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Fetales Alkoholsyndrom



Klassifikation nach ICD-10
P04.4 Schädigung des Feten und Neugeborenen durch Einnahme von abhängigkeitserzeugenden Arzneimitteln oder Drogen durch die Mutter
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Das Fetale Alkoholsyndrom (FAS), auch Alkoholembryopathie (AE) genannt, bezeichnet die vorgeburtlich entstandene Schädigung eines Kindes durch von der schwangeren Mutter aufgenommenen Alkohol.

Ist die Organbildung beim Kind zum Zeitpunkt des Alkoholkonsums bereits abgeschlossen, entstehen meist keine oder nur geringe körperliche Fehlbildungen und das Kind zeigt keine oder nur geringfügige äußere Merkmale. Eine Schädigung des zentralen Nervensystems (ZNS), mitunter einhergehend mit kognitiven und verhaltensbezogenen Störungen, kann dennoch vorliegen. Für diese in der Symptomatik abgeschwächte, aber in den Auswirkungen für das Kind dadurch nicht pauschal „leichtere“ Form des FAS wird der Ausdruck Fetale Alkoholeffekte (FAE) genutzt.

Da die Grenzen zwischen FAS und FAE fließend sind, werden alle relevanten Diagnosen unter dem Sammelbegriff Fetal Alcohol Spectrum Disorder (FASD) zusammengefasst.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Wird ein Embryo (bis zur 9. Schwangerschaftswoche) oder Fetus (ab der 9. Schwangerschaftswoche) während seiner Entwicklung Alkohol und Alkoholabbauprodukten ausgesetzt, so wird er nicht nur in seiner Entwicklung gehemmt, sondern erfährt in Abhängigkeit von Reifestadium, Alkoholmenge und individueller Disposition weitere körperliche und kognitive Entwicklungsschädigungen. Diese nachgeburtlich diagnostizierbaren Schäden fasst man unter den Begriffen fetales Alkoholsyndrom (beim Vollbild) bzw. unter fetale Alkoholeffekte (bei symptomatisch minderschwerer Ausprägung) zusammen. Als Oberbegriff wird Fetal Alcohol Spectrum Disorder genutzt.

Geschichte

Das FAS wurde, obwohl sicherlich so alt wie der Alkoholkonsum selbst, als Entwicklungsstörung infolge von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft erstmals 1968 durch P. Lemaine in Frankreich beschrieben, 1973 erneut in den USA durch K. L. Jones und D. W. Smith. Die diagnostischen Kriterien sind seit dem im Wesentlichen unverändert das Auftreten einer Mehrzahl von typischen körperlichen, kognitiven und sozialen Entwicklungsstörungen.

Ursache

Die Ursache des FAS und der FAE ist immer und ausschließlich Alkoholkonsum der Mutter in der Schwangerschaft. Alkohol gehört zu den potentiell toxisch wirkenden Stoffen, die die Plazentaschranke (eine die Kreisläufe von Mutter und Kind trennende Membran) durchdringen können, sodass das Ungeborene in kurzer Zeit über die Nabelschnur den gleichen Alkoholpegel hat wie seine Mutter. Diese baut den Alkohol jedoch 10x schneller ab, als der Embryo bzw. Fetus. Das Ungeborene ist dem Alkohol als Zellteilungsgift dadurch verstärkt ausgesetzt, insbesondere sein Gehirn. Ein Embryo hat keine und ein Fetus nur geringe eigene Möglichkeiten zum Abbau von Alkohol, da die dafür notwendigen Enzyme nur sehr begrenzt und teils erst Wochen nach der Geburt vorhanden sind. Das Enzym Alkoholdehydrogenase beispielsweise erreicht erst beim 5-jährigen Kind den Wert eines Erwachsenen. In Abhängigkeit von Reifestadium, Alkoholmenge und individueller Disposition wirkt sich so der Alkoholkonsum der Schwangeren irreversibel schädigend auf die körperlich-organische, kognitive und soziale Entwicklung des Ungeborenen aus. Umgekehrt sind alle so entstehenden Schädigungen vollständig vermeidbar durch den Verzicht auf Alkohol in der Schwangerschaft.

Es muss zur Zeit davon ausgegangen werden, dass jeder Alkoholkonsum zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft ein grundsätzliches Risiko für das Kind darstellt und keine Grenze benannt werden kann, unter der mit Sicherheit keine Schädigung des Kindes zu erwarten ist. Denn bislang konnte nicht sicher nachgewiesen werden, ob es eine tolerable, nichtschädigende Alkoholmenge gibt und falls ja, wo sie qualitativ und quantitativ anzusiedeln ist. Neben Studien, die einen geringen Alkoholkonsum als nicht signifikant schädigend bewerten, gibt es Feststellungen, nach denen selbst bei nur einmaligem größerem Alkoholkonsum bereits Fehlgeburten auftraten. Die Zeitschrift „Baby und Familie“ fasst zudem in der Ausgabe von Juli 2007 aktuelle Studienergebnisse britischer Wissenschaftler zusammen. Das Forscherteam hatte eine Probandengruppe von Kindern beobachtet, deren Mütter während der Schwangerschaft ein knappes Glas Wein oder Bier pro Woche getrunken hatten. Sie kamen durch ihre Auswertung zu dem Ergebnis, dass selbst dieser gemeinhin als „geringe Mengen“ eingeschätzte Alkoholkonsum bei betroffenen Kindern häufiger zu Verhaltensstörungen führt als bei Kindern abstinent lebender Schwangerer: Allgemein entwickeln Mädchen im Vergleich zu Jungen seltener emotionale Störungen und Hyperaktivität. In der Studie wurde jedoch gerade bei Mädchen ein Anstieg von Auffälligkeiten um 37% registriert.

Der Alkoholkonsum des Vaters spielt hinsichtlich der Entwicklungsstörungen nach den bisherigen Studien keine Rolle. Dies lässt sich auch daraus ableiten, dass FAS keine genetische bedingte Störung ist, sondern eine Vergiftung während der Schwangerschaft. Hinsichtlich der nachgeburtlichen familiären Situation hat der Alkoholkonsum des Vaters sowie weiterer (enger) Familienmitglieder - wie der weitere mütterliche Alkoholkonsum auch - für die Förderung des Kindes teils erheblich negative Auswirkungen. Viele Kinder, insbesondere diejenigen mit dem Vollbild des Syndroms, wachsen aufgrund der häufig auch nach der Geburt weiterbestehenden Alkoholproblematik in ihrer Herkunftsfamilie in Adoptiv- oder Pflegefamilien auf.

Häufigkeit

Alkohol hat von den vielfältigen in der Schwangerschaft auf das Kind potentiell toxisch wirkenden Stoffen die größte Verbreitung und die größte gesellschaftliche Konsumakzeptanz. Eine FASD wäre durch verantwortungsbewusstes Verhalten der Schwangeren vollständig vermeidbar. Da jedoch statistisch gesehen nur 1 von 5 Frauen während der Schwangerschaft konsequent auf jeglichen Alkoholkonsum verzichtet, sind alkoholbedingte Schädigungen die häufigste Ursache vorgeburtlich entstehender kognitiver und körperlich-organischer Schädigung ohne genetischen Einfluss:

Durchschnittlich 1 von 300 Kindern wird in Deutschland mit dem Vollbild des fetalen Alkoholsyndroms einschließlich charakteristischer Gesichtsmerkmale (Syndromgesicht), körperlich-organischer Fehlbildungen, kognitiver Behinderung und Störungen des Sozialverhaltens geboren.

Die Zahl der Kindern mit fetalen Alkoholeffekten, also ohne oder mit nur geringfügigen äußeren Merkmalen und organischen Fehlbildungen, aber mit kognitiven Defiziten und Verhaltensstörungen, beträgt etwa 4.000 pro Jahr, was rund 0,6 Prozent aller Neugeborenen entspricht. Die Dunkelziffer wird auf weitere etwa 11.000 bis 16.000 geschätzt, da davon ausgegangen wird, dass Kinder mit Auffälligkeiten im Sinne fetaler Alkoholeffekte oft nicht als solche diagnostiziert werden. Aus Sorge der Mütter vor eigener Stigmatisierung und einer Stigmatisierung des Kindes wird der Konsum von Alkohol in der Schwangerschaft zudem vielfach verschwiegen oder bagatellisiert, sodass nach anderen Ursachen geforscht wird.

pränatale Entwicklungsstörungen

Die Vergiftung des ungeborenen Kindes mit Alkohol führt in Abhängigkeit vom Reifungsstadium zu unterschiedlichen Entwicklungsstörungen.


  • Erstes Trimester
    • Der Embryo zeichnet sich im ersten Trimenon durch den Prozess der Organogenese aus. Dementsprechend tiefgreifend sind die Schädigungen, die in dieser Zeit erfolgen können: Mikrozephalie und Mikroenzephalie (Kopf-/Gehirnminderentwicklung), kraniofasziale Hypoplasie (Gesichtsveränderungen mit strukturellen Unterentwicklungen) und Fehlbildungen innerer Organe sind die häufigsten.


  • Zweites Trimester
    • In diesem Zeitraum ist die größte Gefahr bei mütterlichem Alkoholkonsum eine Fehlgeburt. Weiterhin kommt es zu Wachstumsretardierung mit Rückstand in bzw. Verzögerung der körperlichen Entwicklung.


  • Drittes Trimester
    • In dieser Zeit wächst der Fetus körperlich und kognitiv zur Geburtsreife. In dieser Zeit besteht die Gefahr der Wachstumsretardierung und einer Schädigung des Zentralnervensystems. Diese Gefahr ist nun am größten.


Nicht nur regelmäßiges und/oder übermäßiges Trinken wirkt in diesem Sinne schädigend. Der episodische (gelegentliche) Alkoholkonsum kann je nach Entwicklungsphase spezifische Schädigungen beim Ungeborenen verursachen: Während der vierten Schwangerschaftswoche beispielsweise kann Alkoholeinfluss die sich herausbildende Kopfform beeinflussen, in der sechsten Woche kann es bei der Entwickelung der Nieren zu Fehlbildungen kommen. Über den gesamten Verlauf der Schwangerschaft befindet sich das Gehirn in einem Reifungsprozess und ist dem entsprechend das am meisten empfängliche und von alkoholbedingten Schädigungen bedrohte Organ.

Hauptartikel: Schwangerschaft

postnatale Symptomatik

Alkoholkonsum der Schwangeren kann im Prinzip alle Organe und Organsysteme des ungeborenen Kindes schädigen, wenngleich bei typischer Ausprägung des FAS einige Körperteile besonders betroffen sind. Die Diagnose des klassischen Syndroms stützt sich bei schwer betroffenen Kindern besonders auf äußere Merkmale. Dazu zählen: Minderwuchs, Untergewicht, Kleinköpfigkeit (Mikrozephalie), mangelhafte Muskelentwicklung, typische Gesichtsveränderungen, kognitive Entwicklungsverzögerung und Verhaltensstörung(en). Die Schweregrade alkoholbedingter Schädigungen beim Kind haben ebenso wie die individuelle qualitative und quantitative Ausprägung des mütterlichen Alkoholkonsums eine große Bandbreite, die im Einzelfall betrachtet und eingeschätzt werden muss. Dass sich nicht nur mütterliche Alkoholabhängigkeit negativ auf das Kind auswirkt, sondern auch das bislang weitgehend gesellschaftlich tolerierte und teils sogar geforderte soziale Gelegenheitstrinken toxisch wirken kann, wird bislang nur wenig beachtet. Trotz der medizinisch hohen Bedeutung in Bezug auf bleibende Schädigungen beim Kind ist die Verharmlosung von Alkoholkonsum in der Schwangerschaft nach wie vor auch bei Gynäkologen verbreitet und Kinderärzte tun sich vor allem mit der Diagnose fetaler Alkoholeffekte mitunter sehr schwer.

Nicht alle betroffenen Kinder zeigen alle Merkmale und die Merkmale sind nicht immer in gleich starker Ausprägung vorhanden. Beim FAS zeigen sich meistens mehr und ausgeprägtere Symptome als beim FAE, wobei die individuellen Beeinträchtigungen durchaus ähnlich schwer wiegen können: Veränderungen im körperlichen Bereich können beim Kind derart unscheinbar sein, dass ein Laie keinen Unterschied zum gesunden Kind bemerkt, aber auch so ausgeprägt, dass es sofort auffällt und mitunter eine sozial stigmatisierende Wirkung haben kann („Säuferkind“). Die körperlichen Schäden können mit Störungen in der Hirnleistung (von Lernschwierigkeiten bis hin zur geistigen Behinderung) und Störung der seelischen, gefühlsbezogenen und sozialen Entwicklung einhergehen. Es kann jedoch nicht pauschal von einer Relation zwischen körperlichen Merkmalen und kognitiven Beeinträchtigungen ausgegangen werden.

Häufige Symptome der FASD sind:

  • Körperlicher Bereich
    • Wachstumsstörungen, Minderwuchs, Untergewicht
    • vergleichsweise kleiner Kopfumfang (Mikrozephalie), Minderentwicklung des Gehirns (Mikroenzephalie)
    • im Profil flach wirkendes Mittelgesicht mit flacher Oberkieferregion, fliehendem Kinn und einer kurzen, flachen Nase (Stupsnase) mit anfangs nach vorne zeigenden Nasenlöchern (Steckdosennase)
    • schmales (Ober-) Lippenrot und wenig modulierte, flache oder fehlende Mittelrinne (Philtrum) zwischen Nase und Oberlippe
    • kleine Zähne, vergrößerter Zahnabstand
    • besonders geformte und tief ansetzende Ohren
    • vergleichsweise kleine Augen mit schmalen, teils herabhängenden Augenlidern (Ptosis)
    • sichelförmiger Hautfalte an den inneren Randwinkeln der Augen (Epikanthus medialis)
    • nach unten außen hin geschrägte (lateral-kranial abfallende) Lidachsen
    • Hämangiom (Blutschwämmchen)
    • Steißbeingrübchen
    • Muskelschwäche (Muskelhypotonie), Unterentwicklung der Muskulatur
    • Bindegewebsschwäche, mangelndes Unterhautfettgewebe
    • besondere Handfurchen, flaches Handlinienrelief
  • Organischer Bereich, körperliche Fehlbildungen
  • Neurologisch-kognitiver Bereich
    • allgemeine Entwicklungsretardierung bis zur Unselbstständigkeit
    • Konzentrationsschwäche, Lernschwäche, kognitive Behinderung
    • Schwierigkeit im Verstehen von abstrakten Dingen und logischen Zusammenhängen
    • Probleme mit der Erfassung von Begriffen wie z. B. bald, vorher, nachher, demnächst, übermorgen usw.
    • Probleme im mathematischen Bereich, z.B. Schätzen von Zahlen, Verständnis der Uhrzeit und Umgang mit Geldwerten
    • Krampfanfälle / Epilepsie
    • emotionale Instabilität, Schwankungen von Ausgeglichenheit, Stimmungen und Gefühlsäußerungen
    • häufig lang anhaltende Tempramentsausbrüche
    • Hyperaktivität
    • Hyperexzitabilität (Übererregbarkeit des zentralen Nervensystems)
    • Über- oder Untersensibilität bezogen auf oft selbst leichte Schmerz-, Temperatur-, Berührungsreize usw.
    • Unter- oder Überreaktionen auf taktile Reize
    • Vertrauensseligkeit (z.B. mit fremden Personen mitgehen)
    • erhöhte Risikobereitschaft, Waghalsigkeit, dadurch erhöhte Unfallneigung
    • Aggressivität und Destruktivität (teils absichtlich)
    • überdurchschnittlich lange Reaktionszeiten
    • Unaufmerksamkeit, leichte Ablenkbarkeit bis hin zur Reizüberflutung durch diverse Umgebungsreize (Lichter, Farben, Geräusche, Bewegungen, Menschen usw.)
  • Verhaltensauffälligkeiten
    • motorische Koordinationsschwierigkeiten durch Entwicklungsverzögerungen der Fein- und Grobmotorik und mangelhafte Auge-Hand-Koordination („Tollpatschigkeit“)
    • Problembewältigungsschwierigkeiten (immer wieder gleiche Herangehensweisen ohne Variablen)
    • selbststimulierendes, teils selbstverletzendes Verhalten
    • Ungeduld und Spontaneität einerseits, Entscheidungsschwierigkeiten andererseits
    • dissoziales und oppositionelles Verhalten
    • Nichterkennen von Konsequenzen
    • Schwierigkeiten, sich in soziale Bezüge angemessen einzugliedern und sich darin wohl zu fühlen
    • Ignoranz gegenüber verbalen Anweisungen, unkooperatives und oppositionelles Verhalten bei verbal ausgesprochenen Grenzsetzungen (Nichtakzeptanz von „Nein“)
    • Unempfänglichkeit oder Unverständnis gegenüber nonverbalen Signalen durch Gestik, Mimik und Körpersprache anderer Menschen
    • sinngemäßes Verständnis von Anweisungen aber Unvermögen zur angemessenen Ausführung
    • oft ängstlich-besorgte und chronisch frustrierte Einstellung
    • niedrige Frustrationstoleranz
    • schnelle Ermüdbarkeit

Diagnose

FAE beziehungsweise FAS wird nach der Geburt, teils erst im Verlauf der Kindheit, wenn sich Störungen manifestieren, in der Mehrzahl der Literatur nach folgenden Kriterien diagnostiziert:

FAE (FAS Grad I-II)

  1. Der Alkoholkonsum der Mutter muss gesichert sein
  2. Es müssen zwei der drei FAS-Kriterien vorliegen

FAS (Vollbild)

Folgende drei Hauptkriterien müssen vorliegen:

  1. Vor-/nachgeburtliche Wachstumsstörungen (Dystrophie)
  2. Störungen des Zentralnervensystems
  3. Gesichtsveränderungen (geschrägte Lidachsen, schmales Lippenrot, hypoplastisches Philtrum, etc.)

Der ICD-10-Code O35.4 wird angegeben bei der Betreuung der Schwangeren bei (Verdacht auf) Schädigung des ungeborenen Kindes durch Alkoholkonsum. Für das Neugeborene wird hingegen der ICD-10-Code Q86.0 verwendet.

Folgen

Kinder mit dem Vollbild des FAS entwickeln sich körperlich durchaus weiter, zum Teil wachsen sich einige der körperlichen Unterentwicklungen aus. Fehlbildungen können mitunter operativ korrigiert werden, sodass von ihnen keine Beeinträchtigung mehr ausgeht. Im kognitiven Bereich ist das jedoch anders: Die meisten Kinder mit FAS sind lebenslang geistig behindert, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Hierbei hat auch eine optimale Förderung von Kindern, die zu Pflegeeltern kamen, keine weiteren Entwicklungserfolge gezeigt. Mentale und soziale Defizite konnten nicht beseitigt werden, die Kinder benötigen ein einfach strukturiertes klares Umfeld, um nicht überfordert zu werden.

Kinder mit FAE weisen oft kaum körperliche Besonderheiten auf, ihr IQ ist oft durchschnittlich. Auffällig werden sie jedoch im (Sozial-) Verhalten. Die meisten Kinder bedürfen einer konstanten Beaufsichtigung und viele bis ins Erwachsenenalter hinein vielfältiger Unterstützung bei Tätigkeiten des alltäglichen Lebens.

Prävention

Die einzig wirksame Vermeidung von alkoholbedingten Schädigungen des ungeborenen Kindes ist der vollständige und konsequente Verzicht auf den Konsum von Alkohol durch die Schwangere während der gesamten Dauer der Gestation. Die größte Schwierigkeit jedes Präventionsansatzes besteht darin, dass vielen Frauen sich der Risiken des Alkoholkonsums mit den möglichen Konsequenzen für das Kind nicht bewusst sind oder die Risiken unterschätzt werden.

In der Schwangerenbetreuung sollte es daher Standard sein, auf die möglichen Risiken hinzuweisen und Frauen zum verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol nachdrücklich anzuhalten. Auch die routinemäßige Abklärung, ob bei einer Schwangeren ein problematisches Konsumverhalten vorliegt oder von einer zu leichtfertigen Einstellung ausgegangen werden muss, kann Teil der Vorsorge sein. Die Unterstützung durch bzw. die Kooperation mit einer spezialisierten Beratungsstelle kann hilfreich sein.

Während zunehmend mehr Gynäkologen dies gewissenhaft tun und zum Verzicht auf Alkohol in Schwangerschaft und Stillzeit raten und motivieren, wird jedoch insbesondere der Gelegenheitskonsum nach wie vor auch von Ärzten häufig verharmlost. Nicht selten wird im Gegenteil sogar zum gelegentlichen Trinken ermuntert („Gut für den Blutdruck“, „Hilft zur Entspannung“ usw.). Potentielle Beeinträchtigungen werden oft unterschätzt, bagatellisiert oder mögliche Risiken gänzlich geleugnet, während eine sichere Grenze, in Ermangelung derselben, nicht genannt werden kann.

Hartnäckig hält sich auch dadurch das gesellschaftliche Vorurteil, dass nur Kinder von alkoholkranken Frauen Schäden davontragen, obwohl das in dieser Ausschließlichkeit nicht zutreffend ist. So geht es im primärpräventiven Bemühen darum, Alkoholkonsum als potentiell stets fruchtschädigendes Verhalten zu benennen, ein gesamtgesellschaftliches Problembewusstsein zu schaffen und es Frauen dadurch zu erleichtern, in der Schwangerschaft und Stillzeit bewusst und vor allem gesellschaftlich akzeptiert und unterstützt auf Alkohol zu verzichten. In diesem Punkt kommt insbesondere die Verantwortung der Kindsväter zum tragen.

Literatur

  • Renate L. Bergmann, Hans-Ludwig Spohr, und Joachim W. Dudenhausen: Alkohol in der Schwangerschaft. Häufigkeit und Folgen (2006)
  • Martin Zobel: Kinder aus alkoholbelasteten Familien. Entwicklungsrisiken und -chancen (2006)
  • Marga Hogenboom: Menschen mit geistiger Behinderung besser verstehen. Angeborene Syndrome verständlich erklärt. (2003, S. 74–83)
  • Kurt Kallenbach (Hrsg): Kinder mit besonderen Bedürfnissen. Ausgewählte Krankheitsbilder und Behinderungsformen. ISBN 3-89166-208-4
  • Pflege- und Adoptivfamilien in NRW e.V. (Hrsg.): Alkoholgeschädigte Kinder in Pflege- und Adoptivfamilien
  • Hermann Löser: Alkoholembryopathie und Alkoholeffekte (1995)
Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen!
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Fetales_Alkoholsyndrom aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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