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Betriebsarzt



Betriebsarzt ist der Arzt, der vom Arbeitgeber nach Maßgabe des Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Arbeitssicherheitsgesetz - ASiG) bestellt wird. Sowohl für private als auch öffentliche Betriebe sind die Einzelheiten durch Vorschriften der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung geregelt, z. B. durch die Vorschrift BGV A2 der einzelnen Berufsgenossenschaften. Der Arbeitgeber darf nur Ärzte bestellen, die über die erforderliche arbeitsmedizinische Fachkunde verfügen. Fachärzte für Arbeitsmedizin oder Ärzte mit der Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin erfüllen diese Anforderung. In Einzelfällen entscheidet die zuständige Ärztekammer über die Anerkennung der arbeitsmedizinischen Fachkunde.

Inhaltsverzeichnis

Aufgaben

Aufgabe der Betriebsärzte ist die Förderung und Erhaltung der Gesundheit sowie der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit der Menschen, zum Teil auch die Mitwirkung bei deren Wiederherstellung. Dabei stützen sie sich auf eine ganzheitliche Betrachtung des arbeitenden Menschen mit Berücksichtigung somatischer, psychischer und sozialer Prozesse.

Gemäß Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), das EU-Richtlinien in deutsches Recht umsetzt, hat der Arbeitgeber zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind (Gefährdungsbeurteilung). Er hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Zu achten ist insbesondere auf

  • die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes
  • physikalische, chemische und biologische Einwirkungen
  • die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit
  • die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken
  • unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten

Außerdem hat der Arbeitgeber den Beschäftigten zu ermöglichen, sich je nach den Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit regelmäßig arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen.

Bei diesen Aufgaben ist der Arbeitgeber häufig auf die besondere Fachkunde von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit angewiesen.

Näheres ist im Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG), in der Gefahrstoffverordnung, der Biostoffverordnung, der Unfallverhütungsvorschrift BGV A2 und weiteren Vorschriften im Einzelnen geregelt.

Betriebsärzte spielen eine wichtige Rolle in der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung. Zu ihren Kompetenzen gehören auch die Integration behinderter Menschen in das Arbeitsleben, die stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben im Betrieb und das Eingliederungsmanagement nach Sozialgesetzbuch IX § 84. Durch ihre intensive Einbindung in die Arbeitswelt und den damit verbundenen Zugang zu ganz verschiedenartigen Gruppen von Menschen können sie wesentliche Beiträge zur angestrebten integrierten Versorgung im Gesundheitssystem leisten.

Größere Betriebe mit mehreren Tausend Mitarbeitern unterhalten meist eigene betriebsärztliche Abteilungen. Die dort tätigen Ärzte (Werksärzte) nehmen häufig zusätzliche Aufgaben wahr, etwa als betriebseigene Notärzte mit entsprechender Infrastruktur und Ausstattung.

Qualifikation

Nach dem abgeschlossenen Medizinstudium folgt eine ärztliche Weiterbildung zum Facharzt für Arbeitsmedizin. Neben der Facharztbezeichnung Arbeitsmedizin gibt es in Deutschland auch die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin. Sie setzt eine bereits vorhandene Facharztanerkennung in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung voraus. Zum Beispiel können also Fachärzte für Allgemeinmedizin oder Internisten diese Zusatzbezeichnung erwerben. In beiden Fällen ist ein mindestens 360 Stunden umfassender Kurs zu absolvieren, der nicht-medizinische Themen aus Psychologie, Technik, Recht, Sozialversicherungswesen usw. behandelt. Grundkenntnisse in diesen Fächern sind essentiell für die betriebsärztliche Tätigkeit. In Österreich ist die Regelung ähnlich, auch dort kann eine Zusatzbezeichnung erworben werden, wenn eine andere Fachqualifikation bereits vorliegt.

Position im Unternehmen

Der Betriebsarzt wird vom Unternehmer schriftlich bestellt (externer Arzt oder Angestellter des Unternehmens). Der Betriebsarzt ist dem Unternehmer direkt unterstellt und hat die Position einer Stabsstelle. Eine Weisungsbefugnis gegenüber den Mitarbeitern ergibt sich aus dieser Position nicht.

Der Betriebsarzt ist Mitglied im Arbeitsschutzausschuss.

Besonderheiten

  • Im Rahmen der Deregulierung und Vereinheitlichung staatlicher und berufsgenossenschaftlicher Vorschriften wird den Unternehmen mehr Entscheidungsspielraum eingeräumt: So werden vermehrt Arbeitsschutz-Ziele vorgegeben, nicht jedoch die Details der Umsetzung. Die Unternehmer sind verpflichtet, ihre Entscheidungen nachvollziehbar zu gestalten und zu dokumentieren. Denn der erweiterte Entscheidungsspielraum ist mit dem Risiko des Organisationsverschuldens verbunden: Spätestens nach einem negativen Ereignis (Unfall, arbeitsbedingte Erkrankung, Berufskrankheit) werden der Unfallversicherungsträger und in den meisten Fällen ein Gericht prüfen, ob die Arbeitsschutzmaßnahmen ausreichend waren. Damit sind die Anforderungen an die Qualität der betriebsärztlichen Beratung gestiegen.
  • Die Einsatzzeit des Betriebsarztes ist abhängig von der Anzahl der Mitarbeiter und den Belastungen, denen diese bei ihrer Arbeit ausgesetzt sind (Gefährdungsklassen). Die Mindesteinsatzzeiten werden dem Arbeitgeber vom zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger vorgegeben (siehe insbesondere Vorschrift BGV A2 der jeweiligen Berufsgenossenschaft).
  • Der Betriebsarzt hat – von eigenen Mitarbeitern der betriebsärztlichen Abteilung abgesehen – keine Weisungsbefugnis gegenüber anderen Beschäftigten des Unternehmens. Daraus erwächst eine auf die Richtigkeit der Beratung beschränkte Haftung. Die Verantwortung für die Umsetzung des Arbeitsschutzes selbst bleibt beim Unternehmer, der sie teilweise an Mitarbeiter mit Weisungsbefugnis delegieren kann (Übertragung von Unternehmerpflichten).
  • Wie jeder Arzt unterliegt auch der Betriebsarzt der ärztlichen Schweigepflicht. Diese gilt gegenüber jedermann, auch gegenüber dem Arbeitgeber ohne jede Einschränkung. Mitteilungen an den Arbeitgeber haben sich auf diejenigen Aussagen zu beschränken, die zur Erfüllung gesetzlicher Vorschriften (z. B. bei Pflichtuntersuchungen nach der Gefahrstoffverordnung) erforderlich sind, oder bedürfen der Einwilligung des Betroffenen.
  • In der Ausübung seiner Fachkunde ist der Betriebsarzt weisungsfrei.

Betriebsarzt in anderen Ländern

In folgenden europäischen Ländern gibt es vergleichbare Befähigungsnachweise: Dänemark, Belgien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien (Vereinigtes Königreich), Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Polen, Portugal, Schweden, Island, Norwegen. In der EU muss die Facharzt-Ausbildung mindestens vier Jahre betragen.

In den USA werden Qualifikation und Qualitätssicherung in der Arbeits- und Umweltmedizin von der ärztlichen Fachgesellschaft American College of Occupational and Environmental Medicine (ACOEM) wahrgenommen, wie dort für die ärztliche Tätigkeit allgemein üblich. Ein ausführliches Curriculum ist Pflicht für die Anerkennung durch das ACOEM.

Siehe auch

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Betriebsarzt aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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