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Elektrokardiogramm




     

Das Elektrokardiogramm (EKG) ist die Registrierung der Summe der elektrischen Aktivitäten aller Herzmuskelfasern. Elektrokardiogramm heißt auf Deutsch Herzspannungskurve.

Jeder Pumpfunktion des Herzens geht eine elektrische Erregung voraus, die im Normalfall vom Sinusknoten ausgeht und über das herzeigene Erregungsleitungssystem zu den Muskelzellen läuft. Diese elektrischen Potenzialänderungen am Herzen kann man an der Körperoberfläche ableiten und in der Zeitachse aufzeichnen. Es resultiert ein immer wiederkehrendes Bild der elektrischen Herzaktion. Mit dem EKG lassen sich vielfältige Aussagen zu Eigenschaften und Erkrankungen des Herzens treffen. Zu beachten ist, dass das Oberflächen-EKG nur die elektrische Aktivität des Herzmuskels anzeigt, nicht jedoch die tatsächliche Auswurfleistung widerspiegelt. Meist wird das EKG vom Arzt noch per Hand ausgewertet, mittlerweile sind aber auch Computerauswertungen verlässlich.

1843 erkannte Carlo Matteucci durch Experimente an Taubenherzen, dass die Herztätigkeit auf elektrischen Vorgängen beruht. 1887 konnte Augustus Desiré Waller erstmals Herzströme mit Hilfe eines Kapillarelektrometers aufzeichnen. Die Instrumente wurden 1903 wesentlich von Willem Einthoven verbessert und das EKG zu einem brauchbaren Diagnoseverfahren entwickelt. Von ihm stammt auch die noch heute verwendete Terminologie. Emanuel Goldberger erweiterte die Ableitungen und entwickelte Extremitätenableitungen. Von Frank Norman Wilson stammen die Bezeichnungen für Brustwandableitungen.

Inhaltsverzeichnis

Nutzen

Das EKG ist ein schmerzloses, nicht eingreifendes (nicht-invasives), jederzeit wiederholbares und fast überall durchführbares Untersuchungsverfahren.

Aus dem EKG können Herzfrequenz, Herzrhythmus und der Lagetyp (elektrische Herzachse, vgl. Cabrerakreis) bestimmt und die elektrische Aktivität von Herzvorhöfen und Herzkammern abgelesen werden. Für die Diagnostik von Herzrhythmusstörungen wie Extraschlägen (Extrasystolen) und Störungen der Erregungsleitung und -ausbreitung (z. B. Schenkelblock und AV-Block) ist das EKG ebenso unverzichtbar wie zur Erkennung eines Herzinfarktes. Störungen der Erregungsrückbildung (Repolarisation) können zu sogenannte Kammerendteilveränderungen (Veränderungen der ST-Strecke oder der T-Welle) führen, die Aktivität eines Herzschrittmachers stellt sich als sehr kurzer senkrechter Strich (Spike) dar.

Das EKG kann auch Hinweise auf eine Verdickung der Herzwand (Hypertrophie des Myokards), eine abnorme Belastung des rechten oder linken Herzens, Entzündungen von Herzbeutel (Perikarditis) oder Herzmuskel (Myokarditis) sowie Elektrolytstörungen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen liefern.

Methoden

Beide Methoden lassen sich ineinander umrechnen.

konventionelles-EKG

Ableitung mit 12 Kanälen:

  • 3 Ableitungen an den Extremitäten nach Einthoven
    • Ableitung I zwischen rechtem und linkem Arm
    • Ableitung II zwischen rechtem Arm und linkem Bein
    • Ableitung III zwischen linkem Arm und linkem Bein
  • 3 Ableitungen an den Extremitäten nach Goldberger
    • Ableitung aVR zwischen rechtem Arm und den zusammengeschalteten Elektroden von linken Arm und linkem Bein
    • Ableitung aVL zwischen linkem Arm und den zusammengeschalteten Elektroden von rechtem Arm und linkem Bein
    • Ableitung aVF zwischen linkem Fuß und den zusammengeschalteten Elektroden von beiden Armen
  • 6 Brustwandableitungen nach Wilson
    • V1 - V6

Vektor-EKG

Die elektrische Herzerregung wird mit einem 3D-Vektor dargestellt, der zu jedem Zeitpunkt Richtung und Länge darstellt, er kann durch 3 linear unabhängige Vektoren beschrieben werden: Länge, Höhe, Breite. Dies sind sogenannte Basisvektoren, die für alle Zeitpunkte Spitzen haben, die eine Raumkurve bilden (Vektorschleife).

Arten

   

Ruhe-EKG

Das normale Ruhe-EKG wird meist im Liegen angefertigt. Da es nur einige Sekunden dauert, kann man es auch bei Notfällen gut durchführen.

Es treten nur wenig Artefakte auf, aber es kann auch nur eine beschränkte diagnostische Aussage gemacht werden.

  • Rhythmusanalyse ist fast nicht möglich
  • Störungen sind nur erkennbar, wenn sie auch in Ruhe vorhanden sind
  • Ein unauffälliges Ruhe-EKG schließt eine Herzrhythmusstörung nicht aus, hierzu wäre ein Langzeit-EKG zu empfehlen.

Langzeit-EKG

Beim Langzeit-EKG (Holter) geht es um die Diagnose bei Beschwerden, die nur ab und zu oder in bestimmten Situationen (paroxysmal) auftreten, z. B. manche Herzrhythmusstörungen oder Herzrasen bei Panikattacken. Der Patient trägt über 24 Stunden oder länger ein tragbares EKG-Gerät bei sich, um ein Langzeit-EKG auszuführen. Es wird meist über 2-3 Kanäle abgeleitet.

Belastungs-EKG

Es wird unter Stress oder körperlicher Belastung gemessen. Beim Belastungs-EKG sitzt oder liegt der Patient beispielsweise auf einem Ergometer-Fahrrad, wobei das EKG bei einer körperlichen Leistung registriert wird, die über mehrere Minuten (20-30 min) ansteigt. So kann man z. B. eine unzureichende Durchblutung (Koronarreserve) des Herzmuskels bei Arteriosklerose der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit) feststellen und auch belastungsabhängige Herzrhythmusstörungen dokumentieren. Es können mehrere Artefakte auftreten, da der Patient sich bewegt/schwitzt und somit Messelektroden verrutschen.

Abdominale-EKG

Um ein EKG eines Fötus abzuleiten, wird ein Abdominale-EKG durchgeführt. Es wird an der Oberfläche des Bauches der schwangeren Frau abgeleitet. Es ist nur begrenzt einsetzbar bis zur 35. Schwangerschaftswoche, da dann die Bewegungen des Kindes zu stark sind und die Messung beeinflussen.

Monitoring-EKG

Dient der kontinuierlichen Überwachung von Herzfrequenz und Rhythmus bei Intensivpatienten oder im OP.

Intrakardiales HIS-Bündel EKG

Ein intrakardiales EKG kann während einer Herzkatheteruntersuchung im Krankenhaus abgeleitet werden. Dabei wird ein Katheter durch Gefäße ins Herz vorgeschoben, mit dem elektrische Erregungen in einzelnen Bereichen des Herzens registriert werden können. Ableitungen von Nahpotentialen des Reizleitungssystems (AV-Knoten und HIS-Bündel)

Invasives Ösophagus-EKG

Es dient zur Beurteilung von Nahpotentialen der linken Herzwand und des linken Vorhof. Die Länge in cm der Elektrodensonde ab Zahnreihe entspricht dem Index der Ableitung, z. B. V36. Anwendung findet das Ösophagus-EKG zur Differenzialdiagnose von supraventrikulären Rhythmusstörungen. Gelegentlich wird dabei auch ein künstlicher elektrischer Stress durch die Sonde erzeugt, welcher für den Patienten leicht unangenehm sein kann.

Ableitungen

Polarität

Man unterscheidet bipolare und unipolare Ableitungen: Bei den bipolaren wird die Spannung zwischen zwei gleichberechtigten Punkten der Körperoberfläche registriert, bei unipolaren zwischen einer differenten und einer indifferenten (nahezu potentialkonstanten) Bezugselektrode. Da es praktisch nirgendwo ein Nullpotential gibt, nennt man diese auch oft semiunipolar. Die Bezugselektrode erhält man durch Zusammenschluss mehrerer Ableitstellen.

Definierte Ableitungen

Bei der bipolaren Ableitung nach Einthoven wird die elektrische Potenzialänderung zwischen den Extremitäten gemessen. Dabei steht Einthoven I für rechter Arm - linker Arm, Einthoven II für rechter Arm - linkes Bein und Einthoven III für linker Arm - linkes Bein. In der Regel wird diese Ableitung im Ampel-Schema geklebt (Rechter Arm: Rot, Linker Arm: Gelb, Linkes Bein: Grün).

Bei der unipolaren Ableitung nach Goldberger werden jeweils zwei Ableitungspunkte nach Einthoven zusammengeschaltet (indifferente Elektrode) und gegen die verbliebene (differente Elektrode) abgeleitet. Das ist bei avR (augmented voltage Right) der rechte Arm, bei avL (augmented voltage Left) der linke Arm und bei aVF (augmented voltage Foot) das (linke) Bein.

  Bei den unipolaren Brustwandableitungen nach Wilson wird die Elektrode V1 im 4. Interkostalraum (ICR) (unter der 4. Rippe) rechts neben dem Brustbein angebracht, V2 im 4. Interkostalraum am linken Sternalrand. V4 liegt im 5. ICR in der Medioklavikularlinie, also auf halber Länge des Schlüsselbeins, V3 liegt zwischen V2 und V4 (auf der 5. Rippe). V5 und V6 werden jeweils auf Höhe von V4 geklebt, wobei V5 auf der vorderen, V6 auf der mittleren Axillarlinie liegt. Diese Ableitungen können durch die Ableitungen V7-V9 ergänzt werden, die auch alle im 5. Interkostalraum liegen. V7 liegt in der hinteren Axilarlinie, V8 in der Scapulalinie und V9 in der Vertebrallinie. Gemessen wird die Spannung gegen die zusammengeschalteten Elektroden nach Goldberger (unipolar) durch ein Widerstandsnetzwerk, die somit zur indifferenten Elektrode werden. Diese zusätzlichen Ableitungen werden häufig bei Verdacht auf einen hohen Hinterwandinfarkt verwendet. Zum Nachweis eines ausschließlichen Hinterwandinfarktes dienen auch die Ableitungen V3R1,2,3 rechts von V3.

Die Ableitung nach Nehb ist, wie die nach Einthoven, eine bipolare Brustwandableitung. Für diese Ableitungen werden drei Ableitungspunkte Nst (Sternalansatz der 2. Rippe), Nap (5. ICR, linke Medioklavikularlinie) und Nax (5. ICR, hintere Axillarlinie) verwendet. Diese Ableitung zeigt das kleine Herzdreieck und dient der Darstellung von Potentialänderungen der Hinterwand. Technisch gesehen ist es lediglich eine Verschiebung der Ableitungspunkte nach Einthoven auf die Brustwand.

Diese Vielzahl verschiedener Ableitungen ist nötig, um Ströme in verschiedenen Richtungen und damit Veränderungen in verschiedenen Bereichen des Herzmuskels zu erfassen. Dies dient zur Lokalisierung von Infarkten, Leitungsblöcken und Lagetypen (s. u.). Dabei zeigen die Brustwandableitungen V2-V6 auf die Vorderwand, I und avL auf die Seitenwand der linken Herzkammer und II, III, avF auf ihre Hinterwand. Die rechte Herzkammer ist allgemein nur selten von Bedeutung.

Maßnahmen zur Störgrößenminimierung

  • Elektrische Streufelder:
    - Abschirmung von Ableitungskabeln
    - Galvanische Trennung des Anwendungsteils vom Netzteil
    - Bandpassfilter im Instrumentenverstärker
    - Vergrößern des Abstandes zwischen Störquelle und Messanordnung
    - Abschirmung des Gehäuses und des Patienten
  • Magnetische Streufelder:
    - Verdrillen der Messleitung
    - Vergrößern des Abstandes zwischen Störquelle und Messanordnung
    - Veränderung der Patientenlage
  • Verstärker:
    - Hoher Eingangswiderstand/Impedanz (> 108 Ohm), dadurch besseres Nutzsignal im Vergleich zum Störanteil
    - Eingangskapazität (z. B. durch angeschlossen Kabel) möglichst gering (< 2000 pF), da sonst Verfälschungen des Eingangssignals
    - Gleichtaktunterdrückung möglichst hoch
  • Galvanische Trennung:
    Entkopplung des Patienten vom medizinsichen Gerät und seinen auf Phase bezogenen Schaltteilen
    Vorteile:
    - Erhöhung der Gleichtaktunterdrückung
    - Erhöhung des Isolationswiderstandes
    - Reduzierung des Patientenableitströme
    - Erhöhung der Spannnungsfestigkeit

Nomenklatur und Normwerte

  Das EKG wird auf Millimeterpapier oder elektronisch aufgezeichnet. Dabei beträgt die Schreibgeschwindigkeit meist 50 mm/s und die Auslenkung 10 mm/mV. Ein Millimeter entspricht also in Schreibrichtung 0,02 s und in der Höhe 0,1 mV. Die Kurve enthält eine eckig aussehende Kalibrierzacke (1 mV über 1 s) zur Kontrolle der Gerätefunktion.

Bezeichnung und Bedeutung der einzelnen Abschnitte:

  • die P-Welle (max. 0,12 s) entspricht der Vorhoferregung,
  • der QRS-Komplex (max. 0,12 s) entspricht der Kammererregung, wobei mit
    • Q der erste negative Ausschlag
    • R der erste positive Ausschlag und mit
    • S der negative Ausschlag nach der R-Zacke bezeichnet wird.
  • Die T-Welle entspricht der Erregungsrückbildung der Kammer und
  • die U-Welle einer nicht konstanten Erscheinung nach der T-Welle, beispielsweise bei Elektrolytstörungen.

Bezeichnung und Bedeutung der Intervalle:

  • PQ-Intervall (max. 0,2 s): Abstand vom Beginn der P-Welle bis zum Beginn der Q-Zacke, Ausdruck der atrioventrikulären Leitungszeit.
  • QT-Intervall (oder QT-Zeit) heißt der Abstand vom Beginn der Q-Zacke bis zum Ende der T-Welle. Seine Normobergrenze ist variabel, weil sie mit zunehmender Herzfrequenz abnimmt. Die QT-Zeit bezeichnet die gesamte intraventrikuläre Erregungsdauer. Die QT-Zeit wird als absolute QT-Zeit (Normwerte bis maximal 0,55 s) gemessen und unter Verwendung der Herzfrequenz rechnerisch korrigiert.
  • Die ST-Strecke sollte keine Hebung über 0,2 mV aufweisen. Ihr Anfangspunkt definiert gleichzeitig die Nulllinie im EKG.

Das EKG enthält den Namen des Untersuchten mit Datum und Uhrzeit. Meist sind auch die Werte der Herzfrequenz und der oben bezeichneten Strecken oder computererstellte Diagnosen aufgedruckt.

Diagnostik

  Man legt sich ein festes Schema zurecht, welche Punkte zur Auswertung eines EKGs abgearbeitet werden müssen, um keine pathologischen Zeichen zu übersehen. Zum Ausmessen der Strecken benutzt man ein EKG-Lineal.

  • Frequenz: regelmäßig? Normale Geschwindigkeit (60 bis 100 Schläge/min)?
  • Sinusrhythmus (P-Wellen vorhanden)?
  • Lagetyp? (Überdrehter Typ immer pathologisch)
  • AV-Block? (PQ-Intervall normal < 0,2 s)
  • Schenkelblock? (QRS-Komplex normal < 0,1 s)
  • Infarkt? (ST-Hebung/-Senkung normal < 0,2 mV)
  • T-Welle in I, II, aVL und aVF positiv? (sonst nichttransmuraler Infarkt)
  • QT-Intervall (Schema auf dem EKG-Lineal) länger als die halbe RR Zeit?

Vorhofflimmern

Ein Vorhofflimmern erkennt man an einer absoluten Arrhythmie der Kammer (kann auch pseudoreguliert sein), die QRS-Komplexe folgen in zufällig wechselnden Zeitabständen aufeinander. Die P-Welle ist nicht vorhanden, stattdessen sieht man häufig ein leichtes Zittern der Grundlinie, das sich gelegentlich vom normalen, messbedingten Zittern der Kurve wenig unterscheidet. Bei lang bestehendem Vorhofflimmern kann die isoelektrische Linie auch glatt verlaufen.

Vorhofflattern

Beim typischenVorhofflattern ist in den Ableitungen II, III und aVF meist ein sehr charakteristisches Sägezahnmuster der Grundlinie erkennbar.

Lagetyp

  Mit dem Lagetyp bezeichnet man die Verlaufsrichtung der elektrischen Erregungsausbreitung von der Herzbasis zur Herzspitze relativ zur Körperachse (elektrische Herzachse). Er kann einerseits etwas aussagen über die anatomische Stellung des Herzens im Brustkorb, andererseits über asymmetrische Verdickungen des Herzmuskels bei einer chronischen Belastung oder auch als Zeichen dienen für eine Größenzunahme bei einer akuten Belastung (z.B. Rechtslagetyp bei einer akuten Lungenembolie).

Physiologisch ist ein Steil- bis Linkstyp, wobei bei Neugeborenen ein Steiltyp vorherrscht. Mit zunehmendem Alter dreht sich die elektrische Herzachse nach links, so daß beim alten Menschen meist ein Linkstyp besteht.

Die Bestimmung des Lagetyps erfolgt am einfachsten mit Hilfe des Cabrerakreises, welcher üblicherweise auf jedem EKG-Lineal aufgetragen ist. In den Extremitätenableitungen (Einthoven und Goldberger) sucht man zunächst die Ableitung mit der größten R-Zacke. Sei dies beispielsweise die Ableitung aVF, so vergleicht man diese mit den R-Zacken der auf dem Cabrerarkreis benachbarten Ableitungen, in diesem Falle II und III. Ist Ableitung II größer als III, so liegt ein Steiltyp vor, umgekehrt ein Rechtstyp. Um die Ableitung aVR in die Lagetypbestimmung mit einbinden zu können, wird sie an der isoelektrischen Linie gespiegelt. Manche EKGs zeichnen die so entstehende Ableitung -aVR eigenständig auf, meist misst man jedoch lediglich die S-Zacke.

Vorhofhypertrophie

Eine Hypertrophie des rechten Vorhofs kann durch eine zu hohe (>0,2 mV), eine Hypertrophie des linken Vorhofs durch eine zu breite (>0,1 s) und wellige P-Welle auffallen.


Kammerhypertrophie

Zeichen der Vergrößerung der Ventrikel ist der Sokolow-Lyon-Index. Weniger gebräuchlich sind der Lewis-Index (linksventrikuläre) und der Whitebock-Index (rechtsventrikuläre Hypertrophie)[1].

Atrioventrikulärer Block

Einen AV-Block Grad I erkennt man an einer Verlängerung des PQ-Intervalls auf über 0,2 s. Bei Grad II nach Wenckebach wird das PQ-Intervall von Mal zu Mal länger, dann fällt ein QRS-Komplex ganz aus und es folgt eine weitere P-Welle, diesmal mit QRS-Komplex. Beim AV-Block Grad II Mobitz (gefährliche Variante-benannt nach dem Kardiologen Woldemar Mobitz) fällt plötzlich ein QRS-Komplex aus, ohne dass zuvor das PQ-Intervall länger geworden ist. Fällt jeder zweite QRS-Komplex aus, kann sowohl ein Wenckebach- als auch ein Mobitz-Block vorliegen. Beim AV-Block Grad III schlagen Vorhof und Kammer unkoordiniert, d. h. die P-Wellen und die QRS-Komplexe sind unabhängig voneinander, die P-Wellen „laufen durch“.

WPW-Syndrom

Die accessorische AV-Überleitung beim WPW-Syndrom äußert sich in einem rampenförmigen Aufstrich der R-Zacke (Delta-Welle). Die P-delta-Zeit ist kürzer als die normale PQ-Zeit (<0,12s). Ein Q in V6 schliesst fast immer ein WPW aus. Wobei zu bemerken ist, dass es sich nur dann um ein WPW-Syndrom handlet, wenn ein Herzrasen vorhanden ist!!!

Schenkelblock

Ein Schenkelblock (komplett bei QRS-Komplexdauer > 0,12 s oder inkomplett bei QRS-Komplexdauer 0,10 bis 0,12 s) äußert sich meist in einer doppelten R-Zacke (positive Zacke nach S-Zacke, auch als R' bezeichnet), und zwar beim Rechtsschenkelblock in V1 (M-förmig) und beim Linksschenkelblock in V6 (M-förmig). Beim kompletten Schenkelblock ist außerdem die T-Welle negativ.

Ein EKG mit Linksschenkelblock ist zur Infarktdiagnostik nur noch sehr eingeschränkt verwertbar.

Ein Hemiblock äußert sich ausschließlich im Lagetyp: Ein überdrehter Linkstyp in Kombination mit "S bis V6 "spricht für einen linksanterioren Hemiblock, ein Rechtstyp für einen linksposterioren Hemiblock.

QT-Syndrom

  Ist die QT-Zeit verlängert, dann resultiert eine vermehrte Anfälligkeit für Rhythmusstörungen. Dazu zählen die lebensbedrohlichen Torsade de pointes, die unter anderem auch durch Medikamente ausgelöst werden können. Früher ist man davon ausgegangen, dass dies lediglich durch Antiarrythmika ausgelöst werden kann. Man weiß aber inzwischen, dass auch andere Medikamentengruppen wie Psychopharmaka und Antibiotika (Makrolide) Torsade-de-pointes-Tachykardien auslösen können. Die Liste verlängert sich ständig und es kommen immer mehr Medikamente hinzu, einige mussten sogar vom Markt genommen werden.[2]

Herzinfarkt

Ein ausgedehnter (transmuraler) frischer Herzinfarkt äußert sich meist in einer ST-Hebung (STEMI, siehe dort). Daneben sind auch Herzinfarkte ohne ST-Hebung möglich, so genannte nicht-transmurale Infarkte (oder Nicht-ST-Hebungsinfarkt, NSTEMI).

Mit Hilfe des EKGs kann eine Lokalisation des Infarktes vorgenommen werden: Die Ableitungen I, aVL, V1-5 weisen auf die Vorderseitenwand, II, III und avF auf die inferiore Wand hin. In den jeweils nicht betroffenen Ableitungen erscheint eine korrespondierende ST-Senkung. Daneben kann auch der zeitliche Verlauf des Infarktes bestimmt werden, der in verschiedenen Stadien typische Veränderungen zeigt.

Elektrolytstörungen

Eine Hypercalciämie äußert sich in einer verkürzten, eine Hypocalciämie in einer verlängerten QT-Strecke. Eine Hyperkaliämie kann zu erhöhten T-Wellen und verbreiterten QRS-Komplexen führen, eine Hypokaliämie zu einer ST-Senkung mit U-Welle (cave: Torsade de pointes!!!).

Bei Patienten, die mit Digitalis behandelt werden, können muldenförmige ST-Senkungen auftreten.

Geschichte

   

1882 leitete der Physiologe A. Waller an seinem Hund Jimmy das erste Mal ein EKG ab, indem er dessen vier Pfoten in leitfähige Silberchloridlösung tauchte.

Willem Einthoven führte das EKG in der Klinik ein, wobei er es zunächst auf eine einzige Ableitung standardisieren wollte, bei der der Patient beide Arme in die Lösung taucht (Einthoven I). Da das nicht ausreichte, kamen Einthoven II und III und später die Goldberger-Ableitungen (nach Emanuel Goldberger, 1920er Jahre) und die Wilson-Ableitungen (nach Frank Norman Wilson, 1930er Jahre) hinzu.

Quellen

  1. Klinge, Rainer: Das Elektrogardiogramm. 7 Auflage. Thieme, Köln 1997, ISBN 3-13-554007-3 (S.161 ff.).
  2. http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/bild.asp?id=2189

Literatur

  • Rainer Klinge: Das Elektrokardiogramm. Thieme, Stuttgart 2002, ISBN 3-13-554008-1
  • Rainer Klinge, Sybille Klinge: Praxis der EKG-Auswertung. Thieme, Stuttgart 2003, ISBN 3-13-596805-7
  • Ralph Haberl: EKG pocket. Börm Bruckmeier Verlag, Grünwald 2003, ISBN 3-89862-221-5
  • Hans-Peter Schuster & Hans-Joachim Trappe: EKG-Kurs für Isabel. Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-127284-8
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