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Bruno Kisch



Bruno Zacharias Kisch (* 28. August 1890 in Prag; † 12. August 1966 in Bad Nauheim) war ein experimenteller Kardiologe und Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Herz- und Kreislaufforschung.

Inhaltsverzeichnis

Lebensweg

Der Spross einer traditionsreichen Akademiker- und Offiziersfamilie erarbeitete sich, trotz Widerwillens gegen das Studium an der Karls-Universität, einen glänzenden Aufstieg und widmete sich der Forschung an Institutionen in Prag, Neapel, Frankfurt und Köln. Wie für viele andere geriet ihm der Aufstieg des Nationalsozialismus zur Lebenstragödie, die ihn die Karriere kostete, in die Emigration zwang und die Ermordung von Familienangehörigen in den Vernichtungslagern bedeutete. Nur durch seine niemals abbrechenden Kontakte zu langjährigen deutschen Freunden war Kisch, der in den USA noch lange Zeit akademischer Außenseiter blieb, nach dem Krieg schließlich seine persönliche Versöhnung mit dem Land der Täter möglich.

Frühe akademische Laufbahn und Kriegsteilnahme

Kisch wurde als Sohn eines Gymnasialprofessors und Rabbiners geboren; er war der jüngere Bruder des Juristen Guido Kisch und ein Cousin des Journalisten Egon Erwin Kisch. 1908 begann Kisch ein Studium der Medizin in Prag. 1913 ging er als Assistent von Heinrich Ewald Hering, der zu dieser Zeit seine Stellung als Dekan und Universitätsdirektors aufgab und nun eine Professur für Pathophysiologie annahm, mit diesem an die Akademie für ärztliche Fortbildung in Köln. Ihr Verhältnis blieb immer ein gespanntes; Kisch war wie viele andere von Herings autoritärem Stil abgestoßen und musste später zudem zwangsläufig in Konkurrenz zu seinem Lehrer treten.

Im Ersten Weltkrieg meldete sich Kisch freiwillig zur Sanitätstruppe. Er hatte Gelegenheit, auch noch als Soldat seine Studien zu betreiben, und reichte seine Habitilationsschrift per Post vom Kriegsschauplatz in Russland ein - die Lehrberechtigung aus Köln erreichte ihn auch per Feldpost. Das Kriegsende erlebte er lebendig und hochdekoriert, aber auch finanziell einigermaßen ruiniert, da der unpolitische Patriot sein Erbe in Kriegsanleihen gezeichnet hatte.

Zwischen den Kriegen

Zurück in Köln wurde Kisch 1925 zum Ordinarius für Physiologie an der wiedergegründeten Universität berufen. 1927 war er maßgeblich an der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Herz- und Kreislaufforschung beteiligt, dem ersten nationalen Zusammenschluss für Kreislaufmedizin.

1934 wurde Kisch infolge der antijüdischen Gesetzgebung der nationalsozialistischen Machthaber die Venia Legendi entzogen, worauf er eine kardiologische Praxis eröffnete, die er aber nach dem Erlass eines Berufsverbots für jüdische Ärzte bereits 1937 wieder schließen musste. Mit Hilfe des bereits emigrierten Kollegen Franz Maximilian Groedel konnte Kisch ein Visum zur Einreise in die USA und ein Forschungsstipendium an der Yeshiva University in New York City erlangen.

Emigration und späte Jahre

In dem fremden Land hatte Kisch mit vielzähligen Schwierigkeiten zu kämpfen. Ein Resultat daraus war die Gründung des American College of Cardiology, das die aus dem Wissenschaftsbetrieb weitgehend ausgeschlossenen Emigranten aufbauten und dessen Präsident Kisch zwei Jahre lang war. Höchst beflügelnd wirkte sich allerdings der Zugang zu einem der neuen Elektronenmikroskope aus, dessen Möglichkeiten Kisch neue Impulse für seine seit Jahren stagnierende Forschungs- und damit auch Publikationstätigkeit verdankte. Als Assistent an der Yale University war er selbst an der Entwicklung dieser Neuerung beteiligt.

1952 gelangte Kisch als Gast der Jahrestagung der DGHKF in Bad Nauheim wieder nach Deutschland und wurde zum Ehrenmitglied ernannt. Ab Anfang der 1960er war er dann beinahe jährlich in Bad Nauheim, wo er auch im Frühjahr 1966 Hilfe suchte, um die Folgen einer verschleppten Lungenentzündung zu kurieren. Kisch erlag den Folgen der Erkrankung; sein Körper liegt in Jerusalem begraben.

Wissenschaftliche Leistung

Medizinische Forschung

Bruno Kischs berufliches Interesse galt ganz der experimentellen Medizin. Er leistete bei den Kreislaufreflexen wichtige Vorarbeiten für Erfolge, die andere, namentlich Hering, von dem er persönlich wenig hielt, zu wissenschaftlichem Weltruhm verhielfen. Ebenso machte er als einer der ersten Schritte auf dem Weg der Entwicklung der induzierten Kardioplegie und beschrieb als erster die sogenannte overdrive suppression in der Elektrophysiologie des Herzens.

In seiner späteren Forschung machte Kisch begeisterten Gebrauch von der neu entwickelten, nur wenigen zugänglichen Elektronenmikroskopie, deren Nutzen er früh erkannte und die ihm zu einer neuen Blüte seiner Forschung verhielf. Seiner Arbeit über die Ultrastruktur des Herzens verdankt die Wissenschaft die Entdeckung der Mitochondrien der Herzmuskelfasern und ihrer Funktion (1952). Er beschrieb auh zuerst die Granula des Vorhofs (1963).

Kischs Forschung hatte nicht allein die Humanbiologie zum Gegenstand; er mikroskopierte auch an Herzen von Fischen und Fröschen, wie er seit seines ersten Aufenthalts in Neapel überhaupt große Neugier für die Meerestiere zeigte; davon zeugt auch seine Entdeckung des Phosphokreatins am elektrischen Organ des Rochens. Ferner arbeitete er in seinem Spätwerk über die Ultrastruktur tierischer Flugmuskeln ebenso wie über die Ultrastrukturen der Kapillaren.

Nicht zu unterschätzen ist der Nutzen, der der Forschung durch die von Kisch betriebenen Gründungen der DGHKF und des ACC erwachsen ist. Der zweijährlich von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie vergebene Forschungspreis für experimentelle Herzmedizin trägt seinen Namen zum Andenken Bruno Kischs.

Andere Bereiche

Als vielseitig gebildeter Geist beschränkte sich Kisch nicht auf sein berufliches Gebiet. Seine Bemühungen brachten auch nennenswerte Ergebnisse auf gänzlich anderen Gebieten hervor, so in der Numismatik und sogar der Literatur. In einer Würdigung der Gesellschaft für Kardiologie wurde er deshalb ein „vollständiger Mensch“ nach dem ideal eines Universalgelehrten der Renaissance genannt.

Als praktizierender Jude war Kisch auf dem Gebiet der Religion in der Öffentlichkeit aktiv, in Deutschland u.a. mit der Gründung des Kölner jüdischen Lehrhauses, wie auch in den USA. Er hielt Vorträge, betrieb Gemeinde- und Ahnenforschung und widmete sich der Bewahrung des Andenkens großer jüdischer Gelehrter, wobei er den berühmten Rabbi Löw zu seinen Vorfahren zählte.

Einige Akten aus seinem umfangreichen Archiv vermachte Kisch dem Stadtarchiv der Stadt Köln, andere Teile seines Nachlasses wurden von seiner Witwe Ruth Kisch-Arndt den Central Archives for the History of the Jewish People in Jerusalem übergeben.

Publikationen

Die folgende Liste stellt eine Auswahl hauptsächlich der wichtigeren naturwissenschaftlichen Veröffentlichungen Kischs dar. Weitere Titel können dem Katalog der Deutschen Nationalbibliothek entnommen werden.

  • Fachausdrücke der physikalischen Chemie. Berlin und Wien, 1919.
  • Physiologie des äusseren und mittleren Ohres. In: Handbuch der Neurologie des Ohres, Bd. 1. Berlin und Wien, 1924.
  • Kreislauf. In: Albrecht Bethe et al: Handbuch der normalen und pathologischen Physiologie. Band 7, 1. Berlin, 1926.
  • Pharmakologie des Herzens. In: Handbuch der normalen und pathologischen Physiologie. Band 7, 2. Berlin, 1927.
  • Naturwissenschaft und Weltanschauung. Leipzig, 1931.
  • Der Herzalternans. Dresden und Leipzig, 1932.
  • Die Rolle der Sarkosome im Herzmuskel. Pflügers Archiv 255: 130-133, 1952.
  • Electron Microscopy of the Cardiovascular System. Charles C. Thomas, 1960.
  • Der perinukleäre Raum der Herzmuskelfasern. Ein kurzer Bericht. In: Zeitschrift für Kreislaufforschung 53: 205-211, 1963.
  • The perinuclear space in the atrium of coldblooded animals. In: Experimental Medicine and Surgery 23: 243-247, 1965.
  • Wanderungen und Wandlungen. Die Geschichte eines Arztes im 20. Jahrhundert Köln, 1966. (Autobiographie)

Literatur

  • Eitel, Joseph: Bruno Kisch zum 70. Geburtstag In: Basic Research in Cardiology 33: 1-2, 1960.
  • Reichert, Philip: Bruno Z. Kisch 1890-1966 - A Tribute. American Journal of Cardiology 18: 967, 1966.
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Bruno_Kisch aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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