Mit neuem Blutplasma-Adsorber schwere Hautkrankheiten heilen
Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, Jürgen Seidel, hat dem Geschäftsführer der Miltenyi Biotec GmbH, Stefan Miltenyi, und dem Direktor der Greifswalder Universitäts-Hautklinik, Prof. Michael Jünger, einen Förderbescheid in Höhe von 2,45 Millionen Euro überreicht. Das Projektvolumen beträgt insgesamt 4,1 Millionen Euro.
Das Biotechnologieunternehmen Miltenyi Biotec GmbH will weiter wachsen und in die Zukunft investieren; auch am Standort Teterow. Dabei spielt das Verbundforschungsprojekt mit der Universitäts-Hautklinik Greifswald eine bedeutende Rolle. Gemeinsam werden neue Therapiemöglichkeiten bei autoimmunologisch verursachten blasenbildenden sowie bei allergisch bedingten Hauterkrankungen erforscht und klinisch getestet.
Die Aufgabe der Miltenyi Biotec GmbH besteht im Rahmen des Projekts darin, so genannte "Fängermoleküle" für Adsorber zu entwickeln, die selektiv nur die als schädlich identifizierten Blutbestandteile aus dem Blutplasma von Patienten entfernen. Der Neuheitscharakter der Adsorber besteht darin, dass ausschließlich das krankheitsverursachende Protein aus dem Blutplasma entfernt wird. Herkömmliche "Breitband-Adsorber" isolieren sowohl krankheitsverursachende als auch nicht krankheitsverursachende Antikörper, was gerade bei Patienten, deren Haut aufgrund der Erkrankung die normale Schutzfunktion nicht mehr ausüben kann, zu Folgeinfektionen und lebensbedrohlichen Situationen führen kann.
Schonende Adsorbertechnik für Patienten mit schweren Hauterkrankungen
Bei der Gruppe der blasenbildenden Hauterkrankungen richtet der Körper sein Abwehrsystem gegen sich selbst (Autoimmun-Reaktion). Mit den Mechanismen, die sonst der Bekämpfung körperfremder Stoffe wie beispielsweise Bakterien dienen, werden nun die eigenen Zellen angegriffen. Dabei werden Eiweiße gebildet, die Antikörper. Diese Antikörper erkennen bestimmte Zellen und führen zu deren Zerstörung. Die bisher übliche medikamentöse Behandlung löst oftmals unerwünschte Begleiterscheinungen und Nebenwirkungen aus, die weitere gesundheitliche Störungen zur Folge haben. "Es besteht ein Bedarf an spezifischen Adsorbern, um selektiv die krankheitserregenden Antikörper wirksam und schonend aus dem Blut des Patienten zu entfernen", beschrieb der Projektleiter und Direktor der Universitäts-Hautklinik, Prof. Michael Jünger, den Zielansatz. Der Anteil der Universitäts-Hautklinik liegt darin, in den Laboren die Strukturen der krankmachenden Eiweiße möglichst genau zu charakterisieren. Dazu werden von den Patienten Haut-, Gewebe- und Blutproben entnommen und analysiert. Auf der Basis der Untersuchungen und isolierten Proteine entwickelt der Projektpartner in Teterow die Adsorbersäulen mit den "Fängermolekülen", die nur die schädlichen Bestandteile aus dem Blut fischen sollen.
Der neue Adsorber wird vor allem bei Patienten mit lebensbedrohlichen blasenbildenden Hauterkrankungen wie Pemphigus vulgaris und dem bullösen Pemphigoid zur Anwendung kommen. Während die Pemphigus vulgaris, auch Blasensucht genannt, sehr selten auftritt, nimmt die Anzahl der Betroffenen ab dem 60. Lebensjahr bei dem bullösen Pemphigoid stärker zu. Die Erkrankungen sind sehr schmerzhaft und erinnern in schweren Fällen an das Aussehen von Verbrennungsopfern. Die Blasen platzen leicht, bluten und führen zu nässenden oder krustig bedeckten Hautveränderungen. An offenen Stellen ist das Risiko bakterieller Infektionen gegeben.
Ein weiteres Anwendungsgebiet betrifft schwere Formen von Neurodermitis. Etwa 3,5 bis 5 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter den stark juckenden und entzündlichen Hautekzemen. Beschwerdefreie Zeiträume werden unterbrochen durch Krankheitsausbrüche verschiedener Schweregrade, die die Lebensqualität der Patienten erheblich einschränken. Auch für diese Hauterkrankung soll ein spezieller Adsorber entwickelt und erprobt werden. "Unser Interesse liegt klar darin, ein im Vergleich zu bisherigen Therapien schonenderes Verfahren zu entwickeln, das Mitursachen der Hautkrankheiten beseitigt, so dass mit Risiken behaftete Arzneimittel seltener notwendig sind", erklärte Jünger.
Zukunftsinvestitionen am Standort Teterow
Die Entwicklung, Herstellung, Qualitätssicherung, Freigabe und der Versand der neuen Adsorber sollen am Standort Teterow erfolgen. Die Miltenyi Biotec GmbH erschließt damit neue Anwendungsfelder auf dem Gebiet der medizinischen Biotechnologie. Insgesamt werden elf neue Arbeitsplätze geschaffen, wobei dieser Bereich perspektivisch weiter ausgebaut werden soll. "Das Projekt ist ein wesentlicher Grundstein für die Stärkung des Standortes Teterow", erklärte der Geschäftsführer der Miltenyi Biotec GmbH, Stefan Miltenyi. Teterow ist mit gegenwärtig 170 Mitarbeitern die zweitgrößte Firmenniederlassung im Unternehmensverbund nach dem Hauptsitz in Bergisch Gladbach. "Wir wollen weiter investieren und wachsen. Im kommenden Jahr sind Erweiterungsinvestitionen in Laborflächen, Produktionskapazitäten und neue Maschinen in Höhe von 14 Millionen Euro geplant", kündigte der Miltenyi-Geschäftsführer an. Bisher wurden 56,4 Millionen Euro in Teterow investiert.
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