Gefährliche Bindung im Magen

Neue Rezeptoren für Magenkeim Helicobacter pylori entdeckt

20.10.2016 - Deutschland

Helicobacter pylori ist ein Bakterium, das den menschlichen Magen besiedeln kann – zum Teil mit fatalen Folgen. Einen vollkommen neuen Ansatz für die Prävention oder Therapie der Infektion mit diesem Bakterium hat eine Forschungsgruppe um Prof. Markus Gerhard von der Technischen Universität München (TUM) und PD Dr. Bernhard B. Singer vom Institut für Anatomie der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen entdeckt.

M. Rohde/HZI

Durch eine Infektion mit Helicobacter pylori steigt auch das Risiko an Magenkrebs zu erkranken.

Mit Helicobacter pylori infiziert man sich meist schon als Kind. Das Bakterium ist weit verbreitet: Jeder dritte Mensch in Deutschland und weltweit sogar jeder zweite trägt ihn in sich. In der Folge kann man an Gastritis, Magengeschwüren und Zwölffingerdarm-Entzündungen erkranken. Außerdem steigt das Risiko, Magenkrebs zu bekommen. Eine Helicobacter pylori-Infektion therapiert man derzeit in der Regel mit Antibiotika. Der Nachteil ist allerdings, dass dabei nicht nur das Bakterium zerstört wird, sondern gleichzeitig auch die nützlichen Keime der Darmflora. Hinzu kommt, dass immer häufiger Resistenzen auftreten.

Um im menschlichen Magen dauerhaft zu überleben muss sich Helicobacter pylori an die Epithelzellen in der Magenschleimhaut anheften. Forschungsgruppen in München und Essen konnten nun erstmals eine sehr spezifische und besonders starke Variante dieser Bindung nachweisen: Das bakterielle Oberflächenmolekül HopQ verknüpft sich im Magen mit sogenannten „Carcinoembryonic antigen related cell adhesion molecules“, oder kurz CEACAMs.

Bindung unabhängig von Zuckerstrukturen

„Diese Bindung ist im Gegensatz zu den bisher bereits bekannten Bindungspartnern des Bakteriums unabhängig von Zuckerstrukturen. Das scheint dafür zu sorgen, dass sie im sauren Milieu des Magens besonders stabil ist“, erläutert Bernhard B. Singer. CEACAMs kommen nicht im gesunden Magengewebe, sondern vor allem bei einer Magenschleimhautentzündung (Gastritis) vor, die durch eine Infektion mit Helicobacter pylori hervorgerufen wird.

„Man könnte also sagen, dass sich die Keime zusätzliche und besonders starke Bindungsmöglichkeiten verschaffen, indem sie die Bildung von CEACAMs anregen“, fügt Singer hinzu. Einmal an CEACAM gebunden, kann Helicobacter pylori weitere Proteine, sogenannte Virulenzfaktoren, auf die Magenzellen übertragen. Dieses Sekretionssystem trägt maßgeblich dazu bei, dass Magengeschwüre und Magenkrebs entstehen können. „Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass HopQ diagnostisch und therapeutisch genutzt werden könnte“, sagt Markus Gerhard, Professor am Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene des Klinikums rechts der Isar der TUM.

Drei Therapieansätze

Die Wissenschaftler erforschen derzeit verschiedene Ansätze, um die bisherigen nebenwirkungsbelasteten Therapieformen bei Helicobacter pylori-Infektionen zu ersetzen. Mit einer löslichen Variante von HopQ oder Teilen des Proteins könnte die Bindung des Bakteriums an die Magenzellen verhindert und somit möglicherweise schädliche Effekte des Keims unterbunden werden. Als weitere therapeutische Option verfolgen die Forscher den Ansatz, gegen CEACAMs gerichtete, eigens entwickelte Antikörper einzusetzen und so mit dem Bakterium zusammenhängende Krankheiten zu bekämpfen. Darüber hinaus wird erwogen, gegen das Protein HopQ zu immunisieren und damit den Körper gegen die Bakterieninfektion zu impfen.

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