Um alle Funktionen dieser Seite zu nutzen, aktivieren Sie bitte die Cookies in Ihrem Browser.
my.bionity.com
Mit einem my.bionity.com-Account haben Sie immer alles im Überblick - und können sich Ihre eigene Website und Ihren individuellen Newsletter konfigurieren.
- Meine Merkliste
- Meine gespeicherte Suche
- Meine gespeicherten Themen
- Meine Newsletter
Antisoziale Persönlichkeitsstörung
Die antisoziale oder auch dissoziale Persönlichkeitsstörung (APS) ist gekennzeichnet durch eine Missachtung sozialer Verpflichtungen und herzloses Unbeteiligtsein an Gefühlen anderer. Zwischen dem Verhalten und den herrschenden sozialen Normen besteht eine erhebliche Diskrepanz. Das Verhalten erscheint durch nachteilige Erlebnisse, einschließlich Bestrafung, nicht änderungsfähig. Es besteht eine geringe Frustrationstoleranz und eine niedrige Schwelle für aggressives, auch gewalttätiges Verhalten; weiterhin eine Neigung, andere zu beschuldigen, oder vordergründige Rationalisierungen für das Verhalten anzubieten, durch das die betreffende Person in einen Konflikt mit der Gesellschaft geraten ist. Laut DSM-IV sind 3% der Männer und 1% der Frauen betroffen. APS ersetzt die veralteten Bezeichnungen Psychopathie und Soziopathie. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
BeschreibungDie antisoziale Persönlichkeit macht sich schon im Kindes- und Jugendalter durch Missachtung von Regeln und Normen (z. B. Schuleschwänzen, Vandalismus, Fortlaufen von zuhause, Stehlen, häufiges Lügen) und der Unfähigkeit aus Erfahrung zu lernen, bemerkbar. Für letzteres ist relevant, dass APS nicht oder kaum durch körperliche Schmerzen oder Bestrafungen konditionierbar sind. Im Erwachsenalter führen Betroffene ihr Verhalten fort durch nur zeitweiliges Arbeiten, Gesetzesübertretungen, Gereiztheit und körperlich aggressives Verhalten, Nichtbezahlen von Schulden, Rücksichtslosigkeit und Drogenkonsum. Nicht selten landen sie dabei im Gefängnis. Kriminalität ist allerdings nicht notwendig für die Diagnose von APS, denn es gibt auch viele angepasste APs, die beruflich erfolgreich sind. Sie sind impulsiv, leicht reizbar und planen nicht voraus. Darüber hinaus zeigen sie keinen Respekt vor der Wahrheit und keine Reue für Missetaten. Ihre gefühlsmäßigen Beziehungen zu Personen sind so schwach, dass sie sich nicht in Personen hineinversetzen können und keine Schuldgefühle oder Verantwortungsbewusstsein kennen. Dadurch fällt es ihnen schwer, Personen abzugrenzen und auf sie Rücksicht zu nehmen. Dass sie auffällig werden und eine hohe Risikobereitschaft haben, könnte ein Versuch sein, ihre innere Leere auszufüllen. Ihr eigenes Gefühlsrepertoire (besonders das für negative Gefühle) kann beschränkt sein, weswegen sie Gestiken von anderen Personen imitieren. Gefühle anderer hingegen nehmen sie gut wahr und können sie manipulierend ausnutzen, während sie selber außergewöhnlich charmant sind. Sie können aber auch eine spielerische Leichtigkeit ausstrahlen, und bei guter intellektueller Begabung unter Umständen recht geistreich, witzig und unterhaltsam sein. Dissoziale Störungen lassen sich weiter in drei Subtypen einteilen, über die allerdings wissenschaftliche Kontroversen geführt werden. Instrumentell-dissoziales VerhaltenDieser Subtyp ist vor allem auf Geld, materielle Werte sowie Macht aus. Diese Personen haben keinen Leidensdruck, sondern ein übersteigertes Selbstvertrauen und Machtgefühl, und daher keine Veränderungsbereitschaft. Diese Wesensart hat Ähnlichkeit mit dem, was früher Psychopath genannt wurde: kein Einfühlungsvermögen, Schuldgefühl oder Angst, oberflächlicher Charme und Gefühlsregungen, und instabile, wechselnde Beziehungen. Allerdings kann dies manchmal der gesellschaftlichen Norm entsprechen. Impulsiv-feindseliges VerhaltenCharakteristisch ist eine geringe Handlungskontrolle, die kaum bewusst, sondern fast nur durch Impulsivität beeinflusst wird. Dabei steht materieller Gewinn im Hintergrund. Die gemütsmäßige Beteiligung ist hier hoch; u.a. ist Wut und Ärger fast immer zu finden. Handlungen von anderen werden viel zu häufig negativ, z.B. als Bedrohung oder Provokation gedeutet, und es wird, kombiniert mit geringer Frustrationstoleranz, dementsprechend reagiert. Die Handlungen sind dabei ungeplant. Ängstlich-aggressives VerhaltenDie dritte Gruppe ist vor allem im forensischen Bereich auffällig. Hier findet man oft deprimierte, schüchterne und ängstliche Personen, die in Extremsituationen Gewaltausbrüche produzieren, die die anderen beiden Subtypen übertreffen können. Außerhalb ihrer Ausbrüche sind die meisten beherrschte und sonst weniger auffallende Menschen. Posttraumatische Erlebnisse finden sich hier am häufigsten. Des weiteren können hier auch Mischtypen auftreten. UrsachenAntisoziale Persönlichkeiten kommen häufig aus zerrütteten Elternhäusern, in denen entweder Gewalt ein zentrales Erziehungsmittel war, oder in denen sie vernachlässigt wurden. Dazu kommt ein Mangel an mütterlicher Liebe und Fürsorge, der zu fehlender Orientierung seitens des Kindes führt. In vielen Fällen haben sich die Eltern scheiden lassen oder hatten Beziehungsschwierigkeiten und Konflikte untereinander. Viele antisoziale Persönlichkeiten sind in einer Großfamilie auf engem Raum aufgewachsen, erfuhren uneindeutige Erziehungsstile der Eltern, die prosoziales Verhalten nicht oder selten beachtet haben, oder hatten delinquente Geschwister. Der beste Prädikator für das im Erwachsenenalter feststellbare antisoziale Verhalten ist das Vorhandensein dissozialer Verhaltensauffälligkeiten im Kindesalter. Klassifikation nach ICD und DSMIn der ICD-10 wird die Bezeichnung „dissoziale Persönlichkeitsstörung“ verwendet, das DSM-IV verwendet die Formulierung „antisoziale Persönlichkeitsstörung“ ICD-10Mindestens drei der folgenden Eigenschaften oder Verhaltensweisen müssen vorliegen:
Während das DSM-IV die Diagnose einer dissozialen Persönlichkeitsstörung ausdrücklich erst ab dem 18. Lebensjahr gestattet, gibt die ICD-10 keine entsprechend enge Grenze vor. Die ICD-10-Kriterien beschreiben neben sozialer Devianz charakterologische Besonderheiten, insbesondere Egozentrik, mangelndes Einfühlungsvermögen und defizitäre Gewissensbildung. Kriminelle dissoziale Handlungen sind also keine Bedingung sine qua non (Conditio-sine-qua-non-Formel)! Mindestens 3 der in der ICD-10 genannten Merkmale müssen erfüllt sein. Hierzu gehören:
DSM-IVa) Es besteht ein tiefgreifendes Muster von Missachtung und Verletzung der Rechte anderer, das seit dem 15. Lebensjahr auftritt. Mindestens drei der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:
b) Die Person ist mindestens 18 Jahre alt Mögliche UrsachenDie Ursachen der Antisozialen Persönlichkeitsstörung sind noch unbekannt. Neuere Forschungen erhärten aber die Hypothese, dass diese Störung durch ein Zusammenspiel biologischer und sozialer Faktoren hervorgerufen wird. Avshalom Caspi und seine Mitarbeiter (2002) untersuchten 442 männliche, erwachsene Neuseeländer, von denen 154 in ihrer Kindheit sexuell missbraucht und/oder körperlich misshandelt wurden. Sie analysierten den Einfluss eines bestimmten Gens, das die Hirnchemie beeinflusst. Dieses Gen kommt in einer stark und einer schwach aktiven Variante vor. Es bestimmt das Niveau der Monoamin Oxidase A (MAOA). Dies ist ein Enzym, das die Neurotransmitter Serotonin, Dopamin und Norepinephrin metabolisiert. 85 % der Versuchspersonen, die traumatisiert worden waren und die zudem die schwach aktive Variante des Gens hatten, entwickelten Formen des antisozialen Verhaltens. Die Untersuchungsteilnehmer mit der hoch aktiven Variante dieses Gens aber wurden nur äußerst selten durch antisoziales Verhalten auffällig - unabhängig davon, ob sie also Kind misshandelt und missbraucht worden waren oder nicht. [1] KontroverseDie Perspektive, die in der Definition (etwa nach ICD) deutlich wird, ist umstritten, da es sich hier letztlich um die natürliche Reaktion auf bestimmte Erfahrungen, aber nicht um eine Störung handeln könnte, und da mit einiger Vorbereitung jedermann derartige Symptome zeigt. Kulturelle RezeptionDas Phänomen der antisozialen Persönlichkeit hat auch Eingang in die Literatur gefunden. Siri Hustvedt, eine amerikanische Schriftstellerin, beschreibt in ihrem Buch "Was ich liebte" (Originaltitel "What I loved", 2003) mindestens zwei Charaktere mit Symptomen der antisozialen Persönlichkeitsstörung. Gegen Ende ihres Buches erwähnt sie die Hinwendung einer anderen Romanfigur zu diesem Phänomen mit folgenden Worten: Violets "Forschungen haben sie vom 18. Jahrhundert in die Gegenwart geführt, von dem französischen Irrenarzt Pinel zu einem lebenden Psychiater namens Kernberg. Terminologie und Ätiologie der Krankheit, die sie untersucht, mögen sich mit der Zeit verändert haben,aber Violet hat sie in allen Formen aufgespürt: folie lucide, Geisteskrankheit, Schwachsinn, Soziopathie, Psychopathie und antisoziale Persönlichkeit, kurz APS. Heutzutage gehen die Psychiater bei der Diagnose der Störung nach Checklisten vor, die sie in Ausschüssen überprüfen und auf den neuesten Stand bringen, doch die am häufigsten vorkommenden Charakterzüge sind: Wandlungsfähigkeit und Charme, pathologisches Lügen, fehlende Einfühlung und Reue, dafür Impulsivität, Gerissenheit und Neigung zur Manipulation, frühe Verhaltensstörungen und die Unfähigkeit, aus Fehlern zu lernen oder auf Strafen zu reagieren." In ihrer Danksagung zitiert sie diverse Quellen an Sekundärliteratur, so den erwähnten Otto F. Kernberg und Donald W. Winnicott Siehe auch
Einzelnachweise
Literatur
|
||||
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Antisoziale_Persönlichkeitsstörung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |