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Backhefe
Backhefe oder Saccharomyces cerevisiae (Synonym: Bierhefe, Bäckerhefe, Gest, Germ (in Österreich, mundartlich in Altbayern)) ist eine Knospungs-Hefe (engl. budding yeast). Backhefe hat, wie der lateinische Name besagt (cerevisiae, d. h. vom Bier), ihren Ursprung in obergärigen Bierhefen. Saccharomyces kommt aus dem griechischen und bedeutet „Zuckerpilz“. Zellen von Saccharomyces cerevisiae sind rund bis oval und haben einen Durchmesser von 5–10 µm. Sie vermehren sich durch den Prozess der Knospung. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
WissenschaftDer Eukaryot Saccharomyces cerevisiae ist wie der Prokaryot Escherichia coli ein Modellorganismus in der molekularbiologischen Forschung. Aufgrund der einfachen Kulturbedingungen und der Verwandtschaft der internen Zellstruktur zu anderen eukaryoten Zellen in Pflanzen- und Tierwelt wird er zum Beispiel zur Untersuchung des Zellzyklus verwendet. Saccharomyces cerevisiae war der erste eukaryotische Organismus, dessen Nucleinsäure-Basensequenz im Genom vollständig ermittelt wurde. Das Genom besteht aus 13.000.000 Basenpaaren und 6.275 Genen. Es wird angenommen, dass etwa 23 % des Hefegenoms mit dem humanen Genom verwandt sind. Veränderte Stämme von Saccharomyces cerevisiae werden beispielsweise bei dem Hefe-Zwei-Hybrid-System, verwendet. Es gibt zwei größere Datenbanken zum Hefegenom:
StoffwechselAusscheidungsprodukte des Hefe-Stoffwechsels sind im wesentlichen Kohlendioxid und Ethanol (Alkohol). Dies ist davon abhängig, ob die Umgebung, in der sich die Hefe befindet, Sauerstoff enthält oder nicht. Backhefe ist fakultativ anaerob, d. h. die Energiegewinnung kann sowohl durch Atmung, als auch durch Gärung erfolgen. Bei der Produktion von Alkohol und der Verwendung als Treibmittel beim Backen ist der anaerobe Stoffwechsel entscheidend. Beim Vorhandensein größerer Mengen an gut verwertbaren organischen Stoffen (vor allem Zucker) tritt auch bei aerober Kultivierung fermentativer Stoffwechsel („Gärung“) auf. Dieses Phänomen wird als Crabtree-Effekt (Crabtree-Effekt) bezeichnet. Der Crabtree-Effekt mindert das Hefenwachstum und ist deshalb in der Regel bei der Hefeproduktion unerwünscht. Durch entsprechende Substratzuführung kann dieser minimiert werden (vgl. Fed-Batch-Prozess). Wenn der Backhefe keine Glucose mehr zur Verfügung steht, wird auch (das vorher selbst produzierte) Ethanol als Energiequelle benutzt. Auf diese Weise kann sich Hefe weiter vermehren, solange keine Inhibition durch zu große Ethanol-Konzentrationen oder eine Begrenzung durch den Mangel an anderen Nährstoffen (Phosphate, Aminosäuren) vorliegt. Die beste Temperatur für den Trieb der Hefe liegt bei ca. 32 °Celsius. Zur Vermehrung der Hefe sind ungefähr 28 °C ideal. Bei Temperaturen über 45 °C beginnen die Hefen zu sterben. Hefe ist druckempfindlich. Wenn der Druck im Gärbehälter über 8 bar ansteigt, stellt Hefe ihre Gärtätigkeit ein. Dieser Effekt wird auch zur Steuerung des Gärprozesses genutzt. VerwendungHefen der Gattung Saccharomyces werden in vielerlei Bereichen eingesetzt. Neben ihrer Verwendung beim Backen sind diese Hefen auch an der Gärung von Bier und Wein beteiligt. Ebenso dienen sie heutzutage bei der Herstellung von Ethanol-Kraftstoff und Zellulose-Ethanol. HerstellungGrundlage für die industrielle Backhefe-Produktion sind zwei Dinge:
Während der Hefestamm das Betriebsgeheimnis der jeweiligen Hefeproduzenten ist, ist der technische Ablauf der Hefevermehrung allgemein bekannt. Um Massen von Mikroorganismen in Reinkultur herzustellen, werden sie in der Biotechnik in der Regel in mehrstufigen Kulturverfahren produziert. Ein einstufiges Verfahren, bei der ein großes Volumen eines Kulturmediums mit einer kleinen Menge der Organismen beimpft wird, ist aus mehreren Gründen sehr nachteilig. Würde so vorgegangen, würde eine großvolumige Anlage relativ lange Zeit für die Vermehrung benötigt. Das hätte folgende Nachteile:
Auch bei der Backhefe-Produktion wird deshalb die Vermehrung in mehreren Stufen geführt, zum Beispiel von einer Reagenzglaskultur über flüssige Kulturmedien mit 50 mL, 1 L, 10 L, 40 L, 400 L, 4 m3, 10 m3 und 200 m3. Die Abstufungen können auch anders sein. Als Kulturmedium wird eine wässrige Lösung von 8 - 10 % Melasse verwendet. Melasse enthält etwa 50 % Zucker. Die Lösung wird mittels Säuren auf einen pH-Wert von etwa 4,5 gebracht, gekocht (damit fremde Mikroorganismen abgetötet werden) und gefiltert. Dann werden Nährsalze (hauptsächlich Ammoniumsalze und Phosphate) sowie Vitamine der B-Gruppe zugesetzt, da diese für das Hefewachstum benötigt werden und in der Melasse nicht in ausreichenden Mengen vorhanden sind. Die Kulturen werden aerob, das bedeutet unter Belüftung, geführt, um eine möglichst hohe Biomasse-Ausbeute zu erhalten. Die ersten 4 Stufen bis etwa 40 L werden im Laboratorium geführt, wobei die Kultureinrichtungen sterilisiert werden, die Hefe also in Reinkultur vermehrt wird. Dies dauert etwa 8 Tage. Die nächsten 2 bis 3 Stufen bis etwa 10 m3 werden im Betrieb in einer stationären technischen Anlage geführt, der sogenannten Reinzuchtanlage, die ebenfalls sterilisiert wird (Heissdampf 120 °C unter 1 bar Überdruck), Dauer etwa 2 Tage. Für die letzten 2 Stufen werden wegen ihrer Größe (200 m3) nicht sterilisierte Anlagen verwendet, jedoch werden Fremdmikroorganismen weitgehend ausgeschlossen. Diese Kulturen dauern jeweils nur kurze Zeit (je 10 bis 20 Stunden) und werden mit einer hohen Hefekonzentration gestartet, so dass etwaige Fremdorganismen praktisch nicht zur Entwicklung kommen. Im angeführten Beispiel wird in der 200 m3-Stufe zunächst etwa 18 t "Stellhefe" erhalten. Manchmal wird Stellhefe auch in zwei Stufen erzeugt. Aus der Stellhefe wird in einer letzten Phase, ebenfalls in einer 200 m3-Anlage, in etwa 10 Stunden die Versandhefe produziert, zum Beispiel in 4 Parallelkulturen mit je 200 m3 Medium etwa 65 – 70 t. In etwa 11 Tagen wird so aus etwa 8 mg Ausgangsmasse mit etwa 33 Verdoppelungen die fast zehnmilliardenfache Hefemasse hergestellt. Die Hefe wird mittels Separatoren konzentriert (ergibt sogenannte "Hefemilch" oder "Hefesahne") und je nach gewünschtem Ergebnis weiterverarbeitet:
Insgesamt fallen bei der Herstellung auf Melassebasis größere Mengen organischer und chemischer Stoffe sowie Mikroorganismen-haltiges Hefewasser an, die nach wie vor ein Entsorgungsproblem darstellen. Zukunftsaussichten: Im Moment zeichnet sich ein Trend zu sogenannten „biodynamischen“ Lebensmitteln ab. Diese Entwicklung macht auch vor der Backhefe nicht halt. Zum Patent angemeldet sind im Wesentlichen zwei Verfahren, um sog. „biologische“ Backhefe herzustellen:
In Entwicklung ist derzeit der Versuch, mit Hilfe der Gentechnik in die Hefe den Befehl einzubauen, Aromen (z.B. Vanille) zu produzieren. Ferner gibt es derzeit eine Hefeproduktion auf „rein biologischer“ Basis. Dazu werden die chemischen Bedingungen mit natürlichen Materialien (auf Getreidebasis) und Verfahren nachgeahmt. Diese „biologische“ Hefe ist nicht so triebfreudig wie die Hefe auf Melassebasis, da das Endprodukt zu 30% aus Kartoffelstärke besteht, und sie hat sich aufgrund ihres höheren herstellungsbedingten Preises derzeit nicht durchgesetzt. Dosierung der BackhefeBackhefe wird, bezogen auf die Mehl-Menge, mit ca. 3 % bis 6 % den Teigen zugegeben. Schwere, d. h. vor allem fettreiche Teige bedürfen auf Grund der damit verbundenen geringeren Flüssigkeit – die Hefe benötigt für ihren Stoffwechsel u. a. Wasser – einer Dosierung von bis zu 8 %. Bei extrem langen Teigführungen oder Vorteigen liegt der Anteil der verwendeten Hefe bei ca. 1–2 %. Als optimale Nährbasis verwendet man Backmalz. Handelsformen der Backhefe und ihre HaltbarkeitHefe wird als gepresste Frischhefe (Blockhefe) oder als Trockenhefe (Haltbarkeit ca. 1 Jahr) angeboten. Zur Herstellung der Trockenhefe wird der von der Maische gereinigten Hefe sukzessive ein Großteil des Wassers entzogen. Meist wird der Emulgator Citrem (Citronensäure-Ester von Monoglyceriden) zugegeben. Dieser soll eine zu starke Austrocknung der Hefezellen verhindern, damit die Zellen nur inaktiv werden, aber nicht absterben. So inaktivierte Hefe kann lange bei Raumtemperatur gelagert werden. Dennoch sollte man das auf die Packung gedruckte Haltbarkeitsdatum ernst nehmen, da die Fähigkeit der Hefezellen zur Reaktivierung im Laufe der Zeit verloren geht. Ein typisches 7-g-Päckchen Trockenhefe, wie es im Einzelhandel angeboten wird, besitzt etwa die selbe Gärkraft wie 1/2 42-g-Päckchen Frischhefe. Gewöhnliche Frischhefe behält bei einer Lagertemperatur von 2 bis 8 °C zehn bis zwölf Tage die volle Triebkraft. Ein permanenter Abbau von Kohlenhydratreserven und Eiweiß erhält die Lebensfunktionen der Hefe. Je mehr alte oder abgestorbene Zellen in einem Stück Hefe enthalten sind, desto schlechter wird die Triebkraft. Gleichzeitig treten Stoffe wie Glutathion aus der Zelle aus. Er führt zu einer Erweichung des Klebers (Gluten-Getreideprotein) im Teig. Alte Hefe ist auch bei höherer Dosierung somit praktisch unbrauchbar. Frische Backhefe erkennt man an einer hellen, meist gelblichen Farbe. Sie hat einen angenehmen Geruch, einen süßlichen, intensiven Geschmack und einen festen muschelartigen Bruch. Alte Hefe ist braungrau, rissig, bröckelig, hat einen zunehmend bitteren Geschmack und unangenehmen Geruch. Eine Alternative zur Verwendung der Backhefe ist Backferment. Besondere Backhefe-SortenFür besondere Aufgaben werden Spezialzüchtungen verwendet, wie z. B. osmotolerante Hefen, die – bei sehr süßen Teigen – unempfindlicher gegen osmotischen Druck sind. Ökohefen (Sauerteighefen), welche auf einem Getreidenährboden gezüchtet werden, sind speziell geeignet für Menschen mit einer Hefeallergie, die im allgemeinen nur bei Industriehefen (auf Grund von Rückständen im Melassesubstrat der Hefeproduktion) vorkommt. Siehe auch
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