Malaria-Therapien bald schon viel einfacher, flexibler und effizienter?

14.03.2017 - Deutschland

Malaria-Infektionen lassen sich möglicherweise schon bald viel effizienter behandeln als heute. Forscher an den Universitäten Bayreuth und Jerusalem haben hierfür ein neuartiges Verfahren zur Wirkstoff-Freisetzung entwickelt. Der Wirkstoff Artemisone lässt sich damit zuverlässig in Mengen und Zeitabständen verabreichen, die exakt auf das Krankheitsbild des einzelnen Patienten abgestimmt sind.

Zuverlässig und flexibel: Winzige Fasern ermöglichen die optimale Dosis

Um den Verlauf einer Malaria-Behandlung flexibel dem individuellen Krankheitsbild anpassen zu können, haben die Wissenschaftler den Wirkstoff Artemisone auf speziellen Polymerfasern platziert. Diese Fasern sind ungefähr 100mal dünner als ein menschliches Haar. Sobald sie mit einer tensidhaltigen Standard-Infusionsflüssigkeit in Kontakt kommen, wird das Artemisone allmählich freigesetzt. Wie hoch die Artemisone-Dosis ist, die in den Blutkreislauf des Patienten gelangt, lässt sich dabei auf einfache Weise regulieren. Die Fasern, aus denen die Artemisone-Moleküle freigesetzt werden, können den Organismus des Patienten nicht erreichen. Sie bleiben unterhalb des Flüssigkeitsbehälters in der Tropfkammer fixiert.

Das Verfahren unterscheidet sich damit grundlegend von bisherigen Ansätzen, ein „Programmed release“ für Antimalaria-Wirkstoffe zu entwickeln. Denn bislang hat sich die Forschung auf die Frage konzentriert, wie diese Wirkstoffe innerhalb des Organismus kontrolliert freigesetzt werden können. Vor allem Implantate und spezielle Verkapselungen von Tabletten wurden dafür in Betracht gezogen. „Alle diese Ansätze sind auf Schwierigkeiten gestoßen, die bisher nicht überzeugend gelöst werden konnten. Unser Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass wir die Wirkstoff-Freisetzung vorverlagern. Sie findet im Infusionssystem und somit komplett außerhalb des Organismus statt“, erklärt Prof. Dr. Andreas Greiner von der Universität Bayreuth. „Deshalb entfallen alle unkontrollierbaren Gesundheitsrisiken, die entstehen können, wenn ein Wirkstoffträger sich über einen längeren Zeitraum im Körper befindet und erst hier schrittweise den Wirkstoff freisetzt“, ergänzt der Bayreuther Doktorand Amir Reza Bagheri M.Sc., der zu den polymerwissenschaftlichen Forschungsergebnissen wesentlich beigetragen hat.

Die an der Entwicklung des neuen Antimalaria-Verfahrens beteiligten Wissenschaftler betonen, dass sich die winzigen Polymerfasern auch als Vehikel für andere Wirkstoffe eignen und daher die Behandlung weiterer Krankheiten unterstützen können.

Keine Utopie mehr: Effektive Hilfe für Malaria-Patienten in den Tropen

Das neue Therapieverfahren knüpft an Untersuchungen anderer Forschungseinrichtungen an, in denen Artemisone mit vielversprechenden Ergebnissen getestet wurde. „Die vorklinischen Tests zeigen, dass Artemisone klare Vorteile gegenüber dem Wirkstoff Artemisinin hat, der heute zur Behandlung von Malaria-Infektionen eingesetzt wird. Deshalb haben wir bei der Entwicklung unseres Therapieverfahrens von vornherein auf diesen effizienteren Wirkstoff gesetzt, bei dem es sich – chemisch gesprochen – um ein Artemisinin-Derivat handelt“, erklärt Prof. Dr. Jacob Golenser von der Hebräischen Universität Jerusalem. Er ist zuversichtlich, dass Artemisone in nicht allzu ferner Zukunft für die Behandlung von Malaria-Infektionen zugelassen werden könnte. „Auch unser Infusionssystem dürfte die nötigen klinischen Tests bestehen. Dann steht der Anwendung in der medizinischen Praxis grundsätzlich nichts mehr im Weg“, meint Prof. Dr. Seema Agarwal von der Universität Bayreuth.

Ist das in Bayreuth und Jerusalem entwickelte Antimalaria-Verfahren auch Entwicklungs- und Schwellenländern zugänglich? Die benötigten Fasern werden durch das Elektrospinnen von Vliesen hergestellt, ein heute bereits übliches industrielles Verfahren. Die Fasern mit Artemisone zu beladen und in die Tropfkammer eines Infusionsbestecks einzubauen, verursacht nach Auffassung der Wissenschaftler in Bayreuth und Jerusalem keine hohen Kosten. „Die so vorbereiteten Infusionsbestecke könnten in Entwicklungs- und Schwellenländern, wo viele Malaria-Infektionen nur unzureichend behandelt werden, durchaus erschwinglich sein. Sofern Krankenhäuser und Malaria-Stationen mit Standard-Infusionstechniken ausgestattet sind, haben ihre Patienten vielleicht schon bald die Chance auf eine effiziente Therapie“, so die Einschätzung von Prof. Golenser.

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