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BerufskrankheitEine Berufskrankheit ist eine Krankheit, die durch die berufliche Tätigkeit verursacht oder zumindest mitverursacht worden ist und nach dem jeweils geltenden Recht auch formal als Berufskrankheit anerkannt ist. Typische Berufskrankheiten sind Lärmschwerhörigkeit, Hautkrankheiten, Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats sowie Erkrankungen durch anorganische Stäube (Asbestose und Silikose). Mehr als zwanzigtausend Menschen erkranken jährlich in den deutschsprachigen Staaten an Berufskrankheiten. Sie werden von den Unfallversicherungsträgern medizinisch rehabilitiert und finanziell entschädigt. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
AllgemeinesBeruflich bedingte Erkrankungen sind seit dem Altertum bekannt. Seeleute litten unter der Vitaminmangelkrankheit Skorbut, Arbeiter im Bergbau starben an der Staublungenkrankheit (Silikose).[1] Häufig war allerdings der Zusammenhang zwischen Arbeit und Krankheit nicht offensichtlich. Viele Berufskrankheiten entstehen allmählich in lang andauernden, chronischen Prozessen und beruhen auf vielfältigen, teilweise unbekannten Ursachen.[2] Neben beruflichen Einwirkungen spielen auch die individuelle Lebensführung, die persönliche Konstitution und Disposition und das Zusammenwirken von beruflichen und nichtberuflichen Faktoren eine Rolle. Bei mehreren konkurrierenden Ursachen kommt es entscheidend darauf an, welche Ursache aus juristischer Sicht wesentlich zur Erkrankung beigetragen hat (so genannte Theorie von der wesentlichen Bedingung).[3] Grund hierfür ist die Ausgestaltung des Unfallversicherungsrechts als sog. kausales Sicherungssystem, bei dem -- im Gegensatz zu den "finalen" Sicherungssystemen -- nur solche Gesundheitschäden entschädigt werden sollen, die auf eine bestimmte Ursache -- hier: eine Berufskrankheit -- zurückgehen.[4] Bei einigen Krankheiten liegen zwischen der schädigenden Einwirkung und dem Krankheitsausbruch Latenzzeiten von mehreren Jahrzehnten. So beträgt die mittlere Latenzzeit bei asbestbedingten Erkrankungen 38 Jahre.[5] Menschen, die in den 1950er Jahren mit Asbest gearbeitet haben, erkrankten in den 1990er Jahren. Nach einer derart langen Zeit ist es meist schwierig, den Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Erkrankung nachzuweisen. Zwar ermittelt der Unfallversicherungsträger ebenso wie das Sozialgericht den Sachverhalt von Amts wegen (§§ 20 SGB X; 103 SGG). Dabei muss aber der Betroffene mitwirken, so dass man sagen kann, die Beweislast liege zumindest faktisch beim Erkrankten.[6] Je nach Rechtsordnung werden ihm jedoch Beweiserleichterungen eingeräumt oder bestimmte Kausalzusammenhänge von Rechts wegen vermutet.[7] Gerade bei Erkrankungen, die mehrere (mögliche) Ursachen haben, können die Betroffenen aber leicht in Beweisnot geraten.[8] Die medizinisch-naturwissenschaftliche Komplexität der beruflich bedingten Erkrankungen ist die Hauptursache dafür, dass viele dieser Erkrankungen lange Zeit im Schatten der Arbeitsunfälle standen (früher sprach man übrigens -- wie heute noch in der Schweiz -- von Betriebsunfällen). Erst im 20. Jahrhundert setzte sich allgemein die Erkenntnis durch, dass beruflich bedingte Krankheiten keine persönliche Schicksalsschläge sind, sondern ebenso wie die Arbeitsunfälle Ergebnis einer besonderen, von der Arbeit ausgehenden Gefährdung. Die beruflich bedingten Erkrankungen stellen heute ein Forschungsgebiet der Arbeitsmedizin dar. „Berufskrankheit“ ist ein Rechtsbegriff, kein medizinischer Terminus. Eine Erkrankung, die nach medizinisch-naturwissenschaftlichen Erkenntnissen beruflich bedingt ist, ist nicht zwangsläufig zugleich eine Berufskrankheit. Vielmehr muss das Krankheitsbild auch von der jeweiligen Rechtsordnung als Berufskrankheit anerkannt sein. Die Unterscheidung ist bedeutsam, da anerkannte Berufskrankheiten in Deutschland, Österreich, der Schweiz und anderen Staaten durch die Sozialversicherung finanziell entschädigt werden. In den deutschsprachigen Ländern ist die Berufskrankheit neben dem Arbeits- beziehungsweise Berufsunfall einer der Versicherungsfälle in der gesetzlichen Unfallversicherung. In Deutschland, Österreich und die Schweiz gilt das so genannte Listenprinzip: Die anerkannten Berufskrankheiten sind abschließend in einer amtlichen Liste aufgezählt, in Deutschland der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). Krankheiten, die nicht in der Liste geführt werden, gelten – von Ausnahmen abgesehen (sog. "Wie Berufskrankheit, s.u.) – nicht als Berufskrankheiten. Auch die meisten EG-Mitgliedstaaten arbeiten nach diesem Grundsatz. Das Bundesverfassungsgericht hat es als verfassungsmäßig befunden, dass durch dieses Enumerationsprinzip Lücken im Schutz vor Berufskrankheiten bestehen bleiben.[9] SystematikEine Krankheit gilt nur dann als Berufskrankheit, wenn sie ihre Ursache in der beruflichen Tätigkeit des Erkrankten hat. Deshalb werden Berufskrankheiten meist nicht nach ihren Auswirkungen, sondern nach ihren Ursachen systematisiert. Unterschieden werden
DeutschlandBerufskrankheit als VersicherungsfallDas deutsche Recht definiert solche Krankheiten als Berufskrankheiten, die Versicherte infolge einer versicherten Tätigkeit erleiden.[10] Die einzelnen Krankheiten sind in einer Rechtsverordnung der Bundesregierung, der Berufskrankheiten-Verordnung, aufgezählt.[11] In die Verordnung werden nur solche Krankheiten aufgenommen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höheren Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.[12] Diese Einschränkung dient dazu, die Berufskrankheiten von den so genannten Volkskrankheiten abzugrenzen, welche jedermann unabhängig von der jeweiligen Tätigkeit treffen können. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt Merkblätter für die ärztliche Untersuchung bei Berufskrankheiten heraus, in denen Gefahrenquellen, Krankheitsbilder und Diagnosen beschrieben werden. Anerkannte Berufskrankheiten sind Versicherungsfälle im Sinne des Unfallversicherungsrechts.[13] Sie werden also grundsätzlich ebenso wie Arbeitsunfälle entschädigt. Rechtsgrundlagen sind das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) und die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vom 31. Oktober 1997. Zuständig sind die Unfallversicherungsträger, also die Berufsgenossenschaften und die Unfallkassen. In Deutschland sind Ärzte und Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, mögliche Berufskrankheiten an die Berufsgenossenschaft oder die Unfallkasse zu melden. Dazu werden standardisierte Formulare verwendet. Betroffene können sich auch direkt an die Unfallversicherungsträger wenden, wenn sie meinen, an einer Berufskrankheit zu leiden. Beschränkung auf bestimmte Gefährdungsbereiche; UnterlassungszwangEinige Krankheiten gelten rechtlich erst dann als Berufskrankheiten, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind.[12] Dazu gehören beispielsweise Infektionskrankheiten. Diese werden grundsätzlich nur dann als Berufskrankheiten anerkannt, wenn der erkrankte Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig war.[14] Bei anderen Krankheiten muss der Erkrankte alle Tätigkeiten unterlassen, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.[12] Übt er die Tätigkeit trotz der Krankheit weiter aus, liegt rechtlich keine Berufskrankheit vor. Zu diesen Berufskrankheiten mit „Unterlassungszwang“ gehören schwere Hautkrankheiten.[15] und bestimmte obstruktive Atemwegserkrankungen.[16] „Wie-Berufskrankheiten“Nach deutschem Recht kann eine Krankheit, die nicht in die Berufskrankheiten-Verordnung genannt ist oder bei der die in der Verordnung genannten Voraussetzungen nicht vorliegen, vom Unfallversicherungsträger wie eine Berufskrankheit anerkannt werden. Dies setzt voraus, dass die Krankheit nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.[17] Krankheiten, die wie eine Berufskrankheit anerkannt werden, obwohl sie formalrechtlich keine sind, werden als Wie- oder Quasi-Berufskrankheiten bezeichnet. Diese Regelung zu den Wie-Berufskrankheiten soll den Nachteilen des sonst geltenden Listenprinzips entgegenwirken. Durch sie sollen solche Krankheiten wie eine Berufskrankheit entschädigt werden, die nur deshalb nicht in die Berufskrankheitenliste aufgenommen worden sind, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen in ihrer Arbeit bei der letzten Fassung der Liste noch nicht vorhanden waren oder trotz Nachprüfung noch nicht ausreichten.[18] Die Entscheidung, ob eine Erkrankung im Einzelfall einer Berufskrankheit gleichzustellen ist, trifft der jeweils zuständige Unfallversicherungsträger. Sie ist gerichtlich voll nachprüfbar. StatistikIm Jahr 2005 wurden in Deutschland 62.569 potenzielle Berufskrankheitenfälle angezeigt.[19] Im selben Jahr wurden 15.701 Erkrankungen als Berufskrankheiten anerkannt und entschädigt.[19] Hinzu kamen 818 Erkrankungsfälle, die als Wie-Berufskrankheiten eingestuft wurden.[19] Die Anerkennungsquote betrug also gut 26 Prozent. Unter den beruflich bedingten Krankheiten dominierten die Hauterkrankungen mit 16.986 Fällen[20] und die Lärmschwerhörigkeit mit 9.787 Fällen.[20] Allerdings wurden fast 95 Prozent aller beruflich bedingten Hauterkrankungen nicht als Berufskrankheiten anerkannt, da die besonderen rechtlichen Voraussetzungen, die die Berufskrankheiten-Verordnung an die Anerkennung stellt, nicht gegeben waren.[19] 2005 starben in Deutschland 2.600 Menschen an den Folgen einer Berufskrankheit.[21] Häufigste Todesursache war die Arbeit mit Asbest: 1.589 Menschen starben an asbestbedingten Berufskrankheiten.[21] Damit sterben in Deutschland mehr Menschen an Berufskrankheiten als an Arbeitsunfällen (863 Tote) und Wegeunfällen (572 Tote).[22] Im Vergleich zu den Vorjahren gehen die sowohl die Verdachtsanzeigen als auch die anerkannten Berufskrankheiten zahlenmäßig zurück. Dem steht jedoch ein gegenläufiger Trend bei den Todesfällen durch Berufskrankheiten gegenüber: Die Zahl der Berufserkrankten, die an den Folgen der Berufskrankheit sterben, nimmt zu. Sie stieg von 2.093 Fällen im Jahr 2004 auf 2.600 Fälle im Jahr 2005.[21] Bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften beliefen sich die Kosten für Behandlung, Rehabilitation und Entschädigung der Berufserkrankten im Jahr 2005 auf 1,3 Milliarden Euro. Weitere 189 Millionen Euro wurden von den Berufsgenossenschaften in die Verhütung von Berufskrankheiten investiert.[23] PräventionIm Sozialgesetzbuch VII nennt der Gesetzgeber bei den Aufgaben der Unfallversicherung an erster Stelle die Prävention, d. h. die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren mit allen geeigneten Mitteln. Maßnahmen der Arbeitsgestaltung müssen bereits im Hinblick auf arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren getroffen werden - nicht erst, wenn eine Berufskrankheit droht. Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet jeden Arbeitgeber, Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit zu treffen.
ÖsterreichDie Rechtslage in der Republik Österreich weist Parallelen zum deutschen Recht auf: Als Berufskrankheiten gelten die in einer Anlage zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) vom 9. September 1955 bezeichneten Krankheiten[24]. Sie müssen durch Ausübung der die „Versicherung begründenden Beschäftigung“ in einem in der Anlage bezeichneten Unternehmen verursacht sein.[25] Hautkrankheiten gelten nur dann als Berufskrankheiten, wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen.[26] Berufskrankheiten sind beispielsweise Karies bei Bäckern oder Erkrankungen in Folge von Zeckenbissen bei Waldarbeitern. Ebenso wie in Deutschland können auch in Österreich Krankheiten, die nicht in der Liste enthalten sind, als Quasi-Berufskrankheiten anerkannt werden. Steht auf Grund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse fest, dass eine Krankheit ausschließlich oder überwiegend durch die Verwendung schädigender Stoffe oder Strahlen bei einer vom Erkrankten ausgeübten Beschäftigung entstanden ist, so gilt sie als Berufskrankheit. Die Entscheidung trifft der jeweils zuständige Unfallversicherungsträger mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales.[27] Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt erkannte im Jahr 2005 1.249 Erkrankungen als Berufskrankheiten an, darunter 532 Fälle von Lärmschwerhörigkeit und 224 Hauterkrankungen.[28] Das österreichische Arbeitnehmerschutzgesetz (AschG) sieht eine Gefahrenevaluation mit dem Ziel der Prävention von Berufskrankheiten vor. Berufskrankheiten entstehen auf Grund von gesundheitsschädigenden Arbeitsbedingungen und Arbeitsstoffen im Betrieb. Wenn diese und die gefährdeten Dienstnehmer erfasst und periodisch kontrolliert werden, können die Verantwortlichen das Risiko von gefährlichen Krankheiten abschätzen und dagegen vorbeugen. Dazu gehören die Untersuchung der Arbeitsbedingungen, die Untersuchung der gefährdeten Arbeitnehmer sowie organisatorische, technische und persönliche Schutzmaßnahmen im Betrieb. Siehe auch: Gesetzliche Unfallversicherung in Österreich SchweizIn der Schweiz gelten solche Erkrankungen als Berufskrankheit, die bei der beruflichen Tätigkeit ausschließlich oder vorwiegend durch schädigende Stoffe oder bestimmte Arbeiten verursacht worden sind.[29] Die schädigenden Stoffe und Arbeiten sowie die arbeitsbedingten Erkrankungen sind in einer Liste erfasst. Die Liste wird der Schweizer Regierung, dem Bundesrat, erstellt und als Anhang zur Verordnung über die Unfallversicherung geführt. Neben den Listenkrankheiten gelten auch solche Erkrankungen als Berufskrankheiten, die zwar nicht in die Liste aufgenommen sind, von denen aber nachgewiesen wird, dass sie ausschließlich oder stark überwiegend durch die berufliche Tätigkeit verursacht worden sind.[30] Zu diesen Nicht-Listenkrankheiten gehören insbesondere Erkrankungen des Bewegungsapparates, von denen im Jahr 2004 insgesamt 206 Fälle als Berufskrankheiten anerkannt wurden.[31] An die Annahme einer Berufskrankheit werden verhältnismäßig strenge Anforderungen gestellt: Der Erkrankte muss für eine gewisse Dauer einem typischen Berufsrisiko ausgesetzt gewesen sein. Eine einmalige gesundheitliche Schädigung, die gleichzeitig mit der Berufsausübung eintritt, genügt nicht. Bei den Listenkrankheiten muss der berufsbedingte Anteil an der Schädigung mindestens fünfzig Prozent betragen. Bei den Nicht-Listenkrankheiten muss die Erkrankung mindestens zu fünfundsiebzig Prozent durch die berufliche Tätigkeit verursacht worden sein.[32] Anerkannte Berufskrankheiten sind Berufsunfällen rechtlich gleichgestellt.[33] Einzelheiten sind im Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) vom 20. März 1981 geregelt. Die Statistik der Unfallversicherung weist für das Jahr 2004 insgesamt 3.597 neu anerkannte Berufskrankheitenfälle aus. Davon entfielen 1.387 Fälle auf Erkrankungen durch schädigende Stoffe und 1.279 Fälle auf Erkrankungen durch physikalische Einwirkungen. Zu den Berufskrankheitenfällen auf Grund physikalischer Einwirkung zählten allein 696 Fälle von „Erheblichen Schädigungen des Gehörs“ durch Arbeit im Lärm. 931 Fälle entfielen auf andere Erkrankungen, insbesondere auf Infektionskrankheiten.[31] Die Kosten der Berufskrankheitenfälle beliefen sich 2004 auf etwa 95 Millionen Schweizer Franken;[31] dies entsprach etwa 59 Millionen Euro. Seit dem 1. Februar 2007 gilt die revidierte ASA-Richtlinie. Ziel ist, durch ein systematisches Vorgehen Unfälle und Berufskrankheiten zu verhindern und damit menschliches Leid, Ausfallstunden und Kosten zu vermeiden. Siehe auch: Unfallversicherung (Schweiz) EuropaSeit 1990 existiert eine Europäische Liste[34] der Berufskrankheiten, die zuletzt 2003 aktualisiert wurde. Die Liste wurde von der Europäischen Kommission erstellt und richtet sich als Empfehlung an die Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft. Sie gliedert sich in zwei Teile. Teil I zählt die Krankheiten auf, die nach den Empfehlungen der EG-Kommission in den Nationalstaaten als Berufskrankheiten anerkannt werden sollen. Dazu gehören unter anderem die Silikose, die Asbestose, Hautkrankheiten durch bestimmte Stoffe, Lärmschwerhörigkeit und das Karpaltunnelsyndrom. In Teil II sind Erkrankungen aufgeführt, bei denen eine berufliche Verursachung vermutet wird und die deshalb möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt in Teil I aufgenommen werden sollen. Genannt werden unter anderem Krankheiten durch Ozon, Erkrankungen durch Hormonstoffe, Tropenkrankheiten sowie Bandscheibenschäden der Lendenwirbelsäule durch wiederholte vertikal wirkende Ganzkörper-Schwingbelastung. Eine Untersuchung des Statistischen Amts der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) ergab, dass innerhalb der EG-Mitgliedstaaten Sehnenscheidenentzündungen der Hand und des Handgelenks sowie die Epicondylitis („Tennisarm“) zahlenmäßig zu den häufigsten Berufskrankheiten gehören. Ebenfalls von großer Bedeutung sind Hauterkrankungen und Lärmschwerhörigkeit. Neben diesen häufig auftretenden, jedoch weniger schwer verlaufenden Berufskrankheiten verzeichnet Eurostat mehr als 2.500 Todesfälle durch chronisch obstruktive Lungenerkrankungen und Lungenemphyseme bei Bergleuten sowie mehr als 2.400 Todesfälle im Zusammenhang mit Asbest.[35] Der Prävention von Berufskrankheiten dient die seit 1989 gültige, zuletzt im Jahr 2003 geänderte Europäische Arbeitsschutz-Richtlinie, die Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit regelt. Sie bildet die Basis für die nationale Arbeitsschutzgesetzgebung der EU-Mitgliedsstaaten.[36] EntwicklungDas Berufskrankheitenwesen steht naturgemäß in einem engen Zusammenhang mit der Arbeitswelt. Es ist daher ebenso wie jene im ständigen Wandel begriffen. So dominierte beispielsweise in den 1950er Jahren die Silikose als typische Erkrankung der Bergleute das Berufskrankheitengeschehen. Mit dem Niedergang des Bergbaus gingen auch die klassischen Berufskrankheiten der Bergmänner zurück. Auch Erweiterungen der Berufskrankheitenliste, eine verbesserte Prävention, neue medizinische Erkenntnisse und Änderungen der Rechtsprechung haben Einfluss auf die Berufskrankheitenentwicklung. So nahm den 1970er Jahren in Deutschland in Folge einer Rechtsänderung die Zahl der anerkannten Berufskrankheiten „Lärmschwerhörigkeit“ zu. 1993 wurden bestimmte Wirbelsäulenerkrankungen in die deutsche Berufskrankheitenliste aufgenommen, was zu einer Vielzahl von Berufskrankheitenanzeigen von Arbeitnehmern mit Rückenbeschwerden führte. 1993 ging daher als das Jahr mit den meisten Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit in die bundesdeutsche Statistik ein. In den 1990er Jahren stiegen die asbestbedingten Berufskrankheiten deutlich an – eine Folge des sorglosen Umgangs mit Asbest in den 1960er und 1970er Jahren. Angesichts dieser vielfältigen Unwägbarkeiten sind Vorhersagen hinsichtlich der künftigen Berufskrankheitenentwicklung spekulativ. Ob und wann eine Krankheit in die Berufskrankheitenliste aufgenommen wird, hängt nur zum Teil von medizinischen Erkenntnissen ab. In der Regel spielen bei der Entscheidung auch sozialpolitische und wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle. So führt die Aufnahme einer Krankheit in die Berufskrankheitenliste zu einer Kostenverlagerung innerhalb des jeweiligen Sozialversicherungssystems, die nicht immer politisch gewünscht ist. Beispielsweise hätte die von der Deutschen Krebshilfe geforderte Anerkennung des Passivrauchens am Arbeitsplatz als Berufskrankheit[37] finanzielle Mehrbelastungen der Berufsgenossenschaften bei gleichzeitiger Entlastung der Krankenkassen zur Folge. LiteraturDeutschland
Österreich
Schweiz
siehe auchQuellen
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