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DysgrammatismusDysgrammatismus (altgr.: dys = schlecht [hier = Fehl-], gramma = Buchstaben [hier = -schrift]) ist eine Sprachentwicklungsstörung. Sie bezeichnet eine Teilproblematik einer kindlichen Spracherwerbsstörung, bei denen Kinder nicht in der Lage sind, morphologisch und syntaktisch Sätze entsprechend ihrer Bezugssprache und altersgemäß zu bilden. Liebmann hat 1901 das Störungsbild erstmalig unter dem Begriff des Agrammatismus infantilis beschrieben. Es dauerte bis in die 1980er, bis die Störung im Sinne einer deskriptiven Schulgrammatik verstanden wurde. Die Gründe für die erst späte erneute Hinwendung zum Thema Dysgrammatismus sind vielfältig. Man stellte fest, dass die Behandlung von dysgrammatisch sprechenden Kindern von Erfolglosigkeit geprägt war. Erst die Verwendung entwicklungspsycholinguistischer Ergebnisse löste die Störung aus dem Zusammenhang mit „normaler“ Sprachentwicklung. Dieser veränderte Standpunkt wirkte sich beträchtlich auf Diagnose und Therapie aus. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
StörungsphänomeneDie Störung zeigt sich unter anderem in der Sprachproduktion des Kindes. Die folgende Übersicht gibt einen Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit über die beobachtbaren Symptome:
Es ist zu beachten, dass das vereinzelte Auftreten von Abweichungen der grammatikalischen Strukturen von der Bezugssprache der Kinder im Laufe ihres Spracherwerbes normal ist und nicht bedeutet, dass das Kind unter Dysgrammatismus leidet. Dysgrammatismus zeichnet sich vor allem durch ein inhomogenes Fähigkeitsprofil aus. BedingungshintergrundMan geht davon aus, dass Kinder im Zusammenhang mit dem Spracherwerb über so genannte Bootstrapping-Strategien verfügen, die es ihnen ermöglichen, sich beim Erlernen des grammatischen Systems nur auf die notwendigen Daten zu konzentrieren, die sie dann herausfiltern und weiterverarbeiten. Dabei lassen sich verschiedene Risikofaktoren benennen, die eine Störung der Bootstrapping-Strategie verursachen können:
DiagnostikDurch das psycholinguistische Vorgehen verzichtet man weitestgehend auf eine defizit- bzw. produktorientierte Beschreibung im Sinne der Frage „Was spricht das Kind falsch?“ einer Sprachstörung. Daher sucht man heute in der Diagnostik eine Antwort auf die Frage „Wie arrangiert das Kind seine Sprachproduktion?“ zu bekommen. Bei der Diagnostik des Dysgrammatismus greift man daher auf eine breite Palette an Instrumtarien zurück. Dazu gehören Sprachanalysen wie COPROF und ESGRAF, aber auch informelle Tests und Subtests aus anerkannten Entwicklungstests, wie zum Beispiel K-ABC. COPROFDie Computerunterstützte Profilanalyse (COPROF) ist von Clahsen und Hansen entwickelt worden, das vor allem den Arbeitsschritt der Analyse von Spontansprache unterstützt. Der Diagnostiker erhebt mittels eines Profilbogens eine Sprachprobe. Anschließend gibt er am PC die zu analysierenden Sätze bzw. Äußerungen ein (ca. 100–150) und beantwortet darüber hinaus noch Fragen zur Äußerungslänge, woraus dann der Computer eine Profilanalyse erstellt. Nachteil ist, dass die Einarbeitung in das Programm sehr lange dauert. Zudem wird bezweifelt, dass durch die Analyse von Spontansprache das grammatische Regelsystems eines Kindes rekonstruiert werden kann, da man nur die sprachliche Modialität des Kodierens erfasst und der Ausschnitt von 100 Äußerungen zu klein erscheint, um einen umfassenden Überblick zu bekommen. ESGRAFDie Evozierte Sprachdiagnose grammatischer Fähigkeiten (ESGRAF) versucht durch spielerische Diagnosesituationen die Entwicklung des grammatischen Regelsystems des Kindes zu erfassen. Es besteht aus geplanten Rollenspielanordnungen mit Figuren, in denen Kinder mit dem Diagnostiker bekannte Spielformen, wie Verstecken, Ratespiel, Einkaufen usw. durchführen. Durch das Rollenspiel werden verschiedene sprachliche Modalitäten, wie Kodiern, Rekonstruieren, Dekodieren hervor gerufen. Eine zeitaufwändige Transkription ist nicht notwendig. Zusätzlich bietet ESGRAF auch Interpretationshilfen an, um einen Förderschwerpunkt zu identifizieren. TherapiemöglichkeitenEntwicklungsproximale SprachtherapieDie entwicklungsproximale Sprachtherapie geht auf Dannenbauer zurück. In ihrem Kern geht es darum, sprachliche Zielstrukturen zu vermitteln, die durch eine vorhergehene Diagnostik als therapie- und entwicklungsrelevant für das Kind erkannt wurden. Dabei wird weniger an den Defiziten, sondern gezielt bei den vorhandenen sprachlichen Fähigkeiten des Kindes angesetzt, um von diesen ausgehend die nächsten Entwicklungsschritte im Grammatikerwerb auszulösen. Als wichtige Voraussetzung wird eine gute Beziehungsbasis zwischen Kind und Therapeut angesehen. Als Diagnose-Methode kommt vor allem COPROF zum Einsatz. Es werden der Sprachstand bzw. das Fähigkeitsprofil des Kindes ermittelt und im Laufe der Therapie begleitend fortgeführt. Man geht davon aus, dass das Kind über die selben Fähigkeiten zum Erwerb der Grammatik verfügt, diese aber noch ausgelöst werden müssen. Hierzu werden Situationen (bei Kindern vor allem Spielsituationen) geschaffen, in denen der Therapeut das Kind mit sprachlichen Strukturangeboten konfrontiert. Die Sprache des Therapeuten dient dabei als Modell, an dem das Kind die grammatikalischen Strukturen erkennen soll. KontextoptimierungDie Kontextoptimierung geht auf Motsch zurück. Er geht von der Annahme aus, dass sprachentwicklungsgestörte Kinder unterschiedliche Voraussetzungen für den Erwerb der Sprache mitbringen. Das bedeutet, dass nicht alle Kinder gleichermaßen von einem Therapie-Setting profitieren. Daher schlägt er ein multidimensionales Vorgehen vor, das verschiedene Konzepte zur Therapie aufgreift und sich deren Vorteile zu Nutze macht. Ziel ist es, durch die Veränderung der Komponenten einer Therapie eine möglichst optimale Lernsituation für das Kind zu schaffen. Die Kontextoptimierung wird durch Ressourcenorientierung, Modalitätenwechsel und Ursachenorientierung charakterisiert. Siehe auch
Literatur
Im Film
Kategorien: Neurologie | Klinische Linguistik | Logopädie |
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Dysgrammatismus aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |