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Alexander Gawrilowitsch Gurwitsch



Alexander Gawrilowitsch Gurwitsch (russ. Александр Гаврилович Гурвич, wiss. Transliteration Aleksandr Gavrilovič Gurvič; * 27. September/9. Oktober 1874 in Poltawa, Ukraine; † 27. Juli 1954 in Moskau), Sohn einer gebildeten jüdischen Familie, war ein in Russland lange Zeit anerkannter Mediziner und Biologe und gilt als Begründer der heutigen Biophotonik.

Inhaltsverzeichnis

Lebenslauf

Nach seinem Gymnasiumabschluss 1892 ging er nach München an die Akademie der schönen Künste, Musik und Kunst waren seine Interessen in der Kindheit. Mangels Leistung brachte er diese nicht zum Abschluss. Danach begann er ein Studium an der medizinischen Fakultät der Universität München und interessierte sich dort für die biologischen Wissenschaften. Im sechsten Semester begann er im Labor von Professor Karl Wilhelm von Kupffer (Kupffersche Sternzellen) seine Arbeiten. 1895 wurde die erste veröffentlicht. Sie befasste sich mit dem Einfluss chemischer Verbindungen des Umgebungsmediums auf die Entwicklung von Amphibien. Er promovierte 1897 setzte jedoch seine Arbeiten in Kupffers Labor fort.

1899 erhielt er eine Stelle an der anatomischen Fakultät der Straßburger Universität. Anschließend, 1901 arbeitete er an der Fakultät für Anatomie der Universität Bern. In beiden befasste er sich hauptsächlich mit der Embryologie, Histologie und Zytologie. 1903 heiratete er Lidia D. Felizina, eine russische Studentin an der medizinischen Fakultät in Bern, die bei ihm promovierte.

1905 kehrte Alexander Gurwitsch zusammen mit seiner Frau nach Russland zurück. Wenig später übernahm er eine Professur für Anatomie und Histologie am Bestuschew-Frauenkollegium in Sankt Petersburg. In dieser Zeit bildete er seinen allgemeinen konzeptionellen Ansatz zum Verständnis biologischer Probleme. Er war einer der wenigen Biologen, die auch hervorragende Kenntnisse in Physik und Mathematik besaßen. Im „Kreis kleiner Biologen”, der durch ihn initiiert wurde und dem er als aktives Mitglied angehörte, prangerte er ironisch die konservative Arroganz und Stagnation der „Großen Namen” der Universität an.

Im Herbst 1918 zogen die Gurwitschs, seine Frau unterstützte ihn bei allen seinen Arbeiten und ist eigentlich untrennbar mit ihnen verbunden, nach Simferopol (Insel Krim). Dort übernahm er die Leitung der Histologischen Fakultät der damals neu gegründeten Tavria-Universität. Im Jahre 1923 dann die Entdeckung der mitogenetischen Strahlung (Biophotonik), wodurch er weltweite Anerkennung fand.

1924 wurde er zum Professor der Fakultät für Histologie und Embryologie an der Moskauer Medizinischen Universität gewählt. Hier untersuchte er seine Entdeckung der mitogenetischen Strahlung. Zu diesem Zeitpunkt wurde diese weltweit anerkannt. Er entwickelte eine Methode mit Hefekulturen, mit der er diese Strahlung nachweisen konnte. Diese erwies sich als phantastisches experimentelles Werkzeug. In seiner „Moskauer Zeit” wurde auch die Alexander-Gurwitsch-Schule gegründet. Dieser gehörten einige ehemalige Studenten aus St. Petersburg, der Insel Krim und neue aus Moskau an. 1927 folge er und andere herausragende Sowjetische Wissenschaftler einer Einladung nach Deutschland. Dabei traf er auch Albert Einstein und erläuterte ihm sein Problem eine Energiequelle in lebenden Systemen zu finden. Einstein sprach ihm sein Vertrauen aus und ermunterte ihm, weiter zu machen da sich immer eine Lösung finden ließe. Ende der 20er Jahre wurde Alexander Gurwitsch, ein Biologe und Vitalist (Vitalismus), für die Autoritäten der Universität zum Symbol ketzerischen Freidenkertums. Es endete 1929 im Streit und Gurwitsch verließ die Universität.

1930 bot man ihm daraufhin eine Stelle am Forschungsinstitut für Experimentelle Medizin in Leningrad an, das erste Forschungsinstitut Russlands, das nicht einer Universität angegliedert war. Er erhielt auch ein Labor am neu gegründeten Institut für Röntgenologie und Radiologie. Dies bedeutete für ihn, sich ganz ohne Lehrverpflichtungen in die reine Forschungsarbeit zu stürzen.

Anfang 1934 hielt Gurwitsch Vorlesungen über die mitogenetische Strahlung in Wien, Paris, Amsterdam, Leyden, Utrecht und Groningen. Er folgte einer Einladung der Wiener Biologischen Gesellschaft, dem Pariser Pasteur-Institut und der Holländischen Studentenvereinigung. Im Herbst desselben Jahres nahm er am Internationalen Kongress für Elektroradiobiologie in Venedig teil. Während dieser beiden letzten Besuche im Westen, lernte er die wichtigsten Forscher kennen, die sich mit der Frage der mitogenetischen Strahlung befassten.

Im Herbst 1941 standen die Nazitruppen vor Leningrad und er und seine Familie wurden nach Kasan ausgeflogen. Hier konzentrierte sich Gurwitsch ganz auf die rein theoretische Arbeit. Es gab keine Möglichkeiten, irgendwelche Experimente durchzuführen. Seine Feldtheorie erhielt hier ihre endgültige Form des vektoriellen biologischen Feldes. 1944 wurde sie in russischer Sprache veröffentlicht, 1947 auch auf französisch.

Unmittelbar nach dem Krieg wurde Alexander Gurwitsch Direktor des Instituts für Experimentelle Biologie, welches der neuen Sowjetischen Akademie für Medizinische Wissenschaften angeschlossen war. Er leitete auch die Abteilung für Zellforschung an diesem Institut.

1948 begann das düsterste Kapitel der biologischen Wissenschaften in der Sowjetunion. Trofim Lyssenko organisierte die berüchtigte Augustsitzung der Akademie für Agrarwissenschaften. Eine Periode erzwungenen Gehorsams gegenüber obskuren und primitiven Dogmen in allen Bereichen der Biologie begann. Gurwitsch protestierte, reichte seinen Rücktritt ein und ging in den Ruhestand.

In seiner Wohnung arbeitete er aber weiter und leitete de facto weiterhin das mehr und mehr verkleinerte Labor für Zellteilung, welches 1953 ganz geschlossen wurde und kurz darauf wieder eröffnete wurde. Eine Reihe von Freiwilligen arbeiteten in diesem unter Leitung von Anna Gurwitsch und Wiktor Jeremejew auf engstem Raum. Alexander Gurwitsch widmete sich in dieser Zeit vor allem seinem letzten Werk: die Analytische Biologie. Dieses Buch wurde bis heute nicht veröffentlicht. Seine letzten Vorlesungen hielt er 1953 bis 1954 in seiner Wohnung.

Alexander Gurwitsch starb am 27. Juli 1954.

Entdeckungen

Lehre der Zellstrahlung

Diese Lehre ist als Lehre der mitogenetischen Strahlung bekannt und wird heute unter als Biophotonen-Theorie (auch Biophoton) weitergeführt.

Theorie des biologischen Feldes

Für diese Theorie verwendete Gurwitsch als erster den hauptsächlich in der Physik beheimateten Begriff Feld in der Biologie.

Artikel, Bücher und Arbeiten

  • Über die Zerstörbarkeit und Restitutionsfähigkeit des Protoplasmas in Echinodermeneiern und Amphibieneiern; (1904) Verhältnis der Anatomischen Gesellschaft. 146-15 I
  • Über die Zerstörbarkeit und Restitusionsfähigkeit des Protoplasmas des Amphibieneier (1905) Anatomischer Anzeiger 27. 481-497
  • Regulationsphänomene im Protoplasma; (1908) Proceedings of the Sanct Petersburgh Naturalist Society 37. 140-189 (russisch)
  • Über Determination, Normierung und Zufall in der Ontogenese.’ (1910) W. Roux’ Archiv für Entwicklungsmechanik 30, 133-193
  • Die Vererbung els Verwirklichungsvorgang; (1912) Biologisches Zentralblatt 32, 458-486
  • Der Vererbungsmechanismus der Form; (1914) W. Roux’ Archiv für Entwicklungsmechanik S9, 516-577
  • Über den Begriff des embryonalen Feldes; (1922) W. Roux’ Archiv für Entwicklungsmechanik Sl, 353-415
  • Weiterbildung und Verallgemeinerung des Feldbegriffes: (1927) W. Roux’ Archiv für Entwicklungsmechanik II2. 433-454
  • Der Begriff der Äquipotentialität in seiner Anwendung auf physiologische Probleme; (1929) Archiv für Entwicklungsmechanik ll6. 20-35
  • Die historischen Grundlagen der Biologie; (1930) Fischer Verlag, Jena
  • Die mitogenetische Strahlung: (1932) Fischer Verlag, Berlin
  • Die mitogenetische Strahlung; (1932) Medigiz Verlag, Moskau (russisch)
  • Mitogeneric analysis of the exitation of the nervous svstem; (1937) Amsterdam
  • Schadstrahlung des zentralen Nervensystems; (1937) Arkhiv Biologichcskikh Nauk 45, 53-57 (russisch)
  • Aurobiographisches Tagebuch; (1941) unveröffentlicht
  • Die Theorie des biologischen Feldes; (1944) Sowjetskaja Nauka. Moskau (auf russisch)
  • Une theorie du champ biologique cellulaire;(1947) Bibliotheca Biothroretica, ser. D, il, 1-149
  • Das Konzept des „Ganzen” im Licht der zellulären Feldtheorie: (1947) tn ..Sammlung von Arbeiten zur Mitogenese und der „Theorie des biologischen Feldes”, l4l-l47. Medizinisches Verlagshaus, Moskau (russisch)
  • Analytische Biologie: (1954) unveröffentlicht
  • Die Theorie der Mirose; (1954) unveröffentlicht.
  • Analyse der sekundären mirogenerischen Strahlung; (1931) Arkhiv Biologicheskhikh Nauk 3l, 85-87 (russisch)
  • Mitogenetische Strahlung; (1934) Verlag des Instituts für experimentelle Medizin, Moskau. MitogenttischeAnalyse der neuralen Erregung; (1935) Verlag des Instituts für experimentelle Medizin, Moskau-Leningrad (russisch)
  • Mitogenetische Schadstrahlung; (1937) Bulletin für experimrntelle Biologie und Medizin 4, 459- 460(russisch)
  • Mitogenetische Strahlung; (1937) Verlag des Instituts für experimentelle Medizin, 406-411 (russisch)
  • Neue Möglichkeiten der rnitogenetischen Spektralanalyse; (1937) Bulletin für experimentelle Biologie und Medizin 4, 474-477 (russisch)
  • Quencher im Blut von Krebspatienten und ihre Bedeutung für die Diagnose; (1938) Archiv der biologischen Wissenschaft 51, 40-44 (russisch)
  • Zwanzig Jahre mitogenetische Strahlung; (1943) Fortschritte der modernen Biologie 15, 305-334 (russisch)
  • Mitogenetische Spektralanalyse durch selektive Streuungsmethoden, (1945) Acta Physica et Chimica 20, 635-644
  • Mitogenetische Strahlung: Physisch-chemische Grundlagen und Anwendungen in Biologie und Medizin: (1945) Medgiz, Moskau (russisch)
  • Die mitogenetische Strahlung; (1959) Fischer Verlag. Jena
  • Ausgewählte Werke (1977), Herausgegeben von L. V, Beloussow. Anna Gurwitsch und S. Y. Salkind, Meditsina, Sowjetische Akademie der Wissenschaften, Moskau (russisch)
  • Einführung in die Lehre der Mitogenese, Verlag der Akademie der medizinischen Wissenschaft, Moskau (russisch)
Anmerkung: Sind im Artikel doppelte Daten angegeben, nennt das erste Datum den Tag des Julianischen Kalenders, das zweite den Tag des Gregorianischen Kalenders. Die Kalenderumstellung erfolgte in den meisten Ländern zwischen 1582 und 1812, in einigen Staaten Osteuropas jedoch erst Anfang des 20. Jahrhunderts (so in Russland im Februar 1918).
 
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