Teufelskreis der Thrombozyten: Alzheimer-Patienten könnten von einer antithrombozytären Therapie profitieren
Die Alzheimersche Demenz (Morbus Alzheimer) ist eine altersassoziierte neurodegenerative Erkrankung, an der derzeit mehr als 30 Millionen Menschen weltweit erkrankt sind. Schätzungen rechnen mit 66 Millionen bis 2030 und für 2050 bereits mit 115 Millionen Menschen, die von einer Demenz-Erkrankung betroffen sein werden. Sie ist durch die Bildung von Eiweißverklumpungen, so genannten Amyloid-Aggregaten und amyloiden Plaques, gekennzeichnet. Diese Aggregate schädigen Struktur und Funktion des Nervengewebes im Gehirn und führen zum Verlust von neuronalen Zellen und kognitiver Leistungsfähigkeit.
Neben dem Gehirn ist auch peripheres Gewebe durch die Erkrankung betroffen, wie z.B. Veränderungen im Gefäßsystem, die zu Ablagerungen in Hirngefäßen führen und das Fortschreiten der Alzheimerschen Demenz beschleunigen. Die Düsseldorfer Wissenschaftler konnten bereits zeigen, dass die Anlagerung von Thrombozyten auf den amyloiden Plaques der Gefäßwand zur weiteren Aktivierung von Thrombozyten führt. Sie kleben sich aneinander und bilden einen Blutpfropf, der zum Verschluss der betroffenen Gefäße im Gehirn führt, so dass das umliegende Gewebe nicht mehr durchblutet werden kann. Die aktuell veröffentlichten Ergebnisse basieren derzeit auf dieser vaskulären Form der Erkrankung.
Eine Beteiligung von Thrombozyten an der Alzheimerschen Demenz wird bereits seit vielen Jahren vermutet. Wie die Forscher nun gemeinsam mit Wissenschaftlern des ICS-6: Strukturbiochemie am Forschungszentrum Jülich zeigen konnten, ist der Schlüsselmechanismus für die direkte Beteiligung von Thrombozyten am Fortschreiten der Alzheimerschen Demenz gekennzeichnet durch die Bindung des Proteins Amyloid-beta an ein spezielles Integrin, einem Rezeptor auf der Thrombozytenoberfläche, der für die Verklumpung von Thrombozyten verantwortlich ist. Diese Bindung löst die Ausschüttung von ADP und Clusterin aus und fördert so die Bildung von amyloiden Plaques. Thrombozyten von Patienten mit Glanzmann Thrombasthenie, einem angeborenen Defekt der Thrombozytenaktivierung, zeigen keine Bildung der amyloiden Plaques in Zellkulturexperimenten.
Thrombozytenhemmer wie Clopidogrel werden zur Therapie und Vorbeugung von Blutgerinnseln, die einen Herzinfarkt- und Schlaganfall auslösen können, verwendet. Die Behandlung von Alzheimer-Mäusen mit Clopidogrel führte zu weniger aktivierten Thrombozyten, einer deutlichen Reduzierung der amyloiden Plaques und damit zu einer verbesserten Durchblutung im Gehirn der Tiere, wenn sie über einen Zeitraum von drei Monaten mit dem Thrombozytenhemmer behandelt wurden. "Thrombozyten beeinflussen damit direkt die Ausbildung der amyloiden Plaques in Hirngefäßen, die wiederum Thrombozyten aktivieren, so dass es zu einer positiven Rückkopplung kommt, die den Zustand der Demenz bei der Alzheimer-Krankheit immer weiter verschlechtern", sagt Projektleiterin Prof. Margitta Elvers vom Institut für Hämostaseologie, Hämotherapie und Transfusionsmedizin des Universitätsklinikums Düsseldorf. Ob Thrombozyten auch die Ausbildung von amyloiden Plaques im eigentlichen Gehirngewebe beeinflussen, wird zurzeit von den Düsseldorfer Forschern ebenfalls untersucht.
Originalveröffentlichung
Donner et al.; "Platelets contribute to amyloid-β aggregation in cerebral vessels through integrin αIIbβ3–induced outside-in signaling and clusterin release"; Science Signaling; 2016