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DemographieDie Demographie (auch Demografie geschrieben, griechisch δημογραφία, von δήμος, démos – Volk und γραφή, graphé – Schrift, Beschreibung) bzw. Bevölkerungswissenschaft ist eine wissenschaftliche Disziplin, die sich mit dem Leben, Werden und Vergehen menschlicher Bevölkerungen befasst, sowohl mit ihrer Zahl als auch mit ihrer Verteilung im Raum und den Faktoren, insbesondere auch sozialen, die für Veränderungen verantwortlich sind. Die Erforschung der Regelmäßigkeiten und Gesetzmäßigkeiten in Zustand und Entwicklung der Bevölkerung wird vor allem mit Hilfe der Statistik erfasst und gemessen, dazu werden Beschreibungs- und Erklärungsmodelle entwickelt. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
UntersuchungsobjekteDie Demographie beschreibt, analysiert und erklärt (bzw. versucht zu erklären) insbesondere:
MethodikIhre Daten bezieht die Bevölkerungswissenschaft aus der laufend fortgeschriebenen Statistik, aus Stichproben und aus Volkszählungen. Zur Untersuchung demographischer Prozesse (also der Bevölkerungsbewegung) werden neben verschiedenen, statistischen Kennziffern wie Geburtenrate, Fruchtbarkeitsrate, Sterberate, Migrationsrate, Lebenserwartung, etc. auch graphische Darstellungen wie die Alterspyramide verwendet. Für die vorstatistische Zeit (also vor 1850) werden derartige Daten durch die Auswertung von Kirchen- und Ortsfamilienbüchern sowie durch andere Quellen berechnet. Soweit die Demographie Prognosen über zukünftige Bevölkerungsentwicklungen erstellt, ist sie - wie jede Prognose - naturgemäß auf gewisse Annahmen angewiesen, insbes. zum künftigen Geburtenverhalten, zur Sterblichkeit und zur Zu- und Abwanderung. Wie groß die dadurch entstehende Unsicherheit oder - anders herum - die potentielle Beeinflußbarkeit der Bevölkerungsentwicklung ist, hängt einerseits vom betrachteten Einflußfaktor, andererseits vom betrachteten Aspekt ab. Betrachtet man etwa den Aspekt der Gesamtzahl einer Bevölkerung, so schlagen Veränderungen des Geburtenverhaltens nur langsam auf deren Entwicklung durch, denn die 30- 50- oder 80-jährigen von morgen sind heute bereits geboren. Außerdem wird die zahlenmäßige Stärke der nachkommenden Generationen entscheidend nicht nur durch die Geburtenraten bestimmt, sondern auch von der Stärke der jeweiligen Elterngeneration, die ihrerseits zum Teil bereits geboren oder eben nicht geboren ist. Würde daher z. B. in Deutschland von heute auf morgen eine dauerhaft bestandserhaltende Geburtenrate von etwa 2,1 Kindern pro Frau erreicht, so würde sich die Bevölkerungszahl erst viel später stabilisieren, wenn nämlich die heute geborenen Menschen gestorben sind - und dies auf dem Niveau einer deutlich verringerten Gesamtbevölkerung, welche durch die Stärke der jetzt fruchtbaren Generation bestimmt wird. Selbst bei höheren Geburtenraten würde die Gesamtbevölkerung, bedingt durch die schwache Elterngeneration, eine ganze Weile lang zurückgehen. Die Zusammensetzung der Bevölkerung, etwa die Zahl der Schüler, Studenten oder der Altenquotient, ändert sich hingegen schneller. Andere Faktoren, etwa Zu- und Abwanderung oder gar Kriege und Seuchen, können die Bevölkerungsentwicklung rascher beeinflussen. Da Prognosen ein wesentlicher Bestandteil der demographischen Arbeit sind, bleibt es nicht aus, daß Demographen Annahmen zu solchen Faktoren treffen und versuchen, deren Eintrittswahrscheinlichkeit und die Einflußfaktoren auf sie zu bestimmen. Dazu ist oft der Rückgriff auf andere Forschungsgebiete, etwa die Soziologie, notwendig, und hier besteht erhebliches Mißbrauchspotential (siehe Kritik). Demographische Prognosen und ihre Bedeutung anhand der Debatte in Deutschland→ Siehe auch: Demographie Deutschlands Nach der rassistischen Bevölkerungspolitik des NS-Regime fristete die Demographie in Deutschland lange ein Schattendasein, galt die Untersuchung oder gar Beeinflussung reproduktiven Verhaltens doch als moralisch bedenklich. Erst im Zusammenhang mit der politischen Debatte um die Aufrechterhaltung der Sozialversicherungen kamen auch in Deutschland Debatten über die demographische Entwicklung oder den demographischen Wandel wieder auf. Zum Teil bis heute blieb die Diskussion dabei stark auf Themen der Wirtschaft und Sozialsysteme fixiert. So sprach (und spricht man z. T. bis heute) im Hinblick auf die Altersversorgung vom Problem der Überalterung - wobei objektiv nicht die Existenz älterer Menschen, sondern das Fehlen jüngerer (Unterjüngung) Sorgen bereitet. Inzwischen hat die Demographie in Deutschland wieder Anschluss an den internationalen Kenntnisstand gefunden. Ursula Lehr nannte bereits 1987 folgende 16 demographischen Faktoren:
Seither sind in der wissenschaftlichen Diskussion noch hinzugekommen:
Dazu im Einzelnen: zu 1. Zunehmende Lebenserwartung der Menschen: „Wir leben vier Jahre länger als unsere Eltern, unsere Kinder vier Jahre länger als wir“, sagt Axel Börsch-Supan, Direktor des Mannheimer Forschungsinstituts Ökonomie und demographischer Wandel. Dies sei ein einmaliger Alterungsprozess, der in Kombination mit der in Deutschland vorherrschenden niedrigen Geburtenrate eine enorme Herausforderung für unser Sozialsystem, unsere gesamte Infrastruktur und vor allem für unsere Wirtschaft darstelle. zu 7. und 11. Niedrige Geburtenrate: Mit einer TFR (= zusammengefaßten Fruchtbarkeitsziffer) um die 1,34 Geburten pro Frau (2005) ist Deutschland in der Disziplin „niedrigste Geburtenrate“ fast gleichauf mit Italien und Spanien und wird derzeit nur noch von einigen Ländern des ehemaligen Ostblocks unterboten. Von geringen Schwankungen abgesehen, ist diese Größe in Westdeutschland bis Anfang der 1980er Jahre langsam zurückgegangen, seither schwankt sie zwischen ca. 1,2 und 1,5 Kindern je Frau um den heutigen Wert. Die absolute Zahl der Kinder, die ein Frauenjahrgang im Laufe des Lebens bekommt (sog. Kohortenfertilität) ist hingegen - parallel zu einem immer höheren Durchschnittsalter der Mütter - von knapp 2.0 beim Frauenjahrgang 1940 auf knapp 1.5 beim Frauenjahrgang 1965, der derzeit die Geburtenphase abgeschlossen haben dürfte, relativ kontinulierlich gefallen. In Ostdeutschland verharrte sie für die Jahrgänge 1948-1958 bei etwa 1.8, fällt danach ab und hat sich für den Jahrgang 1965 mit knapp 1.6 dem westdeutschen Niveau weitgehend angenähert. Die bisherigen Kinderzahlen der jüngeren Jahrgängen deuten, verglichen mit Frauen früherer Jahrgänge im selben Alter, auf ein weiteres Absinken hin. Der Unterschied zu Ostdeutschland wird deutlicher, wenn man die TFR betrachtet: für Ostdeutschland lag sie Mitte der 70er unter der Westdeutschlands, stieg dann aber in Folge familienpolitischer Maßnahmen in den letzten rd. 15 Jahren vor der Wende deutlich über dieselben. Die Stabilität der CFR zeigt, daß die Frauen dabei Geburten "nachgeholt" haben. Nach der Wende fiel umgekehrt die TFR der neuen Länder auf ein historisches Tief von ca. 0,8 Kinder je Frau im Jahr 1994 (dem niedrigsten je gemessenen Wert weltweit) und hat sich seitdem dem westdeutschen Wert allmählich weitgehend angenähert. Zur Reproduktion einer Bevölkerung mit Sterblichkeitsverhältnissen, wie sie z. B. in Deutschland vorliegen, ist es demgegenüber erforderlich, dass jede Frau im Durchschnitt rd. 2,1 Kinder zur Welt bringt (CFR 2,08). Deutschland befindet sich damit in einem globalen Trend, der auch als so genanntes „demographisch-ökonomisches Paradoxon“ bezeichnet wird: Je wohlhabender, freier und gebildeter eine Gesellschaft wird, desto weniger Kinder bekommt sie. Einer Studie des Berlin-Instituts zufolge [1] gilt dies für den Binnenvergleich hochindustrialisierter Länder allerdings nicht mehr: "Im Westen Europas ist ein ökonomisch-demographisches Paradoxon nicht mehr nachzuweisen." Die Ursachen des Geburtenrückganges sind vielschichtig, die Bedeutung einzelner Faktoren sehr umstritten. Individualisierte Lebensläufe, steigende Einkommen, eine erheblich verbesserte Bildung und damit verbundene Erwerbschancen insb. für Frauen haben ein Leben ohne Kinder immer attraktiver gemacht, zugleich stellt die Arbeitswelt immer höhere Anforderungen an die Mobilität und die Berufstätigkeit beider Partner und erschwert damit ein "Zusammenziehen". Zugleich stiegen dadurch die durch den Betreuungsaufwand für Kinder anfallenden Oppositionskosten, also der relative Wohlstandsnachteil, den Kinder mit sich bringen, insbes. in Ländern mit schlecht ausgebauter öffentlicher Kinderbetreuung. Über die modernen Sozialsysteme ist man in den meisten Ländern Westeuropas im Falle von Alter und Krankheit umgekehrt auf Kinder nicht mehr angewiesen. Hohe Trennungs-und Scheidungsraten, mit einschneidenden finanziellen Folgen insbesondere bei Vorhandensein von Kindern, machen die Familienplanung unsicher, erhöhen für beide Geschlechter die Ansprüche an einen geeigneten Partner und senken die Wahrscheinlichkeit von weiteren Kindern. Lange Ausbildungszeiten infolge der Bildungsexpansion und Schwierigkeiten beim Berufseinstieg führen zur Verzögerung von Familiengründungen, wobei mit zunehmendem Alter der Beteiligten einerseits wiederum die Ansprüche an den Partner wachsen, andererseits die Fruchtbarkeit nachläßt (ungewollte [Kinderlosigkeit]. Die immer höhere Bildung von Frauen, die etwa beim Abitur Männer inzwischen übertreffen, verknappt - da Frauen bislang selten einen insoweit unterlegenen Mann, Männer einen insoweit überlegenen Frau akzeptieren - für gut ausgebildete Frauen und für schlecht ausgebildete Männer das Angebot an potentiellen Partnern, noch verschärft durch die höhere Wanderungsneigung insb. gut ausgebildeter ostdeutscher Frauen. Effektive Verhütungsmittel sind jederzeit verfügbar und Schwangerschaftsabbrüche legalisiert. Dazu kommen nachlassende Religiosität und steigende Verstädterung, unsicherer werdende Erwerbsbiographien, mangelnde Verfügbarkeit familiengeeigneten Wohnraumes in Ballungsgebieten u.v.m. In jüngerer Zeit werden die Rolle und Bedeutung von Familienpolitik und die Möglichkeiten, die Geburtenrate durch staatliche Maßnahmen zu beeinflussen, kontrovers diskutiert. Traditionelle Familienformen sind noch recht häufig (erwerbstätiger in Vollzeit arbeiternder Vater, während sich die Mutter um die Kinder kümmert und allenfalls in Teilzeit arbeitet). Aktuell wird viel über die Wahlfreiheit debattiert, das heißt, Eltern (überwiegend Müttern) die Möglichkeiten zu geben, Familie und Beruf zu vereinbaren. Skandinavische Länder, aber auch zum Beispiel Island, werden in diesem Zusammenhang häufig als Musterländer angeführt. Von allen entwickelten Industriestaaten hatten im Jahr 2005 die USA, Island, Irland und Frankreich die höchsten Geburtenraten. Diese Staaten hatten eine Geburtenrate von etwa 2,0 Kinder pro Frau, was nahezu der Bestandserhaltungsquote entspricht. Auffallend ist, dass zwar Frankreich eine besonders aktive Familienpolitik betreibt, die USA und Irland diesbezüglich aber ausgesprochen zurückhaltend sind. zu 16. Ein- und Auswanderungen: Für die zukünftige Bevölkerungszahl und die Altersstruktur ist der Wanderungssaldo, d. h. die Differenz zwischen Zu- und Fortzügen, von Bedeutung. Der Wanderungssaldo war in den letzten 50 Jahren überwiegend positiv und betrug im Jahresdurchschnitt knapp 200.000 Personen. Davon waren drei Viertel Ausländerinnen und Ausländer. Das Statistische Bundesamt ging (2003) davon aus, dass die Zahl der Zuwanderungen langfristig sinken wird. Eine Grund dafür ist, dass die Zuwanderung aus Osteuropa oder der Türkei, sowohl aufgrund eigener Geburtenschwäche wie auch der stärkeren Orientierung osteuropäischer Zuwanderer z. B. nach England oder den USA, nach Deutschland abnimmt. Die ersten beiden Merkmale stützen die Befürchtung einer Unterjüngung/Vergreisung der Gesellschaft. In der Vergangenheit hat das positive Wanderungssaldo zwar für eine Zunahme der Bevölkerung gesorgt; diese ist allerdings in jüngster Zeit zum Stillstand gekommen und seit 2003 in eine Schrumpfung übergegangen. Unter Experten herrscht weitgehend Einigkeit, dass die Alterung durch Zuwanderung nicht dauerhaft aufgehalten, jedoch verlangsamt werden kann. Zur Problematik der Unterjüngung im Bereich der Wirtschaft siehe: Humankapital Zur Problematik der Unterjüngung im Bereich der Kultur bei gleichzeitig wachsendem Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund siehe: Integration Zur Problematik der Unterjüngung im Bereich der Außenpolitik siehe beispielhaft die Eurabien-Debatte. Differenzierte Betrachtung der Geburtenhäufigkeit in Deutschland und der SchweizTendenziell ist ein negativer Zusammenhang zwischen Bildung und sozialem Status der Eltern einerseits und der Kinderzahl andererseits festzustellen: Bei Personen (Frauen bzw. Paaren) mit höherem Bildungsabschluss ist die durchschnittliche Kinderzahl je Frau niedriger, das durchschnittliche Gebäralter höher und der Anteil dauerhaft Kinderloser ebenfalls höher als bei Personen mit niedrigerem Bildungsniveau. Schätzungen zufolgen beträgt die zusammengefasste Geburtenziffer bei Akademikerinnen ca. 0,9 Kinder je Frau, bei Frauen ohne Schulabschluss hingegen ca. 1,8, also rd. das Doppelte. Das mittlere Gebäralter liegt bei Akademikerinnen bei ca. 34 Jahren, bei Frauen ohne Ausbildung bei ca. 23 Jahren. Zu erwähnen ist auch die im Durchschnitt höhere Geburtenhäufigkeit in der zugewanderten Bevölkerung im Vergleich mit der einheimischen. Obwohl im Durchschnitt in Migrationsfamilien das Ausbildungs- und Einkommensniveau niedriger ist, kann die höhere Geburtenrate nur teilweise mit dem letztgenannten Zusammenhang erklärt werden. Hinzu treten kulturelle Unterschiede insbesondere in bestimmten Migrantengruppen. Der amtlichen Statistik zufolge liegt die Geburtenrate einheimischer Frauen bei ca. 1,1-1,3 Kindern je Frau, bei der zugewanderten hingegen bei ca. 1,7. Hier wiederum heben sich (von den großen Gruppen) insbesondere die Türkischstämmigen mit Geburtenraten deutlich über 2,0 hervor, wobei auch dort die Kinderzahl mit abnehmender Bildung, insbesondere der Mutter, zunimmt. Sowohl deutsche Studien wie auch die religionsbezogene Auswertung der Schweizer Volkszählung 2000 durch das Schweizer Bundesamt für Statistik legen eine starke demographische Wirkung des Faktors Religion nahe. Dies betrifft religiöse Zuwanderer wie Hindus und Muslime, aber auch mehrheitlich einheimische Religionsgemeinschaften wie Juden und einige Freikirchen. Die demographische Entwicklung in OstdeutschlandDie demographischen Veränderungen in Ostdeutschland bewirken aufgrund ihrer hohen Intensität und auch des zügigen Entwicklungsprozesses sowohl ökonomische als auch fiskalische Auswirkungen. Neben diesem reinen „Down-Sizing-Effekt“ kommt es hierbei additiv zu Altersstruktureffekten, deren ökonomische Wirkungen ganz erheblich sein können. Der Anteil der Rentnergeneration wird stark zunehmen, der Anteil von Kindern und Jugendlichen dementsprechend kräftig sinken. Auch die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter wird sich deutlich reduzieren, weil mehr Menschen altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheiden als junge Personen „nachrücken“. Die neuen Länder nehmen damit eine Entwicklung vorweg, die in ähnlicher Form in Westdeutschland mit einer Verzögerung von 20 Jahren ebenfalls eintreten wird. Dadurch sind für den westdeutschen Raum gerade Analysen von Politikmaßnahmen in ostdeutschen Regionen von hoher Relevanz.[2]. Kritik an der DemographieKritik an der Demographie wurde und wird u. a. hinsichtlich deren Missbrauchspotential geübt. So kritisiert der britische Demograph David Eversley, dessen Spezialgebiet Bevölkerungsprognosen sind, den „irrigen Glauben“, eine künftige Bevölkerung lasse sich exakt berechnen. „So komplex diese Modelle auch sein mögen, die ihnen zugrunde liegenden Thesen sind doch von zweifelhafter Gültigkeit. Entweder handelt es sich um rein mechanische Extrapolationen vergangener Trends oder um Berechnungen, die auf Vermutungen der Verfasser beruhen.“ Bevölkerungsprognosen, so Eversley, hätten normalerweise immer auch einen politischen Zweck verfolgt: „Die Geschichte der Bevölkerungsprognosen ist daher nie frei von Ideologie, und es muss immer gefragt werden, warum wurde die Prognose aufgestellt, was bezweckte der Autor wirklich.“ (Heim/Schaz, S. 12) Dem Mainstream der Demographen wird dabei eine unkritische Haltung zur Geschichte ihrer eigenen Disziplin vorgeworfen: Bis heute haben es die Demographen weitgehend vermieden, eine fachinterne Kritik zu leisten. Während es in anderen Disziplinen eine Heterogenität der Ansätze gibt, Richtungs- und Meinungsstreite offen ausgetragen werden, dominiert in der Bevölkerungswissenschaft dagegen ein Korpsgeist, der sich nicht zuletzt aus der besonderen Regierungsnähe, aus dem intimen und nie kritisch hinterfragten Verhältnis zur jeweiligen Macht erklärt. (Heim/Schaz, S. 12/13) Die Bremer Sozialwissenschaftler Gunnar Heinsohn, Otto Steiger und Rolf Knieper haben in ihrer Studie "Menschenproduktion - allgemeine Bevölkerungstheorie der Neuzeit"[3] gezeigt, wie die Demographie auf dem Hintergrund des Arbeitskräftebedarfs des neuzeitlichen Staats entstanden ist. Laut diesen Autoren diente die Bevölkerungswissenschaft dem modernen Staat zunächst dazu, durch eine Reihe von Maßnahmen, die auch die umfassende Kriminalisierung der Geburtenkontrolle einschloß, die Reproduktion der Bevölkerung in ausreichender Zahl sicherzustellen. Dieser These zufolge seien Geburtenraten, die wesentlich über der Reproduktionsrate von 2,1 liegen, entgegen einer Grundannahme vieler Demographen nicht naturgegeben, sondern meist durch Bevölkerungspolitik politisch hergestellt. Die Bevölkerungspolitik des deutschen nationalsozialistischen Regimes der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts ist also kein historischer Ausnahmefall, sondern steht durchaus in der Kontinuität frühmoderner Bevölkerungspolitik, die Hitler lediglich wiederbelebte und radikalisierte. Die Gegenkritik weist darauf hin, daß unwissenschaftliche Randannahmen oder der Mißbrauch für politisch fragwürdige Zwecke, auch soweit es sie in der Vergangenheit gab, kein notwendiger Teil der Demographie sind und daher heutige Forscher auf diesem Gebiet mit keinem entsprechenden Generalverdacht überzogen werden dürfen. Ein seriöser Demograph werde die Annahmen, auf denen seine jeweiligen Prognosen beruhen, offenlegen und entweder deren Eintrittswahrscheinlichkeit offenlassen oder begründen. Der Demograph sagt also z. B.: die Bevölkerung wird im Jahr 2160 so und so aussehen, vorausgesetzt, das heutige Geburten- und Zuwanderungsverhalten ändert sich nicht und die Lebenswerwartung steigt moderat weiter. Nur, wenn die Einflußfaktoren benannt und ihre jeweiligen Konsequenzen in Prognosen beschrieben würden, könne eine Gesellschaft sich darüber Gedanken machen,welche Einflußfaktoren (etwa das Geburten- und Zuwanderungsverhalten) beeinflußbar sind, welche Szenarien wahrscheinlicher sind als andere und wieweit man sich auf mögliche Konsequenzen vorbereiten muß. Quellen
Siehe auch
Literatur
Populärwissenschaftliche Literatur
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