus, Hund) zu finden ist, und das entweder mit dem g-Strophanthin pflanzlicher Herkunft oder eines seiner Isomere identisch ist. Das EO ist ein Derivat des Gonans und wird zu den herzwirksamen Glykosiden (Herzgykoside des Cardenolid-Typs) und Steroidhormonen gezählt. Das endogene Ouabain scheint sich in der räumlichen Anordnung zweier OH-Gruppen vom pflanzlichen g-Strophanthin zu unterscheiden. Beim Menschen ist die Hauptproduktionsstätte die Nebennierenrinde (Zona fasciculata). Daneben wird es jedoch auch im Hypothalamus (einem Hirnareal) und im Herzmuskel gebildet. Die Bildung und Freisetzung von EO steht unter der Kontrolle von ACTH und Angiotensin II, Vorläufer sind das Progesteron und Pregnenolon. Die Freisetzung ist von körperlicher Aktivität und Stress abhängig, es kann als eines der Stresshormone angesehen werden. In Ruhe ist die Produktion vermindert. Das Herz produziert vermehrt EO, wenn es einem Sauerstoffmangel ausgesetzt wird.[1]

Das endogene Ouabain spielt eine Rolle als ein den Blutdruck und Gefäßtonus steuerndes Hormon mit einer Wirkung auf Herzmuskelzellen, Gefäßmuskulatur (sog. glatte Muskelzellen) sowie Tubuluszellen der Niere. Es wird angenommen, dass es bei der essentiellen arteriellen Hypertonie (Bluthochdruck) eine Rolle spielt. Hauptwirkort ist die α-Untereinheit der Natrium-Kalium-ATPase der Zellmembran, die eine reversible Bindungsstelle für EO hat. Es ergeben sich weiterhin komplexe Wirkungen auf den zellulären Calziumhaushalt der Zelle, mit Auswirkungen auf die Inotropie des Herzmuskels (Steigerung der Pumpleistung). Ouabain hat eine konzentrationsabhängige steuernde Wirkung auf die Na/K-ATPase. Bei höheren Konzentrationen kommt es zu einer reversiblen Hemmung. Niedrige, physiologische Konzentrationen hingegen bewirken eine Stimulation der Na-K-ATPase.[2][3]

Da die "spezifischen" Ouabain-Antikörper auch auf andere Substanzen zum Teil stark reagieren, sollte man von Endogenem Ouabain nur sprechen, wenn dies durch eine weitere Methode, üblicherweise (leider bei weitem nicht immer) durch eine Chromatographie (HPLC) gesichert wurde. Ansonsten sollte man Begriffe wie "OLS" = "ouabain-like substance" oder "OLF" = "ouabain-like factor" verwenden.

Neben dem endogenen Oubain sind mittlerweile mehrere andere endogene Herzglykoside bekannt geworden, unter anderem:

  • Digoxin-ähnliches Hormon / Digoxin-like Inhibitor (Cardenolid)
  • 19-Norbufalin (Bufadienolid)
  • endogenes Marinobufagenin (Bufadienolid)
  • endogenes Proscillaridin / Proscillaridin-like-Inhibitor (Bufadienolid)

Die analogen (oder gleichen) Glykoside aus der Natur finden sich bei Pflanzen oder in Sekreten von Kröten und Schlangen. Sie dienen diesen Tieren offenbar als Fraßschutz. Diese Wirkstoffe haben teilweise eine lange Geschichte als bekannte Heilmittel oder Gifte, so war das Proscillaridin bereits im alten Ägypten in Gebrauch und Krötensekrete als Chan'su in China.

Typische Konzentrationen des EO liegen bei Menschen mit normalem Blutdruck bei etwa 0,003 bis 0,19 nanomol/l bei Ruhe. Bei Herzinsuffizienz finden sich erhöhte Werte bis 3 nmol/l. Eine Kreislaufbelastung steigert die Blutkonzentration von OLS innerhalb 10-15 min von durchschnittlich 2,5 auf 86 nanomol/l, weshalb man von einem Kreislaufhormon spricht. In der anschließenden Ruhephase wird das Hormon mit einer Halbwertszeit von 2 min wieder aus dem Blutkreislauf entfernt. Angesichts der Herztherapieerfolge mit g-Strophanthin (= Ouabain) sprechen Insider von einem Herzschutzhormon. Es erscheint verblüffend, dass die Spitzenkonzentration von 86 nmol/l (= 0,31 mg OLS in 5 l Blut)genau jene Dosismenge von 0,25 mg trifft, die man in der i.V.-Herztherapie jahrzehntelang erfolgreich anwendete.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliches

Bereits 1870, nach Bekanntwerden des Strophanthins und Anwendung der schon länger bekannten Digitaloide des Fingerhuts, wurde eine endogene Produktion eines Strophanthin – Herzglykosids postuliert da man sich fragte warum bestimmte Wirkstoffe von Pflanzen ein Wirkung auf das Herz haben. 1991 gelang durch den US-amerikanischen Forscher Hamlyn beim Menschen die Isolierung des endogenen Ouabains als eine mit g-Strophanthin identische oder eng verwandte Substanz.[4]

Endogenes Ouabain und der Blutdruck

Die Rolle des endogenen Ouabain bei Bluthochdruck ist nicht in allen Einzelheiten endgültig geklärt. Beobachtet werden konnte bislang:

  • Beim Menschen führt die Therapie mit Ouabain (= g-Strophanthin) wie auch mit k-Strophanthin eindeutig zu einer Minderung des Bluthochdrucks, wie umfangreichste klinische Erfahrungen mit dem in Deutschland jahrzehntelang anerkannten Strophanthin und eine Reihe von Studien zeigen. [5] [6] [7] [8] [9]
  • Bei Hormon-produzierenden Tumoren der NNR des Menschen können hohe EO-Werte gemessen werden die mit erhöhtem Blutdruck einhergehen.[10]
  • Nur Infusionen von Ouabain in hoher Konzentration in die Arterie führen zu einer Gefäßverengung[11]. Bei Ratten wurde nach längerer Gabe eine arterielle Hypertonie festgestellt.[12][13].

Bei allen anderen Tierarten wurde wie beim Menschen keine Blutdruckerhöhung festgestellt, beim Schaf [14] [15], Hund [16][17], Hasen [18].

  • Die Gabe des kompetitiven Ouabain-Antagonisten Rostafuroxin führt bei Mensch und Ratte zu einer Blutdrucksenkung und dies gilt als ein möglicher Ansatzpunkt für eine zukünftige Therapie der Hypertonie. Eine Phase II - Studie zeigte bei 42 Patienten mit milder Hypertonie eine blutdrucksenkende Wirkung.[19]

Viel diskutiert wurden die Unterschiede zwischen den beiden verwandten herzwirksamen Cardenoliden Ouabain und Digoxin bei der Ratte. Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass Ratten und Mäuse auf Herzglykoside anders reagieren als alle anderen Spezies. Außerdem werden für die im Folgenden zitierten Studien im Wachstum befindliche Ratten verwendet, bei denen der Blutdruck mit der Zeit sowieso steigt, d.h. auch in der Kontrollgruppe, nur hier nicht so stark. Die stärkere Blutdruckerhöhung durch Ouabain könnte also auch als Zeichen einer (physiologisch positiven) Wachstumsbeschleunigung interpretiert werden:

Digoxin führt zu einer Blutdrucksenkung, die länger anhaltende Digoxintherapie führt nicht zu Bluthochdruck[20], was die unterschiedliche Wirkung der beiden verwandten Substanzen aufzeigt die wahrscheinlich durch die unterschiedliche Wasserlöslichkeit und andere Bindung an Blut-Transporteiweisse (möglicherweise ein Immunglobulin) bedingt ist, welche bei EO sehr gering ist. Ouabain zeigt diesen Effekt nicht.
Digoxin führt nicht bei Ratten nicht zu einer Hypertonie und kann die Ouabain-ausgelöste Hypertonie in diesem Falle aufheben.[21]. Ouabain zeigt hingegen bei Ratten diesen Effekt.
Digoxin hat bei niedrigen Konzentrationen keine stimulierende Wirkung auf die Na/K-ATPase. Ouabain: stimulierende Wirkung auf die Na/K-ATPase bei niedrigen Konzentrationen.
Keine Hemmung der Aldosteron-Freisetzung durch Digoxin bei Ratten. Hemmung der Aldosteron-Freisetzung bei Ratten durch Ouabain.
Resorption von Digoxin ist höher als die von EO. Orale Resorption von Ouabain ist laut Literatur deutlich niedriger als die von Digoxin.

Beide Substanzen unterscheiden sich wahrscheinlich auch hinsichtlich ihrer Wirkung auf die NO- und Endothelin-1 Freisetzung.

Literatur

  1. D´Urso et al. 2004: Production of ouabain-like factor in normal and ischemic rat heart. J Cardiovasc Pharmacol 43(5):657-62, 2004. PMID 15071352
  2. Gao et al. (2002): Isoform-specific stimulation of cardiac Na/K pumps by nanomolar concentrations of glycosides. J Gen Physiol 119(4):297-312. PMID 11929882
  3. Saunders R. & Scheiner-Bobis G. (2004): Ouabain stimulates endothelin release and expression in human endothelial cells without inhibiting the sodium pump. Eur J Biochem 271: 1054-1062. PMID 15009217
  4. Hamlyn, J.M. et al. (1992): Identification and characterization of a ouabain-like compound from human plasma. In: Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. Bd. 88, S. 6259-6263. PMID 1648735 PDF
  5. Salz H & Schneider B (Doppelblind-Studie): Perlinguales g-Strophanthin bei stabiler Angina pectoris. Zeitschrift f. Allgemeinmedizin 61: 1223-28, 1985.
  6. Saradeth T & Ernst E (Doppelblind-Studie): Hämorheologische Effekte durch g-Strophanthin. Erfahrungsheilkunde 40: 775-776, 1991.
  7. Agostoni PG et al.: Long-term use of k-strophanthin in advanced congestive heart failure due to dilated cardiomyopathy: a double-blind crossover evaluation versus digoxin. Clin Cardiol 17: 536-541, 1994. PMID 8001300
  8. Qi SS et al.: Clinical evaluation of intermittent strophanthin K therapy for congestive heart failure combined coronary artery disease. Hunan Yi Ke Da Xue Xue Bao 26:448–450, 2001. PMID 12536498
  9. Kracke R (Uni-Klinik Freiburg): Zur perlingualen Strophanthin-Therapie. Dtsch Med Wschr 79: 81-83, 1954.
  10. Manunta,a new syndrome with elevated plasma ouabain and hypertension secondary to an adrenocortical tumor,j hypertens 10, 1992
  11. Hulthen U, forearm vasoconstrictor response to ouabain: studies in patients with mild and moderate essential hypertension,j cardiovasc pharmacol,6,S. 75, 1984
  12. Manunta,ouabain induced hypertension in the rat: relationships among plasma and tissue ouabain and blood pressure,j hypertens 12,S.549,1994
  13. Pamnani M,chronic blood pressure effects of bufalin, a sodium-potassium ATPase inhibitor in rats,hypertension 23,1994
  14. Pidgeon GB et al.: Comparison of the effects of ouabain and brain natriuretic peptide in saline-loaded sheep. Clin Exp Pharmacol Physiol 24: 807-813, 1997 PMID 9363361
  15. Pidgeon GB et al.: Chronic ouabain infusion does not cause hypertension in sheep. Am J Physiol 270: E 386-E 392, 1996 PMID 8638682
  16. Vatner SF & Baig H: Comparison of the effects of ouabain and isoproterenol on ischemic myocardium of conscious dogs. Circulation, 58: 654-62, 1978 PMID 624166
  17. Newman WH & Ellison DM: A differential effect of ouabain and β-agonists on contractility and lactic acid production in the hypertrophied heart. Europ J Pharmacol 68: 437-42, 1980 PMID 6110553
  18. Lim YC et al.: Renal function responses to centrally administered ouabain in anesthetized rabbits. Methods Find Exp Clin Pharmacol 22(7): 573-579, 2000 PMID 11196345
  19. Manunta P,A new antihypertensive agent that antagonizes the prohypertensive effect of endogenous ouabain and adducin, Cardiovasc Hematol Agents Med Chem. 2006 Jan;4(1)
  20. Manunta P, chronic hypertension induced by ouabain but not digoxin in the rat: antihypertensive effect of digoxin and digitoxin,hypertension res,23,S 77, 2000
  21. Huang B, digoxin prevents ouabain and high salt-induced hypertension in rats with sinoaortic denervation,hypertension 34,S 733, 1999
  • Wang, J.G. et al. (2003): Salt, endogenous ouabain and blood pressure interactions in the general population. In: J. Hypertens. Bd. 21, S. 1475-1481. PMID 12872040
  • Schoner, W. et al. (2003): Ouabain as a mammalian hormone. In: Ann. N. Y. Acad. Sci. Bd. 986, S. 678-84. PMID 12763918

Siehe auch

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Endogenes_Ouabain aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
Ihr Bowser ist nicht aktuell. Microsoft Internet Explorer 6.0 unterstützt einige Funktionen auf ie.DE nicht.