Zu viel Salz im Essen kann das Immunsystem aus dem Gleichgewicht bringen

26.10.2015 - Deutschland

Zu viel Salz im Essen kann das Immunsystem beeinflussen. In einer jetzt im Journal of Clinical Investigation, veröffentlichten Studie weisen Dr. Katrina Binger, Matthias Gebhardt und Prof. Dominik Müller vom Experimental Clinical Research Center (ECRC) des Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) und der Charité – Universitätsmedizin Berlin nach, dass erhöhter Salzkonsum bei Nagern zu verzögerter Wundheilung führt: Zu viel Salz bringt das Immunsystem aus seinem Gleichgewicht. Zugleich gelang es ihnen, den dahinterstehenden Mechanismus aufzuklären.

Zu viel Salz im Essen ist ungesund. Darin sind sich Ärzte und Ernährungswissenschaftler einig und warnen vor zu hohem Salzkonsum. Als gesichert gilt, dass Kochsalz (Natriumchlorid) den Blutdruck in die Höhe treiben kann. Es wird auch als Mitverursacher von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Krankheiten, Autoimmunerkrankungen sowie Krebs diskutiert. „Doch sind die Erkenntnisse darüber zum Teil noch sehr umstritten, weil man die Mechanismen nicht kennt“, sagt Prof. Müller. „Und wir wissen auch nicht, was genau zu viel Salz ist, beziehungsweise, wie viel Salz man essen kann, um noch auf der sicheren Seite zu sein“.

Die Genetik spielt bei den aufgeführten Erkrankungen eine große Rolle, doch der starke Anstieg an Entzündungskrankheiten sowie Autoimmunerkrankungen – dabei zerstört das Immunsystem irrtümlicherweise körpereigene Strukturen – lässt vermuten, dass auch Umweltfaktoren entscheidend zu diesen Krankheiten beitragen. Dabei steht die sehr fett- und salzhaltige „westliche“ Ernährungsweise seit Kurzem unter besonderem Verdacht.

Seit wenigen Jahren ist nämlich bekannt, dass zu viel Salz in der Nahrung auch Auswirkungen auf das Immunsystem hat und zwar in unterschiedlichster Weise. In ihrer veröffentlichten Studie erbringen Dr. Binger, Matthias Gebhardt und Prof. Müller den Nachweis, dass zu viel Salz in der Nahrung eine bestimmte Gruppe von Fresszellen (Makrophagen) des Immunsystems schwächt, deren Aufgabe es unter anderem ist, Entzündungen im Körper zu bekämpfen. Bei diesen Immunzellen handelt es sich um Makrophagen vom Typ 2, die von den Botenstoffen des Immunsystems, den Interleukinen IL-4 und IL-13 stimuliert werden. Bei Nagern, die mit stark salzhaltigem Futter ernährt wurden, war die Wundheilung verzögert; nicht zuletzt wohl auch aufgrund der salzbedingten Schwächung dieser besonderen Fresszellen, wie die Wissenschaftler vermuten.

Eine Forschergruppe um Prof. Jens Titze (Vanderbilt University, Nashville, Tennessee, USA), entdeckte dabei kürzlich zusammen mit den Berliner Forschern einen neuen Salzspeicher im Körper: Überschüssiges Salz lagert sich in den Zwischenräumen von Haut- und Muskelzellen ab und nicht etwa im Blut, da die Nieren den Salzgehalt dort ständig regulieren. Diese neuen Erkenntnisse ermöglichten es den drei MDC-Wissenschaftlern auch den Mechanismus aufzuklären, über welchen Kochsalz die Aktivität der Makrophagen schwächt.

Erst 2013 hatte eine Gruppe von Forschern, darunter auch Prof. Müller, eine andere Wirkung von Salz auf das Immunsystem entdeckt. In einer in Nature veröffentlichten Studie hatten sie nachgewiesen, dass erhöhter Salzkonsum die Entstehung von Autoimmunerkrankungen fördert. Der Grund: Zu viel Salz führt zu einem massiven Anstieg einer Gruppe aggressiver Immunzellen (Th17-Helferzellen). Die T-Helferzellen, die den Botenstoff Interleukin 17 produzieren und deshalb als Th17-Zellen bezeichnet werden, sind mit daran schuld, dass das Immunsystem Amok läuft und den eigenen Organismus angreift und schädigt.

Erst in diesem Frühjahr erbrachten Prof. Titze, Prof. Müller, Dr. Binger und Matthias Gebhardt zusammen mit anderen Forschern bei Nagern und bei Patienten den Nachweis, dass hoher Salzkonsum das Immunsystem auf Trab bringt und bakteriellen Infektionen in der Haut rasch den Garaus macht (Cell Metabolism). Der Grund: Salz lagert sich in der Haut ein und aktiviert bei einer bakteriellen Hautinfektion Makrophagen vom Typ 1, die vermehrt bakterientötende Substanzen ausschütten. In diesem Zusammenhang warnt Prof. Müller jedoch davor, zu viel Salz zu essen: „Die Risiken überwiegen den Nutzen“. Mehr noch: „Diese vermeintlich widersprüchlichen Befunde deuten darauf hin, dass sich die Makrophagen ganz unterschiedlich an ein Milieu anpassen können, das sich durch einen erhöhten Salzpegel im Körper verändert“.

Originalveröffentlichung

Katrina J. Binger et al.; "High salt reduces the activation of IL-4– and IL-13–stimulated macrophages"; Journal of Clinical Investigation 2015

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

So nah, da werden
selbst Moleküle rot...