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Astrozytom
Astrozytome gehören zu den häufigsten Tumoren des Gehirns und treten vorwiegend im mittleren Lebensalter auf. Sie haben ihren Ursprung in den Astrozyten, die zum Stützgewebe (Gliazellen) des Zentralnervensystems gehören, und werden deshalb den Gliomen zugeordnet. Der Grad der Bösartigkeit (Malignität) wird nach einer Biopsie mikroskopisch anhand feststehender Kriterien bestimmt. Weiteres empfehlenswertes FachwissenEinleitungBislang wurden die unterschiedlichsten tumorauslösenden Stimuli (Onkogene) für Astrozytome vorgeschlagen. Als übereinstimmender Risikofaktor hat sich die Exposition gegenüber erdölbezogenen Chemikalien (Petrochemicals) herausgestellt. Die klinische Symptomatik ist von der Lokalisation des Tumors im Gehirn oder im Spinalkanal abhängig. In der Regel beginnt sie mit andauernden Schmerzen, Empfindungsstörungen oder auch einer Epilepsie. Später treten oft noch neurologische Ausfälle (beispielsweise Lähmungen) der betroffenen Regionen hinzu. Der Nachweis erfolgt mittels Kontrastmittel im CT oder einer Kernspintomografie. Die Therapie zielt auf eine möglichst komplette chirurgische Entfernung des Tumors ab. Bei den höhergradigen Tumoren kann eine anschließende Bestrahlung des Tumorbereiches notwendig sein. Eine Heilung durch alleinige Chemotherapie ist zur Zeit (2006) nicht möglich, diese kann in Kombination mit der Strahlentherapie jedoch die Überlebenswahrscheinlichkeit verbessern. Allgemeine KlassifikationDer Begriff Astrozytom umfasst eine heterogene Gruppen an Gliomen. Nach den WHO-Kriterien für Hirntumore werden folgende Astrozytome genannt:
Dabei deuten v.a. genetische und biologische Daten auf eine Verwandtschaft der Astrozytome 1 bis 6 hin. Diese Astrozytom-Varianten werden auch in die Gruppe der diffusen Gliome eingeteilt, da sie im Gegensatz zu den Astrozytomen 7 bis 11 eine diffuse Infiltration in angrenzendes Hirngewebe ziegen. Bei den anderen Astrozytomen handelt es sich wahrscheinlich um eigenständige Entitäten, die in keinem wesentlichen Zusammenhang zueinander stehen. Bis auf das pilozytisches Astrozytom WHO Grad I handelt es sich bei den Astrozytomen der Nummern 7 bis 11 um seltene bis sehr seltene Tumorformen. Klassifikation der „gewöhnlichen“ Astrozytome„Gewöhnliche“ Astrozytome werden heute nach verschiedenen Prinzipien eingeteilt. Diese Klassifikation der Tumore wird durch folgende Probleme erschwert:
Das Kernohan-SchemaDieses Klassifikationssystem ist heute nicht mehr gebräuchlich, wird aber häufig zu Vergleichszwecken heran gezogen, etwa um Verbesserungen neuerer Systeme darzustellen. Kernohan [1] unterschied Astrozytome anhand des Vorkommens von sogenannten Anaplasien, Vielgestaltigkeit (Pleomorphismus) der Zellkerne und der Anzahl der Mitosen. Man gelangte so zu einer Unterteilung der Astrozytome in vier Gruppen mit ansteigender Malignität. Das Schema hat seine prinzipielle Gültigkeit bis heute nicht eingebüßt, so dass Kernohan als ein Pionier der Astrozytom-Klassifikation gilt. Die WHO-Klassifikation der Hirntumoren1979 schlug eine Consensus-Konferenz in Genf ein Klassifikations-Schema vor, das das biologische Verhalten und damit die Malignität gewöhnlicher Astrozytome in vier Schweregrade I bis IV einteilt. Dieses Schema wurde von Zülch [2] 1979 publiziert und in der Folge immer weiterentwickelt [3]. Die aktuelle WHO-Klassifikation stammt aus dem Jahr 2000. Damit erhält das niedrig-maligne Astrozytom der Erwachsenen die Einteilung WHO Grad II, das anaplastische Astrozytom die Einteilung WHO Grad III und das Glioblastom die Einteilung WHO Grad IV. Das pilozytische Astrozytom erhielt die Einteilung WHO Grad I und wird wegen des meist gutartigen Verlaufes von den anderen Astrozytomen getrennt. Die WHO-Klassifikation von Hirntumoren ist unterdessen die international gültige Klassifikation geworden. Die überwiegende Zahl an Fachpublikationen bezieht sich auf dieses Klassifikationsschema. In Deutschland wird in den neuropathologischen Instituten und insbesondere in den Hirntumorreferenzzentren der Deutschen Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie in Bonn und Düsseldorf nur nach WHO klassifiziert.
Pilozytische Astrozytome WHO Grad I sind Tumore, welche zumeist bei Kindern und Jugendlichen, zum Teil aber auch bei Erwachsenen gefunden werden können. Astrozytome WHO Grad II werden am häufigsten bei 30 bis 40 Jährigen und anaplastische Astrozytome WHO Grad III bei 40 bis 60 Jährigen beobachtet. Glioblastome WHO Grad IV erreichen ein Maximum der Erkrankungshäufigkeit zwischen 50 und 60 Jahren und ein weiteres Maximum bei Patienten über 70 Lebensjahren. Allerdings werden alle genannten Gliome ebenfalls bei Kindern gefunden. Das NBTSG-Schema nach Burger1985 schlug Burger [4] ein dreiteiliges Klassifikations-Schema im Rahmen der National Brain Tumor Group Study (NBTGS) vor. Dieses Schema berücksichtigte nur die „gewöhnlichen“ Astrozytome, ließ also die „besonderen“ Astrozytome außer Acht. Jetzt gliederte man die Gruppe der fibrillären astrozytischen Neoplasien in drei Gruppen: die Astrozytome, die anaplastischen Astrozytome und die Glioblastome. In dem Schema nach Burger sind zwei Beobachtungen entscheidend: Ob der Tumor eine Gefäßanreicherung zeigt und ob Nekrosen (Gewebszerfälle) auftreten. Ein Astrozytom ist danach dadurch definiert, dass keine Gefäßproliferationen und keine Nekrosen vorkommen. Für die Diagnose des Glioblastoms ist das Vorkommen beider Erscheinungen erforderlich. Das anaplastische Astrozytom nimmt eine Zwischenstellung ein. Das Daumas-Duport Klassifikationssystem1988 stellten Daumas-Duport und ihre Mitarbeiter [5][6][7] ein Klassifikationssystem vor, das so gestaltet ist, dass nach vier Merkmalen gesucht wird, für die jeweils Punkte vergeben werden. Die Kriterien sind: atypische Zellkerne, Mitosen, Endothel-Proliferation und Nekrosen. Die Punktzahl bestimmt dann den Grad des Tumors. Das System ist einfach und die Ergebnisse verschiedener Untersucher stimmen deshalb gut überein. Es hat zudem den Vorteil, dass die Gradeinteilung einen hervorragenden prognostischen Wert ergibt. Klassifikation mittels Bildgebung und GenetikUm die Einschränkungen zu umgehen, denen histologische Beurteilungen von Hirntumoren unterliegen, wurden Anstrengungen unternommen, mittels weiterer technischer Verfahren zu einem aussagekräftigen Grading beizutragen. Niedrig-maligne AstrozytomeDas Niedrig-maligne Astrozytom (Grad II WHO) (Synonym: engl. Low Grade Astrocytomas) ist ein Tumor des Gehirns, der von einer bestimmten Zellart des Nervensystems (den Astrozyten) ausgeht und damit zu den sogenannten Gliomen gehört. Betroffen sind vorwiegend junge Erwachsene, bei denen die Erkrankung meist mit einem erstmaligen epileptischen Anfall auffällig wird. Die Untersuchungsbefunde bei einem Astrozytom ähneln denen eines Ischämischen Hirninfarktes. Die Therapie besteht in der operativen Entfernung des Tumors, gegebenenfalls mit anschließender Bestrahlung. Die 5-Jahres-Überlebensrate der Patienten liegt bei 40 bis 50 %. Allgemeine BetrachtungAstrozytome sind Hirntumoren, bei denen zunächst nicht von Bösartigkeit ausgegangen wird. Wie viele Tumoren verursachen sie zu Beginn der Erkrankung keine Beschwerden. Sie können sogar sehr groß werden, bevor das erste Mal Beschwerden auftreten. Häufig werden sie deshalb erst in fortgeschrittenen Stadium entdeckt, können dann aber immer noch gutartig sein. Oft fällt der Tumor bei einer Computertomographie auf, die wegen eines erstmaligen epileptischen Anfalls veranlasst wurde. Die Diagnose „Astrozytom“ kann jedoch erst durch eine Gewebeentnahme (Biopsie) aus der entsprechenden Gehirnregion gesichert werden. Die Therapieplanung beginnt mit der Frage, ob der zunächst gutartige Tumor überhaupt behandelt werden soll. Angesichts der räumlichen Enge in der Schädelhöhle sind Größe und Wachstum des Tumors von großer Bedeutung. Da es keine wirksamen Medikamente gegen Astrozytome gibt (die Chemotherapie ist nicht wirksam) und eine Bestrahlung nur in bestimmten Fällen hilft, bleibt oft nur die Operation. Grundsätzlich sollte jedes Astrozytom entfernt werden. Eine Operation scheint jedoch nicht sofort nach der ersten Diagnosestellung notwendig. Die Notwendigkeit zur Operation hängt mit der Neigung der Astrozytome zusammen, sich zu bösartigen Formen weiterzuentwickeln. Es gibt starke Hinweise darauf, dass sich Astrozytome zunächst zu sogenannten anaplastischen Astrozytomen (Astrozytom Grad III WHO, auf dem Weg zur Bösartigkeit schon weiter fortgeschrittene Tumoren) und schließlich zu Glioblastomen (Astrozytom Grad IV WHO, sehr bösartiger Hirntumor) entwickeln können. Bei einem Teil der Patienten scheint schon früh festzustehen, ob sich ein Astrozytom zu einem bösartigen Tumor entwickeln wird. In diesen Fällen ist die Prognose unabhängig von der Behandlungsmethode schlecht. Ein weiterer Teil der Patienten wird kein Glioblastom entwickeln, bei ihnen ist die Prognose gut, egal ob früher oder später operiert wird. Wie sich ein Astrozytom entwickelt, lässt sich nicht vorhersagen. EpidemiologieDie durchschnittliche jährliche Inzidenzrate (Neuerkrankungen) der niedrig-malignen Astrozytome beträgt 0,9 auf 100.000 Einwohner. Das mittlere Alter der Patienten mit diesem Tumor liegt bei 35 Jahren. 55 bis 65 % der Patienten sind Männer. Es gibt keine Häufung der Astrozytome innerhalb ethnischer Gruppen. Patienten mit einer Phakomatose (erbliche Tumorerkrankung mit Fehlbildungen der Haut und des Nervensystems) haben ein erhöhtes Risiko, an einem Astrozytom zu erkranken. Bei der Neurofibromatose Typ 1 findet man gehäuft Optikus-Gliome (Tumore des Sehnerves). Astrozytome stellen 15 % der Gliome in Hirnstamm, Großhirnrinde und Kleinhirn dieser Patienten. Patienten mit Tuberöser Sklerose erleiden in 5 % der Fälle im Jugendalter subependymale Riesenzellastrozytome im Bereich des Foramen Monroi. Bevorzugte Orte der TumorlokalisationAstrozytome finden sich vorwiegend im Bereich der Konvexität (äußere Bereiche des Großhirns) und dort im Frontallappen und im Temporallappen. Die Tumoren entwickeln sich im Bereich der weißen Substanz (Nervenzellfaserbündel) der Hemisphären (Hirnhälften) und liegen meist „unterhalb“ der Hirnrinde (subcortikal). Niedrigmaligne Gliome können aber auch in allen anderen Abschnitten des Gehirns und des Rückenmarks auftreten. SymptomeDas bei weitem häufigste erste klinische Symptom bei über 50 % der Patienten ist ein epileptischer Anfall. Der Mechanismus der Symptome ist die Infiltration und Zerstörung benachbarter Neurone. Durch einen Verdrängungsdruck kommt es zum „Hirndruck“. Das häufigste gemeinsame Zeichen dieser Mechanismen ist ein Papillenödem (Vorwölbung der Papille, der Austrittsstelle des Sehnerven in der Netzhaut, ohne Minderung der Sehkraft). Kopfschmerzen, Lethargie und Persönlichkeitsveränderungen sind ebenfalls häufige Zeichen eines beginnenden Hirndruckes. Fokale neurologische Zeichen (Lähmung, Störung der Hirnnervenfunktion, Kopfschmerzen) gehen der Diagnosestellung oft Jahre voraus. Technische UntersuchungsbefundeDie technischen Untersuchungsbefunde eines Astrozytoms gleichen denen eines ischämischen Hirninfarktes: Die craniale Computertomographie (CCT) ohne Kontrastmittel zeigt gelegentlich unscharfe Hypodensitäten, manchmal ein „Marklagerödem“ aber auch „zystische“ Formationen. Mit Kontrastmittel sind meist runde, hochparietale oder frontotemporale Hypodensitäten mit lokalem Masseneffekt ohne Anreicherung von Kontrastmittel („Infarktareale“) erkennbar. Patienten, bei denen es zu einer Kontrastmittelanreicherung im Tumor kommt, haben ein siebenmal höheres Risiko für ein Rezidiv. Der Liquorbefund ist bei Patienten mit einem Astrozytom in der Regel normal. In der Hirnangiographie zeigen Astrozytome typischerweise keine pathologische Blutgefäßarchitektur (Vaskularisierung). In der Kernspintomographie sieht man üblicherweise in der T1-Sequenz homogene Hypodensitäten und in der T2-Sequenz homogene Hyperdensitäten. Im Allgemeinen findet man keine Nekrosen, keine Blutung und keine Kontrastmittelanreicherung. Vereinzelt sind in der T1-Wichtung pathologisch strukturierte isodense Formationen erkennbar. Im PET-Scan stellt sich das Astrozytom hypometabolisch dar („kalter Knoten“, das heißt, es ist Gewebe mit vermindertem Stoff- und Energieumsatz). Entdifferenzierungen innerhalb des Tumors führen gelegentlich zu malignen Zwischenstufen, die dann im PET-Bild als „hot spots“ (Gewebe mit erhöhtem Stoff- und Energieumsatz) innerhalb des „kalten Knotens“ erscheinen können. PathologiePathologen unterscheiden drei Formen von niedriggradigen Astrozytomen WHO Grad II: Das protoplasmatische Astrozytom, das fibrilläre Astrozytom und das gemistozytäre Astrozytom. Mit bloßem Auge betrachtet (makroskopisch) erscheint das protoplasmatische Astrozytom als eine weiche graue Cortexexpansion. Der Tumor geht ohne genaue Grenze in Kortex und Marklager über und zeigt manchmal zystische Formationen im Schnittbild. Im Gegensatz dazu scheinen die fibrillären Astrozytome von festerer Gewebekonsistenz zu sein. Bei mikroskopischer Beurteilung zeigen die sehr seltenen, zellarmen protoplasmatischen Astrozytome eine gleichmäßige Verteilung der Tumorzellen in einer mit Eosin anfärbbaren Matrix. Die Tumorzellen sind zart bis plump und arm an Fortsätzen. Mikrozysten kommen vor. Man sieht wenig Blutgefäße, welche unauffällig konfiguriert sind. Die am häufigsten vorkommenden fibrilläre Astrozytom zeigen eine eher lockere Durchsetzung des Gewebes mit Neuroglia-Fibrillen. In den meisten Neuropathologien wird unterdessen nicht mehr zwischen protoplasmatischen und fibrillären Astrozytomen WHO Grad II differenziert, da es sich wahrscheinlich um die gleiche Tumorentität handelt. Das gemistozytäre oder gemästetzellige Astrozytom weist Tumorzellen mit großen Zytoplasmata und teils mehreren exzentrisch gelegenen Kernen auf. Man sieht in WHO Grad II Astrozytomen keine Mitosen. Allerdings rechtfertigt der Nachweis einer einzigen Mitose noch nicht die Diagnose eines anaplastischen Astrozytoms WHO Grad III. Das allgemeine mikroskopische Bild eines Astrozytoms kann folgendermaßen beschrieben werden: Vorbestehende Blutgefäße werden verdrängt, das infiltrierte Gewebe im Randbereich ist gut erhalten, die Hirnhäute können infiltriert sein und der Tumor kann zum Beispiel eine Gewebebrücke durch die Sylvische Fissur bilden. Eine Liquoraussaat von Tumorzellen ist selten. Selten gibt es degenerative Veränderungen innerhalb von Mikrozysten mit Verkalkungen. Der wichtigste immunhistochemische Befund ist das GFA-Protein, welches von Tumorzellen und deren Fortsätzen gebildet wird. Weiterhin sollte die Proliferationsrate mittels Mib1-spezifischen Antikörpern bestimmt werden. Die Elektronenmikroskopie hat keine Bedeutung in der Diagnostik glialer Tumore. In der Elektronenmikroskopie sieht man Intermediärfilamente mit einer Größe von 7 bis 11 nm im Zellplasma. Mikrotubuli finden sich in manchen Zellfortsätzen. Maligne Transformation des TumorsDie Frage nach der Umwandlung in eine bösartige Form ist wichtig, da sie die Klassifikation und die Prognose dieser Tumorerkrankungen betrifft. Man findet in Gewebeproben resezierter Astrozytome nicht selten kleine anaplastische Foci, Areale mit höhermalignen Tumorzellpopulationen. Im folgenden sind dazu die wichtigsten klinischen Studien in Kurzform dargestellt:
Zusammenfassend kann man sagen, dass der Nachweis anaplastischer Herde zum Zeitpunkt einer zweiten Resektion nicht notwendigerweise das Resultat einer initialen negativen Selektion darstellt. Oder einfach ausgedrückt: Gutartige Astrozytome verwandeln sich mit großer Wahrscheinlichkeit im Laufe der Zeit in bösartige Tumoren. Zur Frage der Ursachen der malignen Transformation liegen folgende Befunde vor. Beim Übergang vom niedrig-malignen Astrozytom über das anaplastische Astrozytom zum Glioblastom zeigt das Astrozytom in keinem der untersuchten Fälle p53-Mutationen, das anaplastische Astrozytome 36 % p53-Mutationen und Glioblastome 28 % p53-Mutationen. Man findet außerdem eine deutliche Zunahme von Anomalien des Chromosom 10: bei Astrozytom Grad I 0 % Anomalien, beim anaplastischen Astrozytom 23 % Anomalien und beim Glioblastom 61 % Anomalien. Leitlinien für die DiagnosestellungDie Diagnose eines Astrozytoms kann nicht klinisch oder durch technische Untersuchungsverfahren gestellt werden. Die einzige Möglichkeit ein Astrozytom zu diagnostizieren, ist eine feingewebliche Untersuchung des suspekten Gewebes. Die Aufgabe des Neurologen ist es, den Weg zu einer solchen Untersuchung zu bahnen, da Patienten und Ärzte vor einer Hirnbiopsie naturgemäß zunächst zurückschrecken. Ein Astrozytom unterscheidet sich in der Bildgebung im Zweifelsfalle nicht von einem Hirninfarktareal. Deshalb ist es wichtig, dass Ärzte nicht aufgrund der technischen Befunde urteilen, sondern aufgrund der Anamnese: ein junger Mensch mit einem Astrozytom hat kein hirninfarktähnliches Ereignis, das etwa einer Lähmung vorangegangen ist. Die Lähmung kam nicht plötzlich, sondern langsam. Wenn also die technischen Befunde (CCT, MRT usw.) wie ein Hirninfarkt aussehen, die Schilderung eines Patienten aber dazu nicht passt und keine Gefäßrisikofaktoren vorliegen, muss man immer an einen Tumor denken und im Zweifelsfall eine Hirnbiopsie durchführen. TherapieBei der Behandlung der Astrozytome steht die operative Entfernung des Tumors im Vordergrund. Das generelle Konzept für einen Therapieplan von Astrozytom-Patienten ist allerdings umstritten. Die erste Regel für jede Tumorchirurgie lautet, so früh wie möglich zu operieren. Da allerdings durch verbesserte bildgebende Verfahren zunehmend Diagnosestellungen erfolgen, bevor Patienten neurologische Ausfälle erlitten haben, wurde vorgeschlagen, die Operation in Fällen, bei denen sie zu einem postoperativen neurologischen Defizit führen würde, zu verschieben, bis der Tumor radiologische Veränderungen zeigt. Diese Empfehlung wurde angesichts der Tatsache gemacht, dass eine Verlängerung der Lebenserwartung von Astrozytom-Patienten durch eine frühzeitige Operation nicht bewiesen ist. Recht [17] verglich 1992 26 Patienten mit Astrozytomen und nachfolgend verzögerter Operation mit 20 Patienten mit unmittelbar nach Diagnosestellung folgender Operation. Es fand sich kein signifikanter Unterschied, weder im Ausmaß der Tumor-Dedifferenzierung noch bei der Lebenserwartung. In der abschließenden Zusammenfassung hieß es: „deferring surgery will not make worse outcome“ - „Abwarten verschlechtert nicht die Prognose“. Es existiert dabei allerdings folgendes Problem. 30 % der Patienten mit histologisch nachgewiesenem anaplastischen, also höhergradigem Astrozytom und 4 % der Patienten mit einem Glioblastom zeigten im CCT keine Kontrastmittelanreicherung. In diesen Fällen ist es fatal, sich auf die radiologische Diagnose eines Astrozytoms zu verlassen. Es ist also im Zweifelsfall immer wünschenswert, wenigstens eine Biopsie zu gewinnen. Es sollte weit im Gesunden reseziert werden. Nach Guthrie und Laws (1990) sollte dabei das Tumorzentrum gesucht werden und dann nach peripher reseziert werden. Dies kann CT- oder MRI-gesteuert stereotaktisch erfolgen. Stereotaktische Resektionen kleiner Tumoren oder stereotaktische Biopsien werden heute praktisch ambulant vorgenommen. Es gibt keine randomisierte, kontrollierte und prospektive klinische Studie zur Frage einer postoperativen Strahlentherapie von Astrozytom-Patienten. Kaum zwei der publizierten Studien sind auch nur in einzelnen Aspekten der Auswahl der Patienten, Alter, Ausmaß oder Lokalisation des Tumors, pathologischer Klassifikation, Strahlendosis der bestrahlten Patienten etc. miteinander vergleichbar.
Trotz der prinzipiell erheblichen Mängel aller durchgeführten Studien kommt die Mehrzahl der im englischsprachigen Raum publizierten Studien zu einem Vorteil durch eine postoperative Bestrahlung von Astrozytom-Patienten. Komplikationen ergeben sich aus der Strahlennekrose des Hirngewebes. Diese tritt vor allem bei Ganzkopfbestrahlungen auf. Es existieren keine Studien, die einen Nutzen für die Patienten durch eine Chemotherapie des Astrozytoms belegen. Die Hauptursache für ein Therapieversagen ist ein lokales Rezidiv. Wenn eine erneute Therapie erforderlich ist, ist der erste Schritt eine Biopsie. Bei weiterhin bestehendem Astrozytom erfolgen radiologische Kontrollen. Bei weiterem Wachstum des Tumors wird eine Resektion notwendig werden. Bei maligner Transformation ist eine aggressivere Therapie notwendig. Die Zweitbestrahlung eines Astrozytom-Rezidivs ist bisher ein experimentelles Verfahren. PrognoseDie 5-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit einem Astrozytom beträgt 40 bis 50 %. Die 10-Jahres-Überlebensrate liegt bei 20 bis 30 %. Die jüngsten Daten zu dieser Frage zeigen eine leichte Verbesserung der Prognose: die 5-Jahres-Überlebensrate stieg demnach auf 65 % und die 10-Jahres-Überlebensrate auf 40 %. Astrozytome bei KindernAstrozytome sind der häufigste Tumor mit hemisphärischer Lokalisation (Großhirnrinde) im Kindesalter. Sie machen 8 % aller pädiatrischen intrakraniellen Neoplasien aus. Der Altersgipfel ihres Auftretens liegt zwischen 8 und 12 Jahren. Das Geschlecht spielt keine Rolle: Jungen und Mädchen sind in etwa gleich häufig betroffen. Neben der Lokalisation im Großhirn können Astrozytome auch im Rückenmark und entlang der Hirnnerven vorkommen. Besonders häufig sind Astrozytome am Sehnerven (Nervus Opticus), dort oft bei Patienten mit einer Neurofibromatose. Das Vorkommen von Astrozytomen ist aber auch bei anderen Phakomatosen gehäuft (siehe oben). Der häufigste Hirntumor im Kindesalter ist das Medulloblastom. Klinische Symptome sind Kopfschmerz, Schwindel, Erbrechen, Krampfanfälle und Sehstörungen, gelegentlich ein fokales neurologisches Defizit (beispielsweise eine Hemiparese). Die Diagnostik erfolgt mit den gleichen Mittel wie im Erwachsenenalter: augenärztliche Untersuchung (Nachweis eines Papillenödem als Zeichen gesteigerten intrakraniellen Drucks) und vor allem eine Kernspintomographie des Schädels. Bei Kindern ist im Rahmen der multizentrischen Behandlungsstudien mittlerweile eine Kernspintomographie der gesamten Neuraxis (Gehirn und Rückenmark) erforderlich, um Abtropfmetastasen im Rückenmark nachzuweisen oder auszuschließen (spinale Aussaat). Ausgenommen von diesem Standard sind lediglich die Optikusgliome (Astrozytome des Sehnerven), wobei auch - extrem selten - Optikusgliome in das Rückenmark metastasieren können. Bei der Diagnostik sollte immer eine Lumbalpunktion erfolgen: diese dient zum Nachweis von Tumorzellen im Liquor (Nervenwasser) und Bestimmung von Tumormarkern im Liquor. Damit sollen andere Hirntumoren des Kindesalters (intrakranielle Keimzelltumore, Medulloblastom, Ependymom) bereits präoperativ von einem Astrozytom abgegrenzt werden. Im Falle der Keimzelltumoren ist sogar ein operativer Eingriff bestenfalls zur Gewinnung einer histologischen Diagnose mittels Probebiopsie statthaft: diese Tumoren sprechen sehr gut Radio- und Chemotherapie an und sind daher auch primär mit diesen Methoden zu behandeln. 50 % der Operations-Resektate die radiologisch diagnostizierter hemisphärischer Astrozytome sind niedrig-maligne Astrozytome Grad I. Das Zystisch Juvenile Pilocystische Astrozytom ist eine gelegentliche Unterform. Der Rest sind Astrozytome Grad II, III und IV nach WHO. Bei Optikusgliomen (Astrozytom I Sehnerv) ist eine Operation infolge der drohenden schweren Schädigung des Sehvermögens zunächst nicht angezeigt. Die Behandlung erfolgt hier primär mit einer Kombination aus Chemotherapie und Strahlentherapie. Die Behandlung erfolgt mit maximal totaler Resektion, soweit möglich. Patienten mit Astrozytom WHO Grad I und totaler Resektion erhalten nach der Operation radiologische Kontrollen in regelmäßigen zeitlichen Abständen, zumeist mittels Kernspintomographie. Astrozytom-Patienten mit signifikanten Residuen (Überresten des Tumors) nach der Operation werden bestrahlt. Patienten mit höhergradigen Astrozytomen (WHO Grad III und IV) erhalten Bestrahlung und Chemotherapie unabhängig vom Residualtumor. Astrozytome WHO I und II bei Kindern haben eine hohe 10-Jahre-Überlebenssrate. Die Prognose eines Astrozytom WHO III (anaplastisches Astrozytom) ist deutlich schlechter, die Prognose eines Astrozytoms WHO IV (Glioblastom) sehr schlecht. Quellen
Nicht belegte Angaben beziehen sich im Wesentlichen auf:
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Astrozytom aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |