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Compassionate UseUnter dem englischen Begriff Compassionate Use (wörtliche Übersetzung: Anwendung aus Mitgefühl) versteht man den Einsatz (noch) nicht zugelassener Arzneimittel an Patienten. In der deutschen Sprache gibt es kein unmittelbares Äquivalent. In der Literatur werden häufig Begriffe oder Umschreibungen wie Freigabe aus Barmherzigkeit[1] oder barmherziger Gebrauch [2]) beziehungsweise Anwendung eines nicht zugelassenen Arzneimittels an Patienten oder auch vorzeitig geduldete Anwendung eines noch nicht zugelassenen Arzneimittels aus humanitären Erwägungen[3] verwendet. Meist wird jedoch der englische Begriff Compassionate Use direkt verwendet. Auch wenn der Begriff sich im wesentlichen auf humane Patienten bezieht, gibt es diesen Begriff auch in der Veterinärmedizin. Medizinrechtler[4] definieren Compassionate Use wie folgt: Unter Compassionate Use wird die Anwendung eines möglicherweise wirksamen, jedoch noch nicht zugelassenen Arzneimittels im Einzelfall bei Patienten in lebensbedrohlichen Situationen oder mit schwer wiegenden nicht oder nicht mehr anderweitig therapierbaren Erkrankungen im Rahmen der ärztlichen Behandlungspflicht und Therapiefreiheit verstanden[5]. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Rechtliche SituationDer Einsatz von nicht zugelassenen Arzneimitteln an Patienten ist, je nach Staat, unterschiedlich geregelt. Eine Reihe von Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat spezifische nationale Programme aufgestellt, um Entwicklungsprodukte, die sich noch in der klinischen Erprobung befinden, in bestimmten Fällen den bedürftigen Patienten zur Verfügung zu stellen. Die nationalen „Compassionate Use“-Programme stellen in den jeweiligen Staaten auf unterschiedlichen Wegen sicher, dass bestimmte Patienten, entweder auf named patient–Basis oder auf cohort of patient-Basis Zugang zu neuen, viel versprechenden Arzneimitteln vor der Zulassung haben, wie es in den USA seit 1987 der Fall ist. In Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Luxemburg, den Niederlanden, Schweden und UK sind beide Programme möglich, in anderen Staaten ist oft nur die named patient-Basis möglich. Nur in wenigen Mitgliedsstaaten – darunter Deutschland – gibt es keine spezifische Regelung[3]. DeutschlandIm 14. Änderungsgesetz zum Arzneimittelgesetz (AMG) wurde der „Compassionate Use“ auch in das deutsche Arzneimittelrecht aufgenommen[6]. Hiermit hat der Gesetzgeber im AMG eine Regelung getroffen, nach der das Inverkehrbringen im Rahmen des Compassionate Use jetzt rechtlich zulässig ist[7]. Zuvor konnten Patienten in Deutschland mit nicht zugelassenen Arzneimitteln nur auf Basis auf des rechtlich unsicheren § 34 StGB (rechtfertigender Notstand) behandelt werden[8] Der § 21 Abs. 2 AMG sieht unter Nr. 6 vor:
Da bisher keine Rechtsverordnung nach § 80 AMG vorliegt hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zur Zeit keine Rechtsbefugnis über „Compassionate use“-Programme zu entscheiden[6]Stand: 8. August 2006. Dennoch ist eine Rechtsgrundlage für ein Compassionate-Use–Programm vorhanden, auf welche sich Hersteller, Ärzte und Patienten berufen können[9]. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kann zur Zeit nur empfehlende Hinweise für „Compassionate use“-Programme geben ohne deren Erfüllung zu prüfen. Das Institut macht daher auf die nachfolgenden Punkte aufmerksam, die nach seiner Einschätzung vor der Durchführung eines „Compassionate use“-Programms erfüllt sein sollten[6]:
SchweizPrinzipiell dürfen nur Arzneimittel in Verkehr gebracht werden dürfen, deren Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität durch die zuständigen Behörden geprüft wurden und dort, wo dies nicht der Fall ist, ähnlich strenge Regeln beachtet werden müssen. Jede Anwendung für ein Arzneimittel, das nicht von Swissmedic zugelassen ist, braucht deshalb eine Bewilligung. Diese Möglichkeit ist speziell für die Behandlung von lebensbedrohenden Krankheiten im Heilmittelgesetz (HMG) (Art. 9 Abs. 4) unter bestimmten Voraussetzungen gegeben[11]: „Der Einsatz nicht zugelassener Arzneitmittel wird in der Schweiz durch das Heilmittelgesetz in § 9 geregelt: [..] Keine Zulassung brauchen: a. Arzneimittel, die in einer öffentlichen Apotheke, in einer Spitalapotheke oder, in deren Auftrag, in einem anderen Betrieb, der über eine Herstellungsbewilligung verfügt, nach ärztlicher Verschreibung für eine bestimmte Person oder einen bestimmten Personenkreis oder für ein bestimmtes Tier oder einen bestimmten Tierbestand hergestellt werden (Formula magistralis); b. Arzneimittel, die in einer öffentlichen Apotheke, einer Spitalapotheke, einer Drogerie oder in einem anderen Betrieb, der über eine Herstellungsbewilligung verfügt, nach einer speziellen Präparate-Monografie der Pharmakopöe oder eines andern vom Institut anerkannten Arzneibuchs oder Formulariums in kleinen Mengen zubereitet werden und die für die Abgabe an die eigene Kundschaft bestimmt sind (Formula officinalis); c. Arzneimittel, die in einer öffentlichen Apotheke, einer Spitalapotheke, einer Drogerie oder in einem anderen Betrieb, der über eine Herstellungsbewilligung verfügt, im Rahmen der Abgabekompetenz der für die Herstellung verantwortlichen Person gemäss Artikel 25 nach einer eigenen Formel in kleinen Mengen zubereitet werden und die für die Abgabe an die eigene Kundschaft bestimmt sind. Die Inhaberin der Formel darf einen andern Betrieb mit Herstellungsbewilligung beauftragen, die für die Abgabe an die eigene Kundschaft bestimmten Arzneimittel herzustellen; d. Arzneimittel für klinische Versuche; e. Arzneimittel, die nicht standardisierbar sind.“ Swissmedic definiert die Rahmenbedingungen für den Präparateeinsatz wie folgt[11]:
FrankreichIn Frankreich wird der Compassionate Use häufig angewendet. Auch die Übernahme der Behandlungskosten durch die gesetzlichen Krankenversicherungen ist geregelt[1]. Beispiele von Compassionate Use
Am bekanntesten dürfte der Compassionate Use von Marihuana in den Vereinigten Staaten von Amerika sein. Das Compassionate Investigational New Drug Program (deutsch: Programm zur Verwendung von Medikamenten im Erprobungsstadium aus Mitgefühl) begann 1978 mit der Verteilung von Marihuana-Zigaretten an ausgewählte Patienten, die an Erkrankungen wie Glaukom und Epilepsie leiden[19]. In diesem Fall von Compassionate Use gab es eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten in den USA. DifferenzierungOff-Label-Use
Nicht zu verwechseln ist Compassionate Use mit Off-Label-Use. Bei dem Off-Label-Use handelt es sich um die Anwendung eines zugelassenen Arzneimittels für eine Indikation, in der keine Zulassung vorliegt. Das heißt, es wird beim Off-Label-Use ein Arzneimittel verwendet, das
Das Bundessozialgericht hat den kontrollierten Off-Label-Use dem Compassionate Use allerdings gleichgestellt[5]. Nach Meinung vieler Ärzte und Juristen ist dies aber aus den oben genannten Gründen nicht zutreffend. Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen stellt dagegen in einem Schreiben an den Bundestagsausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung zum Entwurf des Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes fest: „Compassionate use ist außerdem klar von den Regelungen zum off-label-use abzugrenzen; keinesfalls sind die Begriffe synonym zu verstehen. Compassionate use regelt nur die Arzneimittel, die sich bereits in klinischen Prüfungen der Phase III befinden bzw. den Zeitraum zwischen Ende der Zulassungsstudie und Markteinführung abdecken. Diese Voraussetzungen werden jedoch beim off-label-use nicht erfüllt.“ In der Schweiz sagt der Begriff Compassionate Use dagegen nichts zum Status (klinische Phase) des Arzneimittels selbst aus[20]. Unlicensed UseDer Begriff Unlicensed Use (wörtlich: unerlaubte Verwendung) eines Arzneimittels besagt zunächst, dass für das betroffene Arzneimittel keine behördliche Zulassung vorliegt. Darunter fallen nicht Arzneimittel, die gar keiner Zulassung bedürfen.[20]. So bedürfen beispielsweise in der Schweiz folgende Arzneimittel keiner Zulassung:
Orphan-Arzneimittel
Orphan-Arzneimittel sind Arzneimittel für seltene Erkrankungen, die lebensbedrohlich oder schwerwiegend sind und für die bisher keine zufriedenstellenden Behandlungsmöglichkeiten bestehen [21]. Quellen
Literatur
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Compassionate_Use aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |