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Behandlungsfehler
Ein Behandlungsfehler wird definiert als eine nicht angemessene, zum Beispiel nicht sorgfältige, nicht richtige oder nicht zeitgerechte Behandlung eines Arztes und kann alle Bereiche ärztlicher Tätigkeit (Tun oder Unterlassen) betreffen zum Schaden des Patienten. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Begriffe“Behandlungsfehler und Kunstfehler“ werden oft gleich bedeutend verwendet. Dahinter stehen aber zwei verschiedene Sichtweisen auf das möglicherweise identische Geschehen. Ein Behandlungsfehler wird als juristischer Ausdruck definiert als eine nicht angemessene, zum Beispiel nicht sorgfältige, nicht richtige oder nicht zeitgerechte Behandlung des Patienten durch einen Arzt. Er kann alle Bereiche ärztlicher Tätigkeit (Tun oder Unterlassen) betreffen. Sowohl beim Eingreifen in Notfällen und dem dazu gehörenden Transport, in der ärztlichen Praxis, bei Hausbesuchen oder im Krankenhaus. Dabei kann der Fehler rein medizinischen Charakters sein, sich auf organisatorische Fragen beziehen oder es kann sich um Fehler nachgeordneter oder zuarbeitender Personen handeln. Auch fehlende oder unrichtige, unverständliche oder unvollständige Aufklärung über medizinische Eingriffe und ihre Risiken zählen zu Behandlungsfehlern. Welche die richtige Behandlung gewesen wäre, kann durch ärztliche Gutachten geklärt werden und durch medizinische Leitlinien, wissenschaftliche Empfehlungen, die präzise beschreiben, wie der Arzt behandeln sollte. Diese werden, wenn möglich, auf der Basis der evidenzbasierten Medizin (EBM) verfasst. Der oft verwendete Begriff Kunstfehler ist ein untechnischer Begriff, er greift den Umstand auf, dass die ärztliche Behandlung nach den Regeln der Kunst (lat. de lege artis, engl. state of the art, gemeint ist der aktuelle Wissensstand in der Ärzteschaft zu einer bestimmten Behandlungsform) erfolgen muss. Neutraler ist dagegen der juristische Ausdruck Behandlungsfehler. HäufigkeitBei der Bundesärztekammer (BÄK) werden jährlich die Beschwerden bei den verschiedenen Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen für Arzthaftpflichtfragen zusammengefasst (für 2006 erstmals bundesweit einheitlich). Demnach wurden 2006 nur unwesentlich mehr Reklamationen untersucht als 2005. Nämlich 10.280[1]., von denen sich bei 4.747 Fällen keine Behandlungsfehler ergeben haben. Abschätzungen über die Dunkelziffern in diesem Zusammenhang wurden dabei nicht bekannt gegeben. Es ist für diese Erfassungsmethode ein Problem der Arzt-Patientenbeziehung, dass durch das ungleich verteilte Fachwissen viele Patienten es gar nicht wissen können oder erst Jahre später merken oder ahnen, dass sie (vielleicht) falsch behandelt wurden. Eine Untersuchung darauf findet dann üblicherweise nicht statt. Auch liegen keine Zahlen über Fälle vor, in denen sich Ärzte und Patienten ohne Schlichtungsstelle auf eine Schadensregulierung geeinigt hatten. Bei 1.562 der von der Bundesärztekammer erfassten Behandlungsfehler kamen Aufklärungsmängel hinzu, in weiteren 422 Fällen wurde die mangelhafte Risikoaufklärung zum Glück ohne Schaden für den Patienten festgestellt. Die meisten Einzelvorwürfe betreffen Operationen (ca. 25%), jeweils unter 10 % postoperative Therapien oder die Diagnostik. Dies kann allerdings ein Erhebungsfehler in dem Sinne sein, dass sich Patienten in diesen Fachgebieten entweder häufiger an mehrere Ärzte wenden und es dadurch zu einer vermehrten Aufdeckung von Mängeln kommt oder auch die Beweissicherung leichter gelingen kann als in anderen Fachdisziplinen. Seit der Veröffentlichung des Berichts «To Err is Human» [2] durch das Institute of Medicine der US-amerikanischen National Academy of Sciences im Jahre 1999 hat das Thema Medizinische Risiken, Fehler und Patientensicherheit im internationalen Schrifttum zunehmendes Interesse erlangt [3] [4] Eine Auswertung von zahlreichen Studien ergab, dass pro Jahr im Krankenhausbereich mit 5-10% unerwünschter Ereignisse, 2-4% Schäden, 1% Behandlungsfehler und 0,1% Todesfälle, die auf Fehler zurückgehen, zu rechnen ist [5]. Laut Statistischem Bundesamt kam es im Jahr 2005 zu rund 36,1 Millionen Operationen und medizinischen Prozeduren in Krankenhäusern. Dies wären dann 1.8 bis 3,6 Mio Operationen mit unerwünschten Ereignissen, 720.000 bis 1.44 Mio Schäden (vermeidbare unerwünschte Ereignisse), 360.000 Behandlungsfehler (mangelnde Sorgfalt) und 36.000 auf vermeidbare unerwünschte Ereignisse zurückzuführende Todesfälle. Gemessen an den jährlichen ca. 400 Mio. Arzt-Patientenkontakten [6] und der 2006 von der Bundesärztekammer bundesweit erfassten geringen Zahl von erkannten Behandlungsfehler, kann davon ausgegangen werden, dass in Deutschland zu dem Thema Patientensicherheit immer noch erhebliche Wahrnehmungs- und Kommunikationsprobleme existieren. RechtsfolgenBeim Verdacht eines Behandlungsfehlers kann ein medizinisches Privatgutachten Klarheit bringen. Eine weitere Möglichkeit, um klären zu lassen, ob die ärztliche Behandlung fachgerecht ausgeführt wurde, bieten die Ärztekammern. Das Vorliegen eines Behandlungsfehlers hat nur dann für den Arzt strafrechtliche oder zivilrechtliche Konsequenzen, wenn er bei dem Patienten zu einem Schaden geführt hat. ZivilrechtDer Behandlungsfehler ist eine Pflichtverletzung aus dem Behandlungsvertrag, § 280 BGB, und zugleich eine unerlaubte Handlung (Delikt, § 823 Abs. 1, 2 BGB). Aus beidem schuldet der Behandelnde Schadensersatz. Daneben kommen bei Klinikärzten Ansprüche gegen das Krankenhaus in Betracht, für das der Arzt als Gehilfe gehandelt haben kann. Eine außergerichtliche Klärung vermeidet das Prozessrisiko. Nach der objektiven Abklärung des medizinischen Sachverhaltes kann es für den Patienten sinnvoll sein, einen auf Medizinrecht spezialisierten Anwalt einzuschalten. Als Patient sollte man darauf achten, dass der bestellte medizinische Gutachter bei Gericht als objektiv und unabhängig gilt. In der Praxis folgt das Gericht häufig den Ausführungen des Gutachters, dessen Einstellungen und Kompetenzen es vielfach bereits aus vorherigen Verfahren kennt oder zu kennen glaubt. SchadensersatzDer Schadensersatz umfasst insbesondere die notwendigen Heilbehandlungskosten. Zusätzlich kann der Arzt Schmerzensgeld schulden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dürfen für ein angemessenes Schmerzensgeld (§ 253 BGB) grundsätzlich alle in Betracht kommenden Umstände eines Falles berücksichtigt werden, darunter der Grad des Verschuldens des Schädigers, die Dauer von Schmerzen, Einschränkungen des Lebens und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers als auch des Geschädigten, usw.. Im internationalen Vergleich ist jedoch die Höhe der ausgeurteilten Schmerzensgelder gering. Beweislast, BeweislastumkehrDie objektive Beweislast für einen Behandlungsfehler liegt beim Kläger, also dem Patienten bzw. dessen Erben. Ebenfalls muss der Kläger beweisen, dass der Behandlungsfehler einen Schaden verursacht hat. Der heute im Zivilrecht gebräuchliche Ausdruck Arzthaftung betont diese Frage nach der Kausalität: Nicht jeder Fehler des Arztes begründet eine Schadenersatzpflicht; vielmehr muss auf diesen Fehler ein konkreter Schaden zurückzuführen sein. Die Kausalitätsproblematik ist ein Schwerpunkt vieler Schadensersatzprozesse im Bereich des Arzthaftungsrechts. Versäumnisse bei der ärztlichen Aufklärung führen regelmäßig zu einer Umkehr der Beweislast:
Wenn der Kläger also nachweist, dass ein grober Behandlungsfehler vorlag und ebenfalls nachweist, dass ein Schaden eingetreten ist, den hervorzurufen der Behandlungsfehler geeignet ist, dann wird die Ursächlichkeit des Fehlers für den Schaden widerleglich vermutet. Ähnliche Erleichterungen gewährt die Rechtsprechung für den Nachweis des Verschuldens; im Rahmen der vertraglichen Haftung wird das Vertretenmüssen ohnehin kraft Gesetzes vermutet. VerjährungDer Schadensersatzanspruch kann mit Eintritt der Verjährung nicht mehr durchgesetzt werden. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründeten Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt worden ist, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und Dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Der Kläger muss also positive Kenntnis von Behandlungsfehlern haben, um die Verjährungsfrist beginnen zu lassen. Um diese Kenntnis zu haben, muss er nicht nur die wesentlichen Umstände des Behandlungsverlaufs kennen, sondern auch Kenntnis von solchen Tatsachen erlangen, aus denen sich für ihn als medizinischen Laien ergibt, dass der behandelnde Arzt von dem üblichen ärztlichen Vorgehen abgewichen ist oder Maßnahmen nicht getroffen hat, die nach dem ärztlichen Standard zur Vermeidung oder Beherrschung von Komplikationen erforderlich waren. Eine solche Kenntnis ergibt sich nicht bereits daraus, dass aus den aufgetretenen Komplikationen auf einen Behandlungsfehler hätte geschlossen werden müssen. Sogar der Hinweis eines Arztes auf nur mögliche Schadensursachen vermittelt noch keine Kenntnis der anspruchsbegründeten Tatsachen. Die Beweislast für den Eintritt der Verjährung trägt der Beklagte, der sich auf diese Einrede beruft. Dies ist für den Arzt oder das Krankenhaus misslich, da insofern Umstände darzulegen und zu beweisen sind, welche in der Sphäre des Patienten liegen (Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis). Nach wie vor ist die Verjährungshöchstfrist dreißig Jahre, sodass der Anspruch nach dieser Zeit auch dann verjährt ist, wenn der Kläger keine Kenntnis vom Behandlungsfehler hatte bzw. ihn nicht kennen musste. StrafrechtNach der Rechtsprechung ist selbst jede fehlerfreie Heilbehandlung eine tatbestandliche Körperverletzung (§ 223 StGB), die allerdings nicht strafbar ist, solange sie mit wirksamer Einwilligung des Patienten durchgeführt wird. Unumstritten ist das für fehlerhafte Behandlungen. Weil in sie der Patient nicht eingewilligt hat, ist die Tat auch rechtswidrig. Im Strafprozess ist der Patient gegebenenfalls Nebenkläger oder Zeuge. Stirbt der Patient an den Folgen des Behandlungsfehlers, kommt fahrlässige Tötung oder ausnahmsweise gar Totschlag in Betracht. StandesrechtZudem können Behandlungsfehler Standesrechtliche Folgen haben. Es entscheiden die zuständigen Berufsgerichte. SchlichtungsstellenZur Prüfung von Beschwerden und Haftungsfragen hat die Ärzteschaft in Deutschland Schlichtungsstellen bei den Landesärztekammern eingerichtet. Die Kosten eines von der Schlichtungsstelle beigezogenen Gutachters und die jeweils geltende Verfahrenspauschale trägt der Versicherer des Arztes bzw. der Krankenhausträger[7]. Der antragstellende Patient muss lediglich seine Kosten einschließlich der Kosten seines Rechtsvertreter und seine eventuellen Reisekosten tragen. Es bestehen außerhalb der Ärztekammern beachtliche Zweifel, ob ein von der Haftpflichtversicherung des Arztes bzw. der Krankenhausträger bezahlter Gutachter objektiv und unabhängig sein kann. Es liegt zudem im Ermessen des in Anspruch genommen Arztes, dem vom Patienten beantragten Schlichtungsverfahren zuzustimmen. Siehe auch
Literatur
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Behandlungsfehler aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |