Tödliches Nanopaket für Krebszellen
Hybrides Nanomaterial zerstört hypoxische Krebszellen durch gezielte Freisetzung von reaktiven Radikalen
© Wiley-VCH
Viele etablierte Behandlungsmethoden von Krebs basieren auf der Erzeugung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS), die bei den Tumorzellen den Zelltod einleitet. Allerdings muss dafür Sauerstoff vorhanden sein, und hypoxische (Sauerstoffmangel-) Regionen im Tumorgewebe überleben häufig ROS-Behandlungen. Younan Xia am Georgia Institute of Technology und der Emory University in Atlanta (USA) und sein Team haben daher eine Strategie entwickelt, um eine Substanz, die nach gezielter Aktivierung in Radikale zerfällt, in Zellen einzuschleusen, wo sie diese nach einem ROS-ähnlichen Mechanismus auch unter hypoxischen Bedingungen zerstören kann.
Wie die Autoren erläutern, wurden sie auf der Suche nach einer Verbindung, die genügend Radikale produziert, im Bereich der Polymerchemie fündig. Dort ist die Azo-Verbindung AIPH ein bekannter Polymerisationsstarter, der Alkylradikale freisetzt. In medizinischen Anwendungen führte AIPH zu DNA-Schädigungen und zu Lipid- und Protein-Peroxidationen, auch wenn kaum freier Sauerstoff zur Verfügung stand. Zunächst muss dafür aber das empfindliche AIPH in die Zellen im Gewebe hineingebracht werden. Die Wissenschaftler verwendeten daher Nanokäfige, deren Hohlräume sie mit Laurinsäure füllten. Dieses so genannte „Phase-Change-Material“ (PCM) kann als Trägermaterial für AIPH dienen. Befindet sich der Nanokäfig im Zielgewebe, heizt eine Bestrahlung mit einem Nahinfrarot-Laser diese Nanokäfige auf, sodass das PCM schmilzt und seine AIPH-Fracht freisetzt. Das AIPH zerfällt sofort in freie, hochreaktive Radikale.
Dass dieses Konzept funktioniert, bewies das Team mit einer Reihe von Experimenten an unterschiedlichen Zellsorten. An roten Blutkörperchen wurde erhebliche Hämolyse beobachtet. Lungen-Krebszellen nahmen die Nanoteilchen auf und erlitten durch die Freisetzung des Radikalstarters schweren Schaden. Aktinfilamente zogen sich zusammen und aggregierten. Und die Lungen-Krebszellen wurden, unabhängig von der Sauerstoffkonzentration, erheblich in ihrem Wachstum eingeschränkt.
Obwohl die Autoren zugeben, dass „die Wirksamkeit durch Optimierung der Komponenten und der Bedingungen noch verbessert werden muss“, zeigten sie deutlich, wie ihr Hybridsystem Zellen unabhängig vom Sauerstoffgehalt effektiv abtötete. Diese Strategie könnte für die Nanomedizin, die Krebs-Theranostik und alle Anwendungen interessant sein, bei denen es auf die gezielte Freisetzung einer Substanz mit überragender räumlicher und zeitlicher Auflösung ankommt.
Originalveröffentlichung
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Life-Science-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für Biotechnologie, Pharma und Life Sciences bringt Sie jeden Dienstag und Donnerstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.