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Cholera



Klassifikation nach ICD-10
A00.0 Cholera durch Vibrio cholerae O:1, Biovar cholerae
A00.1 Cholera durch Vibrio cholerae O:1, Biovar eltor
A00.9 Cholera, nicht näher bezeichnet
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

 

Die Cholera (gr.: Gallenbrechdurchfall) ist eine schwere, bakterielle Infektionskrankheit, die vorwiegend den Dünndarm befällt. Sie kann extremen Durchfall und starkes Erbrechen verursachen, was zu einer schnellen Austrocknung (Exsikkose) mit Elektrolytverlust führen kann. Obwohl die meisten Infektionen asymptomatisch verlaufen (etwa 85 %), beträgt die Letalität bei Ausbruch der Krankheit unbehandelt zwischen 20 und 70 %.

Inhaltsverzeichnis

Symptome und Beschwerden

Nach einer Inkubationszeit von 2-3 Tagen verläuft Cholera meist in drei Stadien:

  1. Stadium mit Brechdurchfall mit häufig dünnflüssigem Stuhl, oft mit Schleimflocken durchsetzt („Reiswasserstuhl“) und selten mit Schmerzen im Bauch.
  2. Stadium des Flüssigkeitsmangels (Exsikkose). Dabei kommt es zu Untertemperatur und zu einem auffälligen Gesichtsausdruck mit spitzer Nase, eingefallenen Wangen und stehenden Hautfalten.
  3. Stadium der allgemeinen Körperreaktion mit Fieber, Benommenheit, Verwirrtheit, Koma und Hautausschlag. Komplikationen wie zum Beispiel eine Lungenentzündung, eine Entzündung der Ohrspeicheldrüse und eine Sepsis können hinzukommen.

Menschen mit der Blutgruppe O sind besonders gefährdet, solche mit der Blutgruppe AB am wenigsten.

Diagnose

Die Diagnose geschieht

  • anhand der typischen Beschwerden, die bei einer Person in einem Gebiet mit bekannter Choleragefahr auftreten und
  • anhand des bakteriologischen Erregernachweises im Stuhl oder in Erbrochenem. Die Anzucht geschieht in sog. Peptonwasser bei pH 9.

Ursachen

   

  • Die Cholera wird durch das Bakterium Vibrio cholerae ausgelöst, dessen Toxin (Choleratoxin genannt) zu starkem, reiswasserartigem Durchfall mit großem Flüssigkeitsverlust führt (bis zu 25 Liter am Tag). Der Erreger wurde erstmals von Filippo Pacini 1854 als gekrümmtes, kommaförmiges und hochbewegliches Bakterium beschrieben.
  • John Snow erkannte ebenfalls 1854, dass die herrschende Cholera in London nicht durch Dünste (Miasmen) verbreitet wurde, wie seinerzeit allgemein angenommen wurde.
  • Robert Koch hat 1883 zusammen mit Fischer und Georg Gaffky (1850–1918) in Ägypten den Erreger aus dem Darm von verstorbenen Patienten in Reinkultur angezüchtet.
  • Cholera tritt häufig in armen Ländern auf, in denen Trinkwasser- und Abwassersysteme nicht voneinander getrennt sind.
  • Cholera wird in der Regel durch Trinkwasser verursacht, welches mit Choleraerregern verunreinigt ist. Choleraerreger finden sich vor allem in Fäkalien, sowie in Fluss- und Meerwasser, welches mit Fäkalien belastet ist. Außerdem können Fische und andere Nahrungsmittel aus Flüssen und dem Meer mit Choleraerregern verunreinigt sein.
  • In den Industrieländern ist meist eine ausreichende und hygienisch einwandfreie Versorgung der Bevölkerung gewährleistet, so dass Cholerafälle selten sind. In den Entwicklungsländern ist die Cholera eine weit verbreitete und gefährliche Krankheit.
  • Der letzte größere Choleraausbruch in Deutschland war in Hamburg im Jahr 1892. Die Krankheit kann epidemisch auftreten und ist in Deutschland meldepflichtig.

Geschichte

Eine Krankheit, die nach heutigem Dafürhalten möglicherweise die Cholera war, wurde seit etwa 600 v. Chr. im Gangestal in Indien beobachtet. Seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert breitete sich die Seuche von Indien kommend nach Westen aus. Um 1830 brachten die gegen den polnischen Aufstand herangerufenen russischen Truppen von der indischen Grenze die Krankheit erstmals nach Europa (Tod von Hegel, Clausewitz, Gneisenau u. v. a.). Binnen weniger Jahre wurden fast alle europäischen Länder von verheerenden Seuchenwellen heimgesucht.

Die empirischen Befunde anhand dieser Epidemie waren für die wissenschaftliche Medizin zunächst niederschmetternd. Denn sie widerlegten beide seit dem ausgehenden Mittelalter in Europa herrschenden Theorien - sowohl die Miasmentheorie der Übertragung durch üble Dünste als auch die Kontagionstheorie der Übertragung durch Berührung eines Kranken. Ein halbes Jahrhundert lang mangelte eine neue Theorie.

Mitte des 19. Jahrhunderts gab es noch große Cholera-Epidemien auf dem Festland und in England. Man wusste sich zwar praktisch zu helfen, etwa durch die neue Erscheinung der „Cholera-Zeitungen“, in denen die getroffenen Maßnahmen verkündet wurden. Sie enthielten auch lange Namenslisten der an Cholera Erkrankten und Verstorbenen. Wichtig wurde dann auf Grund der Wiederkehr der Seuche der Bau des großen Londoner Abwassernetzes unter Joseph Bazalgette.

Tragische Figur dieser Epidemien in London ist der Arzt John Snow, der bereits 1854 die Übertragung der Cholera über verschmutztes Trinkwasser entdeckte, dessen Hypothese sich aber nur langsam durchsetzen konnte. Im gleichen Jahr entdeckte Filippo Pacini in Florenz im Darminhalt mehrerer Choleraopfer große Zahlen an Bakterien (Vibrionen), die er für die Erreger der Seuche hielt. Auch er konnte sich aber mit seiner Auffassung nicht durchsetzen. Dies gelang erst durch die moderne Theorie der Ansteckung durch Robert Koch, speziell für die Cholera 1884.

Vorher traten in der österreichischen Hauptstadt Wien noch mehrere Choleraepidemien auf. Die erste wurde im Jahr 1830 beobachtet und forderte bis zum Dezember 1831 rund 2.000 Tote. Ursache war das enorme Wachstum der Stadt, womit die Wiener Wasserversorgung nicht Schritt halten konnte. 1854 wurde der Dichter Ferdinand Sauter erstes Opfer eines weiteren Ausbruchs. Am 27. Juli 1866 wurde ein weiterer Cholerafall in Wien entdeckt. Die Seuche war während des Preußisch-Österreichischen Kriegs im preußischen Heer ausgebrochen und kostete in diesem Feldzug dort 3.139 Soldaten das Leben. Mit dem Truppenvormarsch verbreitete sich die Cholera in Niederösterreich. Am 24. August 1866 begann in Wien eine Choleraepidemie, die bis zum 23. November 1.609 Tote in der Stadt verursachte. In der Umgebung waren rund 4.000 Opfer zu beklagen. Im übrigen Niederösterreich kam es in 490 Ortschaften zu geschätzten 23.000 Choleraerkrankungen, wovon etwa 8.000 tödlich endeten. Im Krimkrieg (1853 bis 1856) kamen auf beiden Seiten mehr Soldaten durch die Cholera um als in Kampfhandlungen. So starben u. a. der britische Oberbefehlshaber Lord Raglan und der Befehlshaber der französischen Flotte Armand Joseph Bruat daran.

Um 1892 grassierte die Cholera in Afghanistan und gelangte nach Russland. In Hamburg kam es in diesem Jahr zur großen Choleraepidemie von 1892. Robert Koch vermutete, dass russische Amerika-Auswanderer sie mit in die deutsche Hafenstadt gebracht hätten. Es gibt jedoch auch Zweifel an dieser Hypothese, da die ersten Cholerafälle unter Einheimischen diagnostiziert wurden. Durch die fehlende Aufklärung der Bevölkerung und zu wenig Kläranlagen wurde der Ausbruch des Erregers begünstigt. Allein in Hamburg starben mehr als 8600 Personen.

Die letzte größere Choleraepidemie weltweit breitete sich in Peru 1991 aus. Am 9. Februar rief die peruanische Regierung den nationalen Notstand aus, trotzdem trat die Epidemie auch in Ecuador, Kolumbien, Mexiko und Nicaragua auf. Von den rund 400.000 damals in Südamerika Erkrankten starben schätzungsweise 12.000.

Laut aktuellen Informationen der Weltgesundheitsorganisation (September 2007) breitet sich derzeit eine Choleraepidemie in weiten Teilen Iraks aus, mit schätzungsweise über 30.000 betroffenen Menschen.[1]

Behandlung

Die wichtigste Behandlungsmaßnahme ist der ausreichende Ersatz von Flüssigkeit, Zucker und Salzen. Dieser Ersatz erfolgt am besten intravenös, da so der entzündete Magen-Darm-Trakt umgangen wird. In Ländern der Dritten Welt wird aber auch der orale Flüssigkeitsersatz einfach und erfolgreich praktiziert.

Die WHO empfiehlt eine oral zu verabreichende Salz- und Glukoselösung in Wasser, die aus folgenden Komponenten besteht:

Die optimale Mischung enthält die Lösung 'ORS' (Oral Rehydration Solution), die es als Fertigpulver zu kaufen gibt. Ein Antibiotikum vom Fluorchinolonetyp, z. B. Ciprofloxacin ist bei schweren Verläufen empfehlenswert. Verkürzt jedoch v. a. die Zeit der Infektiosität, selten den Krankheitsverlauf. Eine Untersuchung in Bangladesh konnte kürzlich zeigen, dass eine Einmalgabe des besser verträglichen Antibiotikums Azithromyzin wirksamer war als Ciprofloxacin. Mit diesen Maßnahmen kann die Sterblichkeitsrate von 60 % auf unter 1 % gesenkt werden. Zur Vorbeugung empfiehlt sich vor allem die Einhaltung hoher hygienischer Standards, vor allem die Bereitstellung hygienisch einwandfreien Trinkwassers. Auch eine Impfung ist möglich, wird allerdings im allgemeinen nicht empfohlen. Neuere Entwicklungen (Schluckimpfung) sind wirksamer und verträglicher und schützen auch zu einem gewissen Grad vor dem klassischen Reisedurchfall. Die frühere intramuskuläre Impfung ist als veraltet und wirkungslos zu beurteilen.

Choleratoxin

Das Choleratoxin ist ein hexameres Protein, das aus einer alpha- und fünf beta-Untereinheiten aufgebaut ist. Es durchquert die Plasmamembran und hemmt die GTPase-Aktivität der G-alpha/s-Untereinheit eines heterotrimeren G-Proteins , indem es diese durch Anhängen einer ADP-Ribose (aus intrazellulärem NAD+) ADP-ribosyliert. Dadurch wird die intrinsische GTPase-Aktivität der G-alpha/s-Untereinheit, die GTP zu GDP umsetzt, blockiert. Da das G-Protein die Adenylatcyclase nun permanent aktiviert, kommt zu einem Überschuss des Second Messengers cAMP. Damit wird die Aktivität bestimmter Membrankanäle verändert, wodurch es zu einem massiven Ausstrom von Chlorid- und Hydrogencarbonat-Ionen und Wasser kommt. Zusätzlich kommt es durch Hemmung des Na+/H+-Austauschers zu einem Na+-Verlust.

Ein neuer oraler Cholera-Impfstoff wirkt nicht nur antibakteriell (gegen den Erreger) sondern zusätzlich antitoxisch (gegen das Choleraexotoxin).

Literatur

  • Richard J. Evans: Tod in Hamburg. Stadt, Gesellschaft und Politik in den Cholera-Jahren 1830-1910. Reinbek 1990, ISBN 3-498-01648-2
  • Gerold Schmidt: Cholera-Zeitungen (1831–1832) als biographisch-genealogische Quelle in: Genealogie. Deutsche Zeitschrift für Familienkunde. Neustadt (Aisch). 46. Jahrgang 1997, S. 708–736 (mit Abb.)
  • H. Lodisch (Zellbiologie) 4. Aufl.
  • A single dose of azithromycin was more effective than ciprofloxacin for severe cholera in men in Bangladesh.Evid Based Med. 2006 Dec;11(6):181

Siehe auch

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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Cholera aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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